Nachtabschiebungen

Ratsfraktion

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Rates am 11. Februar 2016:  Am 25. Juni 2015 verabschiedete der Rat mit großer Mehrheit einen Antrag, der auf Initiative der LINKEN zurückging, wonach der Rat unangekündigte Abschiebungen ablehnt sowie Nachtabschiebungen weitgehend vermieden werden sollen. Den Betroffenen, die von den Erlebnissen in ihren Ländern, von der Flucht und der Angst vor Abschiebung meist traumatisiert sind, wird bei einer Nachtabschiebung nur wenig Zeit gegeben, das Nötigste zusammenzupacken. 

Schon lange gibt es von verschieden Organisationen wie Stay neben der generellen Kritik an Abschiebungen vor allem gegen diese Nachtabschiebungen Protest. Andere Städte haben schon längst Nachtabschiebungen eingestellt, denn das Land NRW schreibt Nachtabschiebungen nicht vor. So ist die Düsseldorfer Ausländerbehörde verantwortlich für die Durchsetzung der Abschiebung und den Zeitpunkt der Abholung. Meist wird die Abschiebung vom kommunalen Ordnungsdienst (OSD) vollzogen. 

Mit der auf Bundesebene durch CDU und SPD erfolgten radikalen Verschärfung des Asylrechts steigen auch die Abschiebezahlen. Es ist auch weiterhin zu befürchten, dass die kommunale Ausländerbehörde sich nicht an den Ratsbeschluss hält. 

Aus diesem Grund fragt DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf an: 

  1. Wie viele Abschiebungen unter der Führung des Düsseldorfer Ausländeramtes wurden seit dem Ratsbeschluss vom 25. Juni 2015 unangemeldet durchgeführt und bei wie vielen Personen (wie viele davon waren unter 14 Jahren, wie viele zwischen 15 und 18 Jahren)?
  1. Wie viele Abschiebungen unter der Führung des Düsseldorfer Ausländeramtes wurden seit dem Ratsbeschluss vom 25. Juni 2015 in der Nacht (bis 8 Uhr) durchgeführt und bei wie vielen Personen (wie viele davon waren unter 14 Jahren, wie viele zwischen 15 und 18 Jahren, wie viele davon unangekündigt)?

Freundliche Grüße 

Angelika Kraft-Dlangamandla                                   Lutz Pfundner

 

Antwort der Verwaltung am 11.02.2016 (Beigeordneter Dr. Keller)

zu Frage 1: Seit dem Ratsbeschluss vom 25. Juni 2015 wurden acht Personen (davon 1 Kind unter 14 Jahren) ohne vorherige Ankündigung abgeschoben.

Grund der Nichtankündigung war in fünf Fällen ein zuvor angedrohter Suizidversuch. Das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW hat mit Runderlass vom 22.02.2012 über die Evaluierung der Zusammenarbeit von Ausländerbehörden und Ärzten bei Rückführungsmaßnahmen ausgeführt, dass die Ausländerbehörden verpflichtet sind, darauf zu achten, dass sich eine krankheitsbedingte Suizidgefahr nicht in dem Zeitraum zwischen der Ankündigung und der Durchführung der Abschiebung realisiert. Im Zeitraum zwischen der Ankündigung und dem Beginn der Abschiebung hat die Ausländerbehörde jedoch keine Möglichkeit, dieser Gefahr wirksam zu begegnen. Aus diesem Grund wird der Termin der Abschiebung bei geltend gemachter Suizidabsicht nicht vorher bekannt gegeben, um eine Gefährdung der Betroffenen in diesem Zeitraum unbedingt zu vermeiden. 

In drei weiteren Fällen bestand eine konkrete Fluchtgefahr, da die Betroffenen ausdrücklich erklärt hatten, sich einer bevorstehenden Maßnahme durch Untertauchen entziehen zu wollen. Wenn aufgrund der eindeutigen Erklärung der Betroffenen im Ausreisegespräch zu befürchten ist, dass sie sich der Abschiebung durch Flucht entziehen werden, sind die Voraussetzungen des § 62 Abs. 3 Nr. 5 AufenthG erfüllt, so dass die Betroffenen in Abschiebungshaft genommen werden müssten. Aus Verhältnismäßigkeitsgründen wird in diesen Fällen die Abschiebung ohne vorherige Ankündigung des Termins durchgeführt, da dies das geringere Mittel gegenüber einer Maßnahme der Freiheitsentziehung ist.

zu Frage 2: Zunächst muß korrigierend festgestellt werden, dass die behördliche Definition der Nachtzeit gemäß § 41 Abs. 2 PolG i.V.m. § 104 Abs. 3 StPO

vom 01.04. bis 30.09. die Stunden den Zeitraum von 21 Uhr abends bis 4 Uhr morgens und

vom 01.10. bis 31.03. die Stunden den Zeitraum von 21 Uhr abends bis 6 Uhr morgens umfasst.

Innerhalb dieses gesetzlich als Nachtzeit definierten Zeitraumes ist die Abschiebung einer volljährigen Person erfolgt. Es handelte sich um eine Dublin-Überstellung nach Schweden. Die Übergabe an die sachwedischen Behörden musste bis 12:00 Uhr mittags an der dänisch-schwedischen Grenze erfolgen.
Aufgrund der Fahrtzeit war es erforderlich, die Abschiebemaßnahme nachts zu beginnen.

Nachtrag zur Anfrage (Beigeordneter  Dr. Keller)

Nach Durchsicht der hier geführten Statistik teile ich ergänzend mit, dass alle im genannten Zeitraum abgeschobenen Personen abgelehnte Asylbewerber waren und somit zuvor keinen rechtmäßigen bzw. verfestigten Aufenthalt hatten. Es waren durchweg Personen, die sich erst kurz im Bundesgebiet - zur Durchführung des Asylverfahrens - aufhielten, wobei die konkrete Dauer natürlich - in Abhängigkeit von der Verfahrensdauer beim BAMF - erheblich schwanken kann (regelmäßig zwischen 6 Monaten und 1 Jahr).
Eine konkrete Ermittlung der Dauer zwischen Einreise in das Bundesgebiet und Abschiebedatum wäre nur mit einem unzumutbaren erheblichen Aufwand durch Einzelauswertung aller betroffenen Ausländerakten möglich.