Energiesperren verhindern – Energiekostenfonds vorbereiten

Rat
Stadtrat

Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE. Düsseldorf zur Sitzung des Rates am 23. Juni 2022(RAT/252/2022):

Die Energiepreise in Deutschland steigen aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Die Marktpreise einzelner Energieträger haben sich vervielfacht:

So haben sich im Mai nach Angaben des Vergleichsportals Check24 die Kosten für eine Gasheizung verdreifacht.

Verschiedene Sozialverbände und Gewerkschaften haben das Entlastungspaket der Bundesregierung in seiner Ausführung kritisiert. Besonders unverständlich ist, dass Rentner:innen bisher leer ausgehen. Viele Menschen sehen mit Sorge Heiz- und Stromnachzahlungen für das Jahr 2022 entgegen.

DIE LINKE hat in der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am 07.06.2022 (AGS/037/2022) Gespräche der Stadt über ein erneutes Moratorium gegen Energiesperren beantragt. Dauerhaft braucht es aber nicht nur ein Moratorium, sondern eine finanzielle Unterstützung für finanzschwache Haushalte, deren Einkommen angesichts der Inflation zur Begleichung der Energiekostenrechnung schlicht nicht mehr ausreichen. Diese Aufgabe sollte in den Beratungen zum städtischen Haushalt für 2023 angegangen werden.

DIE LINKE schlägt hierfür das Modell eines Fonds vor, aus dem Düsseldorfer Haushalte im Härtefall einen finanziellen Zuschuss zu ihren Energiekosten beantragen könnten bzw. aus dem eine Übernahme oder Stundung von Stromschulden von Leistungsberechtigten finanziert werden könnte. Dieser Fonds sollte in Zusammenarbeit mit den Grundversorgern eingerichtet und finanziert werden.

In Hannover ist das Modell des Härtefallfonds seit zehn Jahren erfolgreich. Er wird gemeinsam von der Stadt den Stadtwerken betrieben und hilft jährlich in 1.000 Fällen, Energiesperren aufgrund von Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden.

Der Versorger resümiert:
“Im Zuge dessen wurde mit dem Jobcenter in der Region und dem Fachbereich Soziales der Landeshauptstadt vereinbart, dass enercity den Mahn- und Sperrprozess bei einem Zahlungsverzug befristet aussetzt. Hier soll zunächst von den beiden Einrichtungen geprüft werden, ob eine finanzielle gesetzliche Unterstützung möglich ist. In den Fällen, in denen keine staatliche Hilfe gewährt wird und die Betroffenen unverschuldet in wirtschaftliche Not geraten sind, greift der enercity-Härtefonds. Die Mittel aus diesem Fonds werden auf Antrag der beiden kommunalen Einrichtungen vergeben. Alleinstehende und Familien, die sich nachweislich unverschuldet in einer prekären Finanzlage befinden, werden somit finanziell unterstützt, damit die Energielieferung weiterhin erfolgt. Mehr als die Hälfte der Anträge werden von Familien und Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern gestellt. Die Hintergründe für die wirtschaftliche Not sind vielfältig, oft sind gesundheitliche Einschränkungen ausschlaggebend. Bisher erhielten rund 300 enercity-Kunden finanzielle Hilfe aus dem Härtefonds, und jedes Jahr stundet enercity etwa 1 000 Kunden die Zahlungen und setzt den Sperrprozess befristet aus. Damit das möglich ist, stellt enercity dem Fonds jährlich bis zu 150 000 Euro zur Verfügung. [...] In den vergangenen zehn Jahren ist die Anzahl der Energiesperren bei enercity um 45 Prozent zurückgegangen. Für den Energieversorger ist das ein Beleg dafür, dass er mit seinem Fonds und in Kooperation mit der Landeshauptstadt Hannover den richtigen Weg geht.

