Kurzstreckenflüge vom und zum Flughafen Düsseldorf
Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE. Düsseldorf zur Sitzung des Rates am 26.02.2025 (RAT/054/2025):
Alle wissenschaftlichen Daten belegen, dass sich das Klima verändert – mit den schon jetzt sichtbaren katastrophalen Folgen. Vor allem Politik und Industrie der sogenannten industrialisierten Welt sind dafür verantwortlich. Der CO2-Ausstoß in diesen Ländern ist weiterhin besorgniserregend. Die selbstgesetzten Klimaziele können mit der momentanen Politik nicht mehr erreicht werden.
Ein großer Verursacher von CO2, neben Industrie und Automobilverkehr, ist der Flugverkehr. Der Anteil der globalen Luftfahrt am zunehmenden Treibhauseffekt lag 2019 bei fast sechs Prozent. Der Ausstoß von CO2 verursacht aber nur etwa ein Drittel des Treibhauseffekts beim Flugverkehr, zwei Drittel entstehen durch sogenannte Nicht-CO2-Effekte, wie z.B. Kondensstreifen und Ozon1.
Der Flughafen Düsseldorf war 2024 der viertgrößte Passagierflughafen (mit 155.600 Flugbewegungen und 20,5 Millionen Passagieren) und der siebtgrößte Frachtflughafen in Deutschland. Nun hat der Flughafen Düsseldorf angekündigt, bis 2045 die Anzahl der Flugpassagiere auf 30 Millionen, also um 50%, erhöhen zu wollen. Ein Schlag ins Gesicht für die Bemühungen zum Klimaschutz. Ein großer Anteil der Flüge vom und zum Düsseldorfer Flughafen gelten bei Kritiker:innen als überflüssig. Es sind Ziele innerhalb Deutschlands bzw. unter 800 Kilometer Entfernung.
Ein einfacher Flug nach Berlin mit einem Airbus verursacht pro Person etwa 90kg CO2 (mit Airbus 321, economy class laut UBA). Diese Kurzflüge sind nach Auffassung der LINKEN nicht zu rechtfertigen. Sie tragen erheblich zur massiven Umweltverschmutzung bei und damit zur Verschlechterung des Klimas.
Das Flugzeug bleibt pro Kopf gerechnet das schmutzigste Verkehrsmittel: Laut Umweltbundesamt (UBA) produziert die Bahn pro Personenkilometer sechs Mal weniger Treibhausgase als ein Flug.
Die Ankündigung, in Zukunft auf nachhaltiges Flugbenzin zu setzen, ist konsequenzlos, da in absehbarer Zeit nicht genügend derartiger Treibstoff zur Verfügung stehen wird 2 und die Luftverschmutzung durch Nicht-CO2 -Effekte bestehen bliebe.
Die Stadt Düsseldorf hält 50 % der Anteile der Flughafen Düsseldorf GmbH.
Vertreterinnen und Vertreter der Ratsfraktionen CDU, SPD, Grüne und FDP sitzen im Aufsichtsrat der Flughafen Düsseldorf GmbH und könnten Einfluss auf die Anzahl dieser Kurzstreckenflüge nehmen, wenn sie wollten.
Die Stadt Düsseldorf weigert sich aber bisher, trotz ihrer Mitbestimmung über den Flugverkehr, Verantwortung für den CO2 -Ausstoß des Flughafens zu übernehmen. In der Antwort zur gleichen Frage im Jahr 2019 (Rat 01/ 212/2019) schrieb die Verwaltung:
„Die CO2-Emissionen des Flugverkehrs insgesamt und damit auch jene, die durch Kurzstreckenflüge verursacht werden, finden in der Energie- und CO2-Bilanz der Landeshauptstadt Düsseldorf keinen Niederschlag.
In der zuletzt veröffentlichten städtischen Energie- und CO2-Bilanz 2014 heißt es auf Seite 4:
"Die CO2-Bilanz der Landeshauptstadt Düsseldorf wurde erstmals 1987 erstellt und wird seitdem regelmäßig fortgeschrieben. Die Bilanz erfolgt gemäß den Vorgaben des Klima-Bündnisses, das den sogenannten territorialen Ansatz vorgibt. Das heißt, grundsätzlich werden nur die Verbrauchsdaten, die dem Stadtgebiet zuzurechnen sind, bilanziert. Verbrauchsdaten regionaler Bedeutung bleiben in Teilen unberücksichtigt, zum Beispiel der Flug-, Schiffs- und Zugverkehr." (Zitatende)“.
