Hilfe bei Gewalt gegen Frauen
Anfrage der Ratsfraktion Die Linke Düsseldorf zur Sitzung des Gleichstellungsausschusses am 30.04.2024 (GLA/010/2024):
Nach Angaben des NRW-Innenministeriums hat sich das Problem der häuslichen Gewalt, insbesondere gegen Frauen und Mädchen seit 2017 massiv ausgeweitet.
In Nordrhein-Westfalen wurden im Jahr 2021 insgesamt 30.759 Fälle der häuslichen Gewalt erfasst. Dies entspricht einem Anstieg von 5,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Jahr 2022 waren es fast 33.700 Fälle. Im bundesweiten Lagebericht Häusliche Gewalt von Juli 2023 stand, dass die Zahl der Opfer von häuslicher Gewalt im Jahr 2022 um 8,5 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021 gestiegen ist und bei 240.547 Opfern lag.
Frauen in akuten Bedrohungssituationen brauchen Schutzräume und ein funktionierendes Hilfesystem. Von großer Bedeutung ist dabei, dass alle von Gewalt betroffenen Frauen einen schnellen und unbürokratischen Zugang zu einem Frauenhaus erhalten.
Die Abteilung des Europarates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt empfehlen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention eine sichere Unterkunft für Frauen in Frauenhäusern, die auf alle Regionen verteilt sind und eine Familie pro 10.000 Einwohner aufnehmen können. Auch in Düsseldorf reichen die vorhandenen Plätze nach dieser Rechnung nicht aus. Bei 650.000 Einwohner:innen sollten 65 Plätze zur Verfügung stehen. Es sind aber nur 29 Plätze vorhanden.
Nach einer Auswertung von CORREKTIV – Recherchen für die Gesellschaft meldeten Frauenhäuser, dass im Schnitt an 303 Tagen im Jahr 2022 keine Aufnahme mehr möglich gewesen war und die hilfesuchenden Frauen abgewiesen wurden. Unsere Anfrage von Mai 2022 ergab, dass in Düsseldorf 2021 insgesamt 202 Frauen abgewiesen wurden. Betroffene Kinder wurden dabei nicht erfasst, obwohl jede dritte Frau mit mindestens 2 Kindern in einem Frauenhaus Schutz gesucht hat.
DIE LINKE. Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:
1. Wie viele Frauen wurden an Düsseldorfer Frauenhäusern in den Jahren 2022 und 2023 abgelehnt (aufgeschlüsselt nach dem jeweiligen Frauenhaus)?
2. Welche Probleme gibt es bei der Umsetzung zur Einrichtung eines dritten Frauenhauses und wie werden diese gelöst, damit 2024 ein drittes Frauenhaus eingerichtet werden kann?
3. Welche Zuschüsse könnten vom Land NRW oder vom Bundesinvestitionsprogramms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ akquiriert werden und welche Schritte wurden dafür eingeleitet?
Mit freundlichen Grüßen
Inge Heuschen Petra Müller-Gehl
Antwort der Verwaltung durch den Beigeordneten Hintzsche:
Antwort zu Frage 1:
Die Sachberichte für das Jahr 2023 liegen von beiden Düsseldorfer Frauenhäusern zum Zeitpunkt der Beantwortung der Anfrage noch nicht vor, sodass lediglich für das Jahr 2022 eine Beantwortung möglich ist.
Die beiden Düsseldorfer Frauenhäuser verfügen derzeit über eine Kapazität von insgesamt 19 Familienplätzen. Familienplätze meint die Unterbringungsmöglichkeit von der von gewaltbetroffenen Frau und ihrer Kinder. Dies bedeutet, dass die reine Bettenanzahl in den beiden Häusern höher ist, sie liegt bei 34 Betten.
Im Jahr 2022 wurden insgesamt 344 Aufnahmeersuchen abgelehnt. Auf das Frauenhaus von Frauen helfen Frauen e.V. entfielen 208 abgelehnte Anfragen und Frauenhaus der AWO 136 abgelehnte Anfragen. Aus dem Gutachten des Landes Nordrhein-Westfalen ist ersichtlich, dass eine Frau durchschnittlich 3 Anfragen stellt.
Die Gründe für die Ablehnung einer Anfrage können verschiedene Ursachen haben, darunter fallen eine vorliegende Obdachlosigkeit und somit Weitervermittlung an andere Einrichtungen; das Fehlen einer Bedrohungslage; Suchtproblematiken; oder die Bedrohung in beziehungsweise durch unmittelbarer Nähe, sodass auf eine Einrichtung in einer anderen Kommune verwiesen werden musste. Aufgrund von Platzmangel, respektive Vollbelegung wurden im Jahr 2022 im Frauenhaus von Frauen helfen Frauen e.V. 150 Anfragen und im Internationalen Frauenhaus 86 Anfragen abgelehnt.
Antwort zu Frage 2:
Die konzeptuellen Überlegungen für und Anforderungen an ein drittes Frauenhaus wurden von der Landeshauptstadt Düsseldorf ausgearbeitet und den Sprecherinnen und Sprechern der Fraktionen im Gleichstellungsausschuss und im Ausschuss Gesundheit und Soziales am 23.04.2024 vorgestellt. Diese beinhalteten auch die zunächst durchgeführte örtliche Mehrbedarfsberechnung anhand eben benannter Zahlen. Die für eine Landesförderung notwendige Mindestanzahl von 8 Familienplätzen konnte hierbei örtlich festgestellt werden.
Im Folgenden ist ein Austausch mit allen in Düsseldorf in diesem Themenfeld tätigen Trägern in Planung. Im nächsten Schritt wird dann für den Betrieb des neu zu errichtenden Frauenhauses ein Träger gesucht. Im Anschluss kann die Finanzierung beim Land geklärt werden. Bei dieser Klärung wird die Verwaltung den zukünftigen Träger weitreichend unterstützen.
Antwort zu Frage 3:
Am 12.04.2023 verkündete das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend einen Aufnahmestopp neuer Anträge im Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“. Ein Neuantrag ist daher aktuell nicht möglich und kommt auch nur für den investiven also „baulichen“ Bereich in Frage. Die Planungen der Verwaltung sehen aktuell die Anmietung eines Gebäudes vor.
Eine Landesförderung richtet sich nach Punkt 5.4 der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Frauenhäusern des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration vom 15. September 2023.
Grundvoraussetzung für eine Förderung ist die Mindestanzahl von acht neu geschaffenen Familienplätzen. Auf einem Familienplatz – in der Regel in Form von kleinen Appartements – werden die von Gewalt betroffenen Frau und ihre Kinder aufgenommen.
Sobald diese Voraussetzung erfüllt ist, werden Pauschalen für Personal, Sachausgaben und jeden weiteren Schutzplatz über der Mindestplatzzahl gezahlt.
Für die Konzeptumsetzung sollen weitere Fördermöglichkeiten beim Bund und beim Land NRW beantragt werden. Die Verwaltung wird den Träger bei einer Beantragung unterstützen.