Ausnahmen von der Wohnraumschutzsatzung aufgrund der wirtschaftlichen Situation von Eigentümer:innen
Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE Düsseldorf zur Sitzung des AWM am 02.09.2024 (AWM/030/2024):
In der Sitzung der Bezirksvertretung 1 am 26.04.2024 stellte für DIE LINKE Peter Klein eine Anfrage nach fortgesetzten Wohnungsleerständen in der Blücherstraße. Die Verwaltung antwortete, dass diese Wohnungen dem Wohnungsmarkt nicht wieder zugeführt werden, weil die Verwaltung vom Eigentümer die Instandsetzung aus wirtschaftlichen Gründen nicht einfordern könne. Es liege daher “kein schützenswerter Wohnraum” bzw. keine Zweckentfremdung von Wohnraum im Sinne der Wohnraumschutzsatzung vor.
DIE LINKE Ratsfraktion sieht es kritisch, dass die Verwaltung in diesem Fall die wirtschaftliche Situation eines Wohnungseigentümers offenbar als Kriterium dafür anlegte, ob Wohnraum unter die Wohnraumschutzsatzung fällt oder nicht.
Es bedarf aus unserer Sicht einer Klarstellung der Verwaltung, wie sie in ähnlich gelagerten Fällen systematisch vorgeht, welche Konsequenzen sich darausm ergeben und wie häufig diese Fälle vorkommen.
Aus Sicht der LINKEN eröffnet dieser Fall auch eine Diskussion darüber, ob Eigentümer:innen leerstehender Wohnungen in solchen Fällen als Alternative zur Instandsetzung ein Verkauf an die Stadt angeboten werden könnte, mit anschließender Übertragung an die SWD.
DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:
- In wie vielen Fällen hat die Verwaltung seit Inkrafttreten der Wohnraumschutzsatzung entschieden, dass ein spezifischer Leerstand keinen schützenswerten Wohnraum im Sinne der Wohnraumschutzsatzung darstellte, da aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen vom Eigentümer die Instandsetzung bzw. Nutzbarmachung nicht eingefordert werden konnte bzw. wo hat sie aus solchen Gründen Ausnahmegenehmigungen erteilt oder von Sanktionen abgesehen? (Bitte nach Jahr und Stadtteilen aufgliedern, unter Angabe der Gründe und, soweit möglich, unter Angabe der Adressen der Objekte.)
- Welche Kriterien (z.B. Verwaltungsrichtlinien) legt die Stadtverwaltung an die Zumutbarkeit einer Instandsetzung bzw. Nutzbarmachung von Leerstand an und wie werden diese aufgelegt? (Bitte etwaige Verwaltungsrichtlinien und Auslegung anfügen.)
- Welches weitere Vorgehen (bspw. erneutes Gespräch mit Eigentümer:in, Kaufangebot durch die Stadt) sieht die Verwaltung in den vorgenannten Fällen vor?
Mit freundlichen Grüßen
Julia Marmulla Ben Klar Mbulelo Dlangamandla
Antwort der Verwaltung durch die Beigeordnete Zuschke:
Antwort zu Frage 1:
Seit Inkrafttreten der Wohnraumschutzsatzung im Oktober 2019 erhält der Fachbereich Wohnungsaufsicht durch eigene Ermittlungen, Anzeigen Verfügungsberechtigter und Dritter regelmäßig Informationen über leerstehende und mit einem Abrisswunsch verbundene Wohnobjekte, bei denen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens die Schutzwürdigkeit des Wohnraums bzw. Objektes für den allgemeinen Wohnungsmarkt überprüft werden muss.
Die nachfolgende, aus Datenschutzgründen quantitativ dargestellte tabellarische Übersicht zeigt die im Zeitraum von 2020 bis einschließlich Juli 2024 überprüften einzelnen Wohneinheiten und Objekte auf, bei denen entweder kein Wohnwert mehr festgestellt werden oder eine Anordnung zur Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustands aus wirtschaftlichen Gründen nicht gefordert werden konnte.
