Kommunaler Eigenausbau schnellen Internets

Ausschuss für Digitalisierung und allgemeine Verwaltungsorganisation

Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE zur Sitzung des Ausschusses für Digitalisierung und allgemeine Verwaltungsorganisation am 11.05.2021:

Die Stadt Düsseldorf muss den Ausbau schneller Internetverbindungen flächendeckend vorantreiben. Bisherige Erfahrungen beim Ausbau von Breitbandverbindungen im Festnetz, aber auch in Mobilfunknetzen zeigen, dass der Ausbau durch private Anbieter nicht zu einem gleichmäßigen und flächendeckenden Netzausbau führt, selbst wenn wirtschaftliche Anreize gesetzt werden. Es liegt daher im Interesse der Stadt, den Ausbau stärker als bisher zu steuern. Dafür sind einige Randbedingungen zu klären.

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Welche Fördergelder in welcher Höhe können für den kommunalen Eigenausbau der unterversorgten Haushalte in Düsseldorf auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene akquiriert werden? Bitte nach Fördertopf, Umfang der Förderung, Förderbedingungen und geschätzter Wahrscheinlichkeit der Förderung darstellen.
     
  2. Welche Erlösmöglichkeiten und -modelle für ein Breitbandnetz in städtischen Besitz bestehen? Bitte grobe Schätzungen mit marktüblichen Preisen in unterschiedlichen Szenarien (nach realistischen Ausbaustufen in den kommenden Jahren bis 2025) darstellen.
     
  3. Welche (geschätzten) Kosten sind für einen Ausbau des Netzes in den kommenden Jahren (nach Jahr aufgeschlüsselt) zu erwarten, wenn der Ausbau folgender Priorisierung folgt:
  • weiße Flecken beseitigen bis 50 Mbit
  • bis 100 Mbit
  • Gigabit-Ausbau stadtweit bis 2025?

Mit freundlichen Grüßen
Chris J. Demmer          Marcel Kiefer                Philip Magnus 


Antwort der Verwaltung durch den Oberbürgermeister Dr. Keller:

Zu Frage 1:
Seit dem 26.04.2021 ist das vom BMVI vorgestellte sog. „Graue-Flecken- Förderprogramm“ in Kraft. Es löst das bisherige Breitbandförderprogramm des Bundes („Weiße-Flecken-Programm“) ab. Das maximale Projektvolumen beträgt 300 Mio. Euro, wovon der Bund 50% (max. 150 Mio. €), das Land NRW 40% (max. 120 Mio. €) und die Kommune 10% (max. 30 Mio. €) tragen müssten. Gefördert wird ausschließlich der Ausbau in Glasfasertechnik. Das genaue Projektvolumen ist abhängig vom eigenwirtschaftlichen Ausbau der TK-Netzbetreiber. In der ersten Förderphase bis 31.12.2022 wird der Ausbau an allen Adresskoordinaten, die aktuell und mit einer Perspektive von 36 Monaten weniger 100 MBit/s im Download erhalten. Ab dem 01.01.2023 werden dann alle Adresskoordinaten förderfähig, die noch keinen Glasfaseranschluss oder TV-Kabel-Anschluss haben.

In der letzten Markterkundung (Frühjahr 2020) wurde ermittelt, dass 2.696 Adressen in die erste Förderphase und 8.747 Adressen in die zweite Förderphase fallen würden. Eine grobe Schätzung für die erste Förderphase würde bei einem Projektvolumen von rd. 27 Mio. Euro, für die zweite Förderphase bei rd. 70 Mio. Euro liegen.

Basierend auf den Vereinbarungen der LHD mit Vodafone und der Deutschen Telekom aus November/Dezember 2020 ist ein verstärkter Eigenausbau der Netzbetreiber im Stadtgebiet zu verzeichnen. So hat Vodafone eine Erhöhung der Datenrate auf dem TV-Kabel-Netz von jetzt 1GBit/s auf bis zu 10 GBit/s bis 2024 und einen Netzausbau in bisher nicht versorgten Bereichen in Glasfasertechnik angekündigt. Ein erstes Projekt wird bereits in Wittlaer umgesetzt. Ebenso hat die Deutsche Telekom einen umfangreichen Glasfaserausbau in Düsseldorf angekündigt. Der Baubeginn in Düsseltal ist ebenfalls erfolgt. Aktuell ist die Versorgung von 160.000 Haushalten bis Ende 2025 in Glasfasertechnik angekündigt.

Für die Ermittlung des Förderbedarfs müssen von den Netzbetreibern konkrete Ausbauplanungen für die nächsten 36 Monaten vorgelegt werden. Dies wird im Rahmen eines formalen Markterkundungsverfahrens ermittelt, welches durch die LHD aktuell vorbereitet wird. Gemäß der durch die Förderbedingungen geforderten Abfragezeit von 8 Wochen werden die Ergebnisse voraussichtlich Anfang September verfügbar sein und eine realistische Kostenschätzung ermöglichen.

Das Land NRW bietet eine Fördermöglichkeit für Glasfaseranschlüssen an Schulen. Dabei werden die investiven Kosten für den Bau der Leitungen zu 80% gefördert. Außerdem werden bis zu 150 Euro pro Anschluss für die monatlichen Vertragskosten über 3 Jahre bereitgestellt. Eine erste Schätzung hat ergeben, dass ein Ausbau an noch 88 anzuschießende Schulen bei rd. 5 Mio. liegen würde. Eine genaue Kostenermittlung auch für Vertragskosten wird im Rahmen einer Ausschreibung durch Amt 40 ermittelt, die momentan in Vorbereitung ist.

Zu Frage 2:
Die Vermarktungsmodelle eines Netzes reichen von der Bereitstellung von Leerrohrtrassen bis hin zur aktiven Vermarktung von Netzdiensten auf dieser Infrastruktur an Endkunden. Im letzten Fall wäre der Aufbau eines vollwertigen City- Carriers (ähnlich M-net in München oder NetCologne in Köln) notwendig. Darunter sind alle Wertschöpfungsstufen beim Netzbau und –betrieb theoretisch denkbar. Die beste Vermarktbarkeit scheint beim Angebot von Leerrohren zu bestehen, die höchste Gewinnspanne pro Leitungsmeter bei einer betriebsfertigen Glasfaserader. Aktuell werden die verschiedenen Optionen untersucht. Ergebnisse und Erlösmöglichkeiten sind im September zu erwarten.

Zu Frage 3:
Diese Frage kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden, da noch nicht eindeutig klar ist, welche Bereiche Düsseldorfs in den kommenden Jahren durch die Netzbetreiber eigenwirtschaftlich ausgebaut werden, welche mit Förderung zu erschließen sind und welche ggf. durch eigene Investitionen versorgt werden müssen.

Im Rahmen bisher durchgeführter Förderprojekte hat sich außerdem gezeigt, dass ein gezielter Ausbau von Glasfaseranschlüssen an unterversorgten Adressen zu einer ineffizienten Netzstruktur und ungleichen Versorgungssituationen führt. Kabelwege müssen meist an Gebäuden vorbeigelegt werden, die knapp über 30 MBit/s (alte Förderschwelle) bzw. 50 Mbit/s versorgt sind aber nicht mit angebunden werden. Effektiv wären Ausbaubezirke mit möglichst vielen unterversorgten Adressen, die dann aber strukturiert (Haus für Haus) angeschlossen werden.