Ein ernsthaftes Bemühen der Stadt Düsseldorf, zur Rettung des Klimas beizutragen, würde nach unserer Auffassung voraussetzen, dass sie die Flugbewegungen vom und zum Flughafen in ihre Klimabilanz mit einbezieht. Wir halten es für paradox, als Stadt Mitglied des Klimabündnisses zu sein, seine Mitarbeiter:innen zu klimaverträglichen Reisen aufzufordern und gleichzeitig als Anteilseigner des Flughafens Düsseldorf eine 50%ige Erhöhung der Flugreisenden anzustreben.
Aus diesen Gründen frage ich an:
1. Wie viele Flüge mit einer Entfernung von bis zu 500 bzw. 800 Kilometern haben von und zum Düsseldorfer Flughafen in den Jahren 2023 und 2024 stattgefunden? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren, in absoluten Zahlen und Anteilen.)
2. Was hat die Anteilseignerin Stadt Düsseldorf (bzw. deren Vertreterinnen und Vertreter) in den Jahren 2023 und 2024 unternommen, um die Gesamtanzahl der Kurzstreckenflüge am Düsseldorfer Flughafen zu senken bzw. was plant sie dazu in Zukunft?
3. Wieviel CO2 hat die Gesamtanzahl der Flüge von und zu Düsseldorf in den 2023 und 2024 Jahren verursacht?
Mit freundlichen Grüßen
Anja Vorspel Sigrid Lehmann
1https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC7468346/
2https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/nachhaltiges-fliegen-luftfahrt-hat-probleme-genuegend-e-fuels-zu-beschaffen/100029483.html
Antwort der Verwaltung durch die Stadtkämmerin Schneider:
Die Fragen 1 und 3 werden basierend auf entsprechenden Auskünften der Flughafen
Düsseldorf GmbH beantwortet.
Der Flughafen Düsseldorf leistet seinen Beitrag zur Transformation der Branche hin zu
einem klimaneutralen Luftverkehr. Der Masterplan 2045 bildet die Grundlage für eine
zukunftsorientierte Entwicklung des Airports und trägt maßgeblich zur nachhaltigen
Transformation des Standorts bei. Er umfasst zentrale Projekte, die den Flughafen
langfristig klimafreundlicher, effizienter machen und zugleich die internationale
Wettbewerbsfähigkeit sichern. Dazu gehören unter anderem der Bau eines neuen
Tanklagers mit Schienenanbindung für Sustainable Aviation Fuels (SAF), also
nachhaltige Flugkraftstoffe, die Umstellung auf emissionsarme Bodenfahrzeuge, der
Ausbau von Photovoltaikanlagen, die bundesweit erste luft- und landseitige
Wasserstofftankstelle sowie der Anschluss an das Fernwärmenetz der Stadtwerke
Düsseldorf.
Der Flughafen Düsseldorf verfolgt damit konsequent die mit der Stadt abgestimmten
Klimaziele: Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen gegenüber 2010 um knapp zwei Drittel
gesenkt werden, bis 2035 ist Klimaneutralität in Scope 1 und 2 geplant, mit einer
weiteren Reduktion bis Netto Null im Jahr 2045.
Parallel dazu wird die Anbindung an alternative Verkehrsträger weiter verbessert, um
den Modal Split nachhaltig zu optimieren. Neben der direkten Schienenanbindung über
ICE- und RE-Verbindungen am Flughafen Fernbahnhof wurde der Flughafen seit Februar
2025 zusätzlich in das internationale Fernbusnetz integriert, wodurch weitere
nachhaltige Reisemöglichkeiten geschaffen wurden.