Stadtbezirk/Jahr | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 |
1 | 1 | 1 | 3 | 3 | 2 |
2 | 0 | 0 | 0 | 0 | 2 |
3 | 2 | 1 | 1 | 2 | 0 |
4 | 0 | 0 | 2 | 3 | 0 |
5 | 1 | 2 | 3 | 2 | 2 |
6 | 1 | 1 | 2 | 0 | 0 |
7 | 0 | 1 | 0 | 2 | 1 |
8 | 0 | 0 | 6 | 6 | 2 |
9 | 0 | 0 | 2 | 1 | 0 |
10 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Antwort zu Frage 2:
Die bauliche Beschaffenheit von Wohnraum ist ein entscheidendes Kriterium dafür, ob Wohnraum unter den Schutzzweck der Wohnraumschutzsatzung und des Wohnraumstärkungsgesetzes NRW zu subsumieren ist.
Der Gesetzgeber des Landes NRW sowie der kommunale Satzungsgeber haben daher in den genannten Vorschriften verschiedene Regelungen getroffen, die sich mit der objektiven Geeignetheit von Wohnraum beschäftigen.
Aus der in Anlage 1 zu Frage 2 aufgeführten Übersicht sind die jeweiligen Gesetzesvorschriften, Ergänzungen aus dem Leitfaden zum Wohnraumstärkungsgesetz NRW sowie ihre Anwendung im Fachbereich Wohnungsaufsicht dargestellt.
Je nach Fragestellung geht es um die technische Beurteilung von Baumängeln in Wohnraum, die Ermittlung der Restnutzungsdauer eines Wohngebäudes, die Berechnung der Kosten für die Wiederherstellung der Mindestanforderungen an Wohnraum sowie die Wirtschaftlichkeit einer Instandsetzungsmaßnahme mit Hilfe einer Wirtschaftlichkeitsberechnung.
Die technischen Beurteilungen zur Ermittlung des Wohnwertes sowie die Berechnungen von Sanierungskosten werden durch den technischen Mitarbeiter des Fachbereiches Wohnungsaufsicht ermittelt.
Für die Berechnung des Wohnwertes, siehe Anlage 2 zu Frage 2, wird hier auf eine Methodik zurückgegriffen, die bereits seit der Umsetzung der historischen Landesverordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum angewandt und mit Inkrafttreten der Wohnraumschutzsatzung fortentwickelt wurde.
Bei der Berechnungsmethode handelt es sich um eine an die spezifischen Anforderungen der aktuellen Vorschriften zur Zweckentfremdung von Wohnraum angepasste Immobilienwertermittlung, wie sie zum Beispiel auch bei der Gestaltung von Verkehrswertgutachten zur Vorlage bei gerichtlich angeordneten Immobilienzwangsversteigerungen angewandt wird.
Für die Berechnung von Sanierungskosten, siehe Anlage 3 zu Frage 2 als Beispielrechnung, werden anhand des vor Ort festgestellten baulichen Zustands die Investitionskosten der betroffenen Gewerke ermittelt und im weiteren Verlauf einer Mietertragsberechnung, siehe Anlage 4 zu Frage 2 als Beispielrechnung, gegenübergestellt.
Antwort zu Frage 3:
Sofern als Ergebnis eines Verwaltungsverfahrens festgestellt wurde, dass ein Objekt nach der bereits dargestellten Methodik zur Überprüfung nicht mehr dem Schutzzweck der Wohnraumschutzsatzung zuzuordnen ist, wird der Verwaltungsvorgang beendet.
Erneute Gespräche mit der aktuellen Eigentümerschaft würden zu keinem anderen Ergebnis führen.
Die betroffenen Wohneinheiten und Objekte werden im Rahmen einer langfristigen Wiedervorlage weiter beobachtet. Sofern ein Eigentümerwechsel, insbesondere in Verbindung mit einer neuen Überplanung der Nutzung stattfindet, wird der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen für Abbruch, Umwandlung, Leerstand und Kurzzeitvermietung auf das Erfordernis einer Zweckentfremdungsgenehmigung aufmerksam gemacht.
Anlage als pdf