Intransparenter Umgang mit der Machbarkeitsstudie zum Hafen Reisholz

Rat
Stadtrat

Anfrage des Ratsmitglieds der Ratsfraktion DIE LINKE Julia Marmulla zur Sitzung des Rates am 02.02.2023 (RAT/030/2023):

Nach langem und intensivem Druck der Bürgerinitiative Hafenalarm und der LINKEN Ratsfraktion Düsseldorf ist die „Machbarkeitsstudie des interdisziplinären Gutachterkonsortiums zum Hafen Reisholz“ in Papierform in der Bezirksverwaltungsstelle 9 öffentlich zugänglich. Eine Kenntnis der Inhalte der Studie ist für die Diskussion um die Errichtung eines Containerterminals von großer Bedeutung, da die Studie unter anderem Einschätzungen zur erwarteten Verkehrsbelastung enthält.

Die Düsseldorf-Reisholz Entwicklungsgesellschaft mbH (Hafenentwicklungsgesellschaft) und ihre Aufsichtsratsvorsitzende, die städtische Beigeordnete und Planungsdezernentin Frau Zuschke haben sich bis zuletzt gegen eine Veröffentlichung der Machbarkeitsstudie gesperrt, obwohl diese am 16.06.2021 vorlag.

Erste Forderungen der Bürgerinitiative Hafenalarm und der Ratsfraktion DIE LINKE lehnte Frau Zuschke als Aufsichtsratsvorsitzende der Hafenentwicklungsgesellschaft ab. Die Studie enthalte möglicherweise Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.

Ein Antrag der Ratsfraktion DIE LINKE auf Akteneinsicht gemäß § 55 Gemeindeordnung NRW vom 10. Oktober 2022 blieb einen Monat lang unbeantwortet. Meine Nachfrage als Fraktionssprecherin der LINKEN wurde schließlich mit dem Hinweis beantwortet, Frau Zuschke unterliege einer Schweigepflicht als Aufsichtsratsvorsitzende der Hafenentwicklungsgesellschaft.

Am 1. Dezember, so die Justiziarin der Beigeordneten, werde der Aufsichtsrat der Hafenentwicklungsgesellschaft darüber entscheiden, ob Frau Zuschke von ihrer Schweigepflicht entbunden wird. Danach werde mir ein Termin zur Akteneinsicht angeboten. Aber auch nach dem entsprechenden Beschluss des Aufsichtsrats erhielt ich keine Akteneinsicht. Das stellt in meinen Augen einen Verstoß gegen die Gemeindeordnung dar.

Währenddessen legte die Initiative Hafenalarm Beschwerde bei der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Frau Zuschke ein, weil sie einem Antrag von Hafenalarm nach dem Informationsfreiheitsgesetz NRW (IFG NRW) auf Offenlegung der Machbarkeitsstudie vom 17. Oktober nicht innerhalb der gesetzlichen Frist bis zum 18. November nachkam.

Anfang Dezember ermöglichten Stadtplanungsamt und Hafenentwicklungsgesellschaft endlich die Einsichtnahme in die Machbarkeitsstudie in Papierform – 840 Seiten.

Aber immer noch betreiben Hafenentwicklungsgesellschaft und Stadtplanungsamt Geheimniskrämerei: Zu einem Informationstermin am 25.01.2023 über die Machbarkeitsstudie für Fachausschüsse und Bezirksvertretung 9 wurde nicht die Öffentlichkeit eingeladen. Den städtischen Gremien soll im ersten Quartal nur eine Zusammenfassung der Studie vorgelegt werden.

Ich frage deshalb an:

  1. Wie bewertet die Verwaltung, dass der Ratsfraktion DIE LINKE keine positive Rückmeldung auf ihren Antrag auf Akteneinsicht nach § 55 Gemeindeordnung NRW gegeben wurde, obwohl die Studie der Öffentlichkeit zur Einsicht zur Verfügung steht?
     
  2. Stehen der Veröffentlichung der Machbarkeitsstudie aus Sicht der Verwaltung nach wie vor Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse entgegen, obwohl seit dem Dezember 2022 jeder natürlichen Person eine Einsichtnahme in die Studie möglich ist?
     
  3. Wie ist zu rechtfertigen, dass auch den städtischen Gremien nur eine Zusammenfassung der Studie als Grundlage für Beratung und etwaige Beschlussfassung vorgelegt werden soll?

Mit freundlichen Grüßen
Julia Marmulla


Antwort der Verwaltung durch die Beigeordnete Frau Zuschke:

Antwort zu Frage 1:

Ein Anspruch auf Akteneinsicht nach § 55 Gemeindeordnung NRW besteht grundsätzlich unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen.

Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen zählt im konkreten Fall, dass die Machbarkeitsstudie zum Zeitpunkt des Antrags auf Akteneinsicht nicht der Verwaltung, sondern nur Frau Zuschke in ihrer Doppelfunktion als Beigeordnete und Aufsichtsratsvorsitzende der Hafen Düsseldorf-Reisholz Entwicklungsgesellschaft mbH vorlag. Ein Rechtsgutachten der von der Hafen Düsseldorf-Reisholz Entwicklungsgesellschaft mbH beauftragten Rechtsanwaltskanzlei hat aufgezeigt, dass Frau Zuschke von ihrer Schweigepflicht durch Gesellschafterbeschluss befreit werden muss, bevor die Machbarkeitsstudie durch sie zugänglich gemacht werden kann, und dass dies nur in teilweise geschwärzter Form erfolgen kann, um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu schützen.

Der entsprechende Beschluss zur Entbindung von der Schweigepflicht ist in der Aufsichtsratssitzung der Hafen Düsseldorf-Reisholz Entwicklungsgesellschaft mbH am 01.12.2022 gefasst worden.

Über die rechtlichen Rahmenbedingungen ist die Ratsfraktion DIE LINKE ebenso wie die Bürgerinitiative Hafenalarm e.V. von Seiten der Stadtverwaltung informiert worden.

Damit verbunden war die Bitte, den 01.12.2022 abzuwarten. Gleichwohl hat die Bürgerinitiative Beschwerde bei der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Frau Zuschke eingelegt.

Das Handeln der Verwaltung war indes sowohl mit der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit sowie mit der Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde abgestimmt.

Nach der Beschlussfassung in der Aufsichtsratssitzung der Hafen Düsseldorf Reisholz Entwicklungsgesellschaft mbH in seiner Sitzung am 01.12.2022 ist der Bürgerinitiative die Machbarkeitsstudie in Papierform zur Verfügung gestellt worden. Der Fraktion DIE LINKE ist anstelle einer Akteneinsicht ebenfalls angeboten worden, eine Kopie der Machbarkeitsstudie zur Verfügung stellen. Hierauf ist keine Antwort eingegangen, sondern die vorliegende Ratsanfrage.

Antwort zu Frage 2:
Die Machbarkeitsstudie ist nicht veröffentlicht. Nachdem der Aufsichtsrat der Hafen Düsseldorf Reisholz Entwicklungsgesellschaft mbH in seiner Sitzung am 01.12.2022 den Beschluss gefasst hat, Frau Zuschke von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, sind allerdings die rechtlichen Voraussetzungen gegeben, auf Anträge nach dem IFG NRW die Machbarkeitsstudie des interdisziplinären Gutachterkonsortiums zum Hafen Reisholz mit einigen wenigen Schwärzungen zur Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen den jeweiligen Antragstellern zur Verfügung zu stellen.

Öffentlich ist die Machbarkeitsstudie damit nicht, aber eine Information, die nach dem IFG NRW auf Antrag hin zur Verfügung gestellt wird.

Antwort zu Frage 3:
Der in der Anfrage angesprochene Termin am 25.01.2023 bietet den Gremienmitgliedern die Möglichkeit einer Kenntnisnahme der Machbarkeitsstudie, ohne dass diese einzeln einen entsprechenden Antrag stellen müssen. Erst nach Auswertung der Machbarkeitsstudie durch die Verwaltung und die Hafen Düsseldorf-Reisholz Entwicklungsgesellschaft mbH wird eine Beschlussvorlage erarbeitet und in die Gremien eingebracht werden können, die dann auch öffentlich zu diskutieren sein wird. Am 25.01.2023 geht es also um eine gebündelte Einsichtnahmemöglichkeit anstelle einzelner Akteneinsichten. Eine Beratung und Beschlussfassung über das weitere Vorgehen erfolgt sodann in einem geordneten Prozess wie auch sonst in Bauleitplanverfahren oder bei Bauprojekten üblich.

Diese Information haben die Gremienmitglieder und auch die Bezirksvertretung vorab erhalten und diesem Vorgehen zugestimmt, da die Gremienmitglieder ja zum Teil noch nicht einmal die Informationen vorliegen haben wie die Bürgerinitiative. Der gemeinsame Termin dient somit dem Informationsgleichklang, entfaltet jedoch weder Folgen für einen Umgang damit noch für eine Beschlussfassung.