Teilnahme der Ausländerbehörde an Abschiebungsfortbildungen

Rat
Stadtrat

Anfrage des Ratsmitglieds Helmut Born zur Sitzung des Rates am 17.05.2023 (RAT/181/2023):

Anfang April machten Aktivist:innen des Bündnisses „Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall“ in einer Pressemitteilung1 auf ein Seminar des „Kommunalen Bildungswerks“ aufmerksam, in welchem Mitarbeiter:innen der Ausländerbehörde lernen sollten, rechtssichere, bzw. schnellere Abschiebungen durchzuführen. Kostenpunkt des zweitägigen Seminars im April waren 450 Euro pro Person.

Der Anbieter „Kommunales Bildungswerk e.V.“ führt rund 70 Seminare mit teilweise juristischen, teilweise praktischen Schwerpunkten zu Themenbereichen der Ausländerbehörde durch. Auf der Webseite des Anbieters finden sich diese Seminare mit Titeln wie „Der/die Ausländer:in in Haft“, „Neue Wege der Aufenthaltsbeendigung (...) Durchsetzung der Ausreisepflicht“, „Gefälschten Ausweisdokumente sicher erkennen (...)“, „Ausreisepflicht und Rückkehr:
Vollzugsprobleme in der ausländerbehördlichen Praxis – ein Workshop für Anwender:innen“ oder „Ausländerrecht – spezielle Probleme: Scheinehen mit Ausländern – Erkennen, Ermitteln, erforderliche Maßnahmen, Verwaltungsverfahren“.

Im kommenden Monat werden in Düsseldorf wieder Seminare zu ausländerbehördlichen Themen stattfinden, in welchen beispielsweise die Abschiebung von Menschen selbst “bei medizinischen Problemen”2 gelehrt werden soll.

Die Inanspruchnahme von Fortbildungen, die klar erkennbar auf mehr Abschiebungen zielen, steht unseres Erachtens im Widerspruch zur Mitgliedschaft der Stadt Düsseldorf im Städtebündnis “Sichere Häfen”. Mit ihrer Mitgliedschaft bekennt sich die Stadt zur humanitären Aufnahme von Geflüchteten über zugeteilte Quoten hinaus. Damit soll der mangelnde Fortschritt auf europäischer Ebene bei den Verhandlungen über ein humanitäres Flüchtlingsrecht aufgefangen werden.3

Aus Sicht der LINKEN ist es fatal, wenn städtische Gelder an kommerzielle Profiteure des Abschiebesystems fließen, welche Mitarbeiter:innen der Ausländerbehörde in einem distanzierten Umgang mit Schutzsuchenden unterrichten und zur systematischen Abschiebung trainieren.

1https://abschiebegefaengnis-verhindern.de/2023/sand-im-getriebe-der-abschiebemaschinerie-fortbildung-zu-abschiebehaft-gestoert/
2https://www.kbw.de/seminar/auslaenderrecht-ausreisepflicht-rueckkehr_ORD017
Der Schwerpunkt dieser Fortbildungsseminare wird durch die Titel deutlich:
"Beschäftigte der Ausländerbehörde sollen an ihre Arbeit mit dem Ziel der Abschiebung herangehen."
3 Vergleiche: https://www.duesseldorf.de/amt-fuer-migration-und-integration/staedtebuendnis-sichere-haefen

Ich frage an:

  1. Wie oft haben Mitarbeiter:innen der kommunalen Ausländerbehörde in den letzten fünf Jahren an Fortbildungsseminaren mit den Themenschwerpunkten Aufenthaltsbeendigung, Abschiebehaft oder Abschiebung teilgenommen? (Bitte aufgeschlüsselt nach Anbieter:innen, Jahren und Themen.)
     
  2. Wurden Seminarkosten durch kommunale Mittel finanziert und falls ja, in welcher Höhe? (Bitte aufgeschlüsselt nach Anbieter:innen und Jahren.)
     
  3. Ist die Teilnahme an den beschriebenen Fortbildungsseminaren für Mitarbeiter:innen der kommunalen Ausländerbehörde freiwillig, empfohlen oder verpflichtend?

Mit freundlichen Grüßen
Helmut Born

Antwort der Verwaltung durch die Beigeordnete Koch

Antwort zu Frage 1:
In den letzten 5 Jahren haben Mitarbeiter*innen der Kommunalen Ausländerbehörde wie folgt an Seminaren zu den angegebenen Themenschwerpunkten teilgenommen:

  •  In 2018 und 2019 fanden keine entsprechenden Veranstaltungen statt.
     
  •  In 2020 fanden folgende Veranstaltungen statt:

           - Spezielle Probleme des Aufenthaltsrechts; Ausweisung und Abschiebung unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage, Kommunales Bildungswerk e.V.,
           - Spezielle Probleme des Aufenthaltsrechts; Ausweisung und Abschiebung unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage, Kommunales Bildungswerk e.V.

  •  In 2021 fanden folgende Veranstaltungen statt:

           - Ausweisungsrecht (Inhouse-Seminar), Studieninstitut Niederrhein,
           - Aufenthaltsbeendigung sicherheitsgefährdender Ausländer, Kommunales Bildungswerk e.V.

  •  In 2022 fanden folgende Veranstaltungen statt:

           - Einführung in das Abschiebehaftrecht