Inzwischen hat sich der enercity-Härtefonds weit über Hannover hinaus herumgesprochen. So zeigten unter anderem auch Berlin, Düsseldorf und Hamburg Interesse an diesem Modell. In Bremen wurde inzwischen ein Fonds von der Bürgerschaft eingerichtet, bei dem der hannoversche Härtefonds als Vorbild dient.“ (https://www.enercity.de/magazin/deine-stadt/enercity-haertefonds)

Wie dargestellt, folgte Bremen 2021 dem Beispiel Hannovers. In Bremen prüft die Verbraucherzentrale die Anspruchsberechtigung. Die Gelder aus dem Fonds fließen auch hier direkt an die Versorger.

Es scheint vorteilhaft, wenn bis zu den Haushaltsberatungen möglichst Klarheit über die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen eines Düsseldorfer Energiekostenfonds geschaffen würde. Nur so wäre bei einem etwaigen Ratsbeschluss auch eine rechtzeitige Umsetzung eines Energiekostenfonds möglich.

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Wird die Verwaltung Gespräche mit den Grundversorgern führen, um den Umfang erwartbarer Zahlungsausfälle von Verbraucher:innen, die Möglichkeit von Ratenzahlungen und die gemeinsame Finanzierung eines Energiekosten-Härtefallfonds zu erörtern? (Wenn nein, warum nicht?)
     
  2. Welche organisatorischen und rechtlichen Voraussetzungen müssten nach Einschätzung der Stadtverwaltung bis wann geschaffen werden, damit ein Energiekosten-Härtefallfonds bis Januar 2023 in Kraft treten könnte?
     
  3. Welche Kriterien für Härtefälle sieht die Verwaltung als geeignet, um einen antragsberechtigten Personenkreis für einen solchen Energiekosten-Härtefallfonds zu definieren?

Mit freundlichen Grüßen
Julia Marmulla                                                   Helmut Born

 

Antwort der Verwaltung durch Stadtdirektor Hintzsche:

Antwort zu Frage 1:
Bereits seit mehr als 10 Jahren besteht in Düsseldorf eine enge Kooperation zwischen dem Jobcenter Düsseldorf, dem Amt für Soziales, dem örtlichen Verbund der Schuldnerberatung mit den beteiligten Akteuren des Hilfesystems sowie den Stadtwerken Düsseldorf AG als führender Energieversorger. Hierdurch konnte ein gut ausgereiftes und wirksames Hilfenetz für Betroffene aufgebaut und etabliert werden.

So werden im Bedarfsfall Personen unter anderem auf die verschiedenen Beratungsangebote, beispielsweise den Energiesparservice der Caritas oder die Verbraucherzentrale, hingewiesen.

Durch den fortlaufenden Austausch zwischen Sozialleistungsträgern, Beratungsstellen und Energieversorger konnte in den vergangenen Jahren auch die Zahl der jährlichen Sperrungen von Strom, Gas und Wasser auf einem konstant niedrigen Niveau gehalten werden, insbesondere auch durch die Möglichkeit von Ratenzahlungen.

Der Runde Tisch zur Energiearmut wird die Problematik der erhöhten Energiekosten aufnehmen.

Ein gesonderter Energie-Härtefallfonds wird nicht als zielführend angesehen, siehe hierzu auch die Antwort zu Frage 2.

Antwort zu Frage 2:
Eine dauerhafte finanzielle Unterstützung für Haushalte mit geringem Einkommen vor dem Hintergrund steigender Energiekosten ist nicht auf kommunaler Ebene zu regeln. Dies stellt eine bundesgesetzliche Aufgabe dar.

Es bleibt somit abzuwarten, inwieweit im Rahmen der Fortschreibung der Regelbedarfe zum 1. Januar 2023 durch den Gesetzgeber beispielsweise Anpassungen bei den monatlichen Leistungen nach SGB II und SGB XII geplant sind, um so für Entlastungen bei den Leistungsbeziehenden zur Begleichung der Energiekosten zu sorgen.

Durch einen Energie-Härtefallfonds wird nicht das grundlegende Problem von hohen Energiekosten gelöst. Hier sind weiterreichende Regelungen gefragt, um so Personen mit einem geringen Einkommen unterstützend zur Seite zu stehen.

Antwort zu Frage 3:
Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.