Die Klimawirksamkeit der in der Anfrage angesprochenen weiteren Emissionen und
ihrer Effekte hängt von ihrer jeweiligen Lebenszeit, dem Emissionsort, der Flughöhe
und dem Zustand der Atmosphäre zu dem Zeitpunkt ab, an dem das Flugzeug sie
durchfliegt und die Schadstoffe ausstößt und sind hochgradig nicht linear zum
Kraftstoffverbrauch. Die Wirkung von Kondensstreifen und Kondensstreifen-Zirren
hängt wesentlich von der umgebenden Feuchte und Temperatur ab und ist besonders
im Bereich der Tropopause groß. Alle Non- CO2- Effekte hängen von vielfältigen
Prozessen der Luftchemie ab und können von Flug zu Flug stark variieren. Diese Non-
CO2-Effekte sind bei innerdeutschen Flügen nicht von Relevanz. Sie beschränken sich
auf Reiseflughöhen über 9 km Höhe, und je länger ein Flug dauert, desto höher und
somit in klimatisch empfindlicheren Luftschichten wird geflogen. Dies trifft auf
innerdeutsche Flüge nicht zu.
Antwort zu Frage 1:
Die Anzahl der Kurzstreckenflüge am Flughafen Düsseldorf hat sich in den vergangenen
Jahren deutlich reduziert. Dies zeigt sich besonders im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr
2019, aber auch im Jahresvergleich zwischen 2023 und 2024 setzt sich dieser Trend
fort.
Gleichzeitig ist das insgesamt abgewickelte Verkehrsvolumen am Flughafen Düsseldorf
gestiegen. Im Jahr 2024 konnte der Flughafen erstmals wieder über 20 Millionen
Passagiere begrüßen.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Entwicklung der Flugbewegungen in
den verschiedenen Entfernungssegmenten:
Entwicklung der Flugbewegungen nach Entfernungskategorien
Entfernungskategorie | 2019 | 2023 | 2024 | Veränderung 2024 ggü. 2019 | Veränderung 2024 ggü. 2023 |
---|---|---|---|---|---|
Bis 500 km | 74.847 | 35.635 | 34.917 | -39.930 Bewegungen (-53,3%) | -718 Bewegungen (-2,0%) |
500-800 km | 47.609 | 25.386 | 25.324 | -22.285 Bewegungen (-46,8%) | -62 Bewegungen (-0,2%) |
Über 800 km | 103.479 | 90.556 | 95.397 | -8.082 Bewegungen (-7,8%) | +4.841 Bewegungen (+5,2%) |
Gesamtzahl der Bewegungen am Flughafen Düsseldorf | 225.935 | 151.577 | 155.638 |
Insgesamt hat sich die durchschnittliche Reiseweite der Flugzeuge verändert. Seit 2019, dem Rekordjahr am Flughafen Düsseldorf mit über 25 Millionen Passagieren, ist sie um 12 % auf 1.486 km gestiegen.
Antwort zu Frage 2:
Für das Angebot an Streckenverbindungen ist nicht der Betreiber des Flughafens, die Flughafen Düsseldorf GmbH zuständig. Genauso wie die Flughafen Düsseldorf GmbH hat auch die Landeshauptstadt Düsseldorf keinen Einfluss auf das Angebot. Zuständig sind hierfür vielmehr die Fluggesellschaften. Im Zusammenhang mit der breiten Diskussion um Kurzstreckenflüge wird insbesondere auch auf das Angebot des Fernbahnhofs am Flughafen Düsseldorf und die generell sehr gute verkehrliche Anbindung der Landeshauptstadt Düsseldorf hingewiesen. Auch der Flughafen betont die wachsende Bedeutung eines intermodalen Verkehrsangebotes.
Antwort zu Frage 3:
Für das Jahr 2023 wurde auf Basis des „one way Prinzips“" (50% der Reiseflugemissionen bezogen auf Start- und Landedestination, um Doppelberechnungen zu vermeiden) mit dem SET (Small Emitters Tool) von Eurocontrol eine Menge von rund 1.400.000 t CO für die Gesamtanzahl der Flüge von und zu DUS berechnet. Das sind ca. 73 kg pro Passagier gemittelt über alle Flugbewegungen nach dem genannten Prinzip im Jahr 2023. Davon wurden 163.114 t CO2 während des LTO-Zyklus (Landing-Take-off Zyklus) am Flughafen Düsseldorf emittiert.
Im Jahr 2024 hatte der Flughafen Düsseldorf eine Steigerung der Flugbewegungen von ca. 2,7% gegenüber 2023 zu verzeichnen. Angewendet auf die CO2-Emissionen ergeben sich 1.437.800 t CO2. Das sind ca. 72 kg CO2 pro Passagier. Während des LTOZyklus wurden im Jahr 2024 165.597 t CO2 durch rund 155.600 Flugbewegungen emittiert.