100 Prozent bezahlbarer Wohnraum - was zählt dazu?
Anfrage des Ratsmitglieds Julia Marmulla zur Sitzung des AWM am 10.06.2024 (AWM/024/2024):
DIE LINKE Ratsfraktion hinterfragt den Anspruch der “Bezahlbarkeit” von Wohnraum im Zusammenhang der von Oberbürgermeister Keller Düsseldorfer verkündeten “Wohnungsbauoffensive”. In der Ratssitzung am 08.05.2024 stellte DIE LINKE Ratsfraktion deshalb eine Anfrage (RAT/136/2024) nach der zulässigen Miethöhe für freifinanzierten Wohnungsbau auf städtischen Flächen bzw. Flächen städtischer Beteiligungsgesellschaften.
Der frei finanzierte Wohnungsbau auf städtischen Flächen kann laut Düsseldorfer Baulandmodell ein Drittel umfassen; trotzdem wird der Anspruch erhoben, dass “100 Prozent” der Wohnungen auf städtischen Flächen “bezahlbar” sein sollen.
Die Verwaltungsantwort eröffnete, dass über die tatsächliche Mietobergrenze bei jedem Bauprojekt einzeln entschieden werden soll. Darin sieht DIE LINKE keine wirksame Mietpreisdeckelung und zieht deshalb die “hundertprozentige Bezahlbarkeit” in Zweifel.
Entsprechend interessiert sind wir an möglichen weiteren Einschränkungen der im Baulandmodell behaupteten “Bezahlbarkeit” von Wohnraum auf städtischen Flächen. Zahlreiche Wohnformen werden hier unter die “bezahlbaren” gerechnet, ohne dass eine Aussage zur Miethöhe gemacht wird. Es fehlt auch eine Erläuterung, unter welchen anderen Voraussetzungen eine Wohnform von der Stadtverwaltung als “bezahlbar” angesehen wird.
Ich frage an:
1. Was zählt die Stadtverwaltung im Rahmen der "Wohnungsbauoffensive" bzw. Düsseldorfer Baulandmodell unter die Restkategorie "weitere innovative, das Gemeinwohl fördernde Wohnformen”? (Bitte vollständig aufzählen.)
2. Welche Mindestvoraussetzungen der “Bezahlbarkeit” stellt die Verwaltung an Bau- und Wohngruppen, Senioren-, Azubi- und Studierendenwohnheime sowie "weitere innovative, das Gemeinwohl fördernde Wohnformen”?
3. Welche Investitionen städtischer Mittel plant die Stadt, um auf eigenen Flächen "100 Prozent bezahlbaren Wohnraum" zu verwirklichen?
Mit freundlichen Grüßen
Julia Marmulla
Antwort der Verwaltung durch die Beigeordnete Zuschke:
Antwort zu Frage 1:
Die Quotierungsregelung für städtische Grundstücke setzt mit ihrer Forderung nach mindestens 60% öffentlich gefördertem Wohnungsbau einen Schwerpunkt auf bezahlbaren Wohnraum. Mit der expliziten Ergänzung um Bau- und Wohngruppen, Senioren-, Azubi- und Studierendenwohnheime wird zudem im Sinne des Gemeinwohles ein Akzent auf bestimmte Zielgruppen und sozialen Zusammenhalt gesetzt. Das Baulandmodell zielt zudem auf Nachhaltigkeit sowie Qualität in Städtebau und Architektur ab, was sich in dem Querschnittsthema „Klimaschutz und zur Klimaanpassung“ widerspiegelt. Entsprechende Maßnahmen sind bei der Umsetzung aller Bausteine des Baulandmodells zu berücksichtigen. Auch dies trägt langfristig zu einer gemeinwohlorientierten Entwicklung im weiteren Sinne bei.
Hier setzt die „Restkategorie“ an. Es sollen innovative Wohnbauvorhaben gefördert werden, die neue Wege beschreiten und über die derzeit gängige Praxis und rechtliche Anforderungen an das Bauen hinausgehen, zum Beispiel durch
- - effiziente Nutzung von Grund und Boden durch innovative Baustrukturen, Nachverdichtung / Überbauung bereits versiegelter Flächen, im Sinne einer flächensparenden Bauweise,
- - innovative Architektur / flexible Grundrisse, die eine unkomplizierte Umnutzung von Gebäuden ermöglichen oder neue Formen von gemeinschaftlich zu nutzender Fläche,
- - Nutzung besonderer Baustoffe, im Hinblick auf Kreislaufwirtschaft, Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit,
- - Mix von Bestand und Neubau.
Aufgrund der Spannbereite der möglichen innovativen Wohnformen ist eine vollständige Aufzählung nicht möglich bzw. vorgegeben.
Antwort zu Frage 2:
In den Konzeptausschreibungen für städtische Grundstücke macht die Landeshauptstadt Düsseldorf fallbezogen unter Zugrundlegen der Lage des Grundstücks Vorgaben zur Bezahlbarkeit, die auch berücksichtigen müssen, dass das Investment für den Vorhabenträger wirtschaftlich umsetzbar ist. Hier kommt es stets auf den Einzelfall an. Als Orientierung können die neu entwickelten Kriterien herangezogen werden, die für das mittlere Einkommenssegment im Rahmen der neuen städtischen Förderprogramme entwickelt wurden.
Bezahlbarkeit in den aufgezählten Wohnformen wird in der Praxis – neben der ohnehin schon zu erfüllenden Quote im geförderten Wohnraum – auch durch die finanzielle Unterstützung der Wohnraumförderung erreicht. Sobald Wohnheime oder Wohngruppen gefördert errichtet werden, gibt es in den Förderrichtlinien Öffentliches Wohnen des Landes NRW klare Vorgaben zur Miethöhe, die vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bauen und Digitalisierung jährlich an den Markt angepasst werden.
Antwort zu Frage 3:
Das Baulandmodell bietet hier eine Vielzahl von unterschiedlichen Mitteln, die projekt- bzw. flächenbezogen eingesetzt werden. Zu nennen sind z.B. passgenaue Erbbaurechte, kooperative Flächenentwicklungen oder auch die Einlagen von städtischen Grundstücken in das Betriebsvermögen von städtischen Töchtern. Durch den Einsatz der unterschiedlichen Mittel wird kontinuierlich ein wesentlicher Beitrag zur Bezahlbarkeit des Wohnens geleistet. Selbstverständlich werden die konkreten Haushaltsmittel dem jeweiligen Projekt über die entsprechende Beschlussvorlage zugeordnet und den Gremien vorgelegt, wie es bereits im Baulandmodell vereinbart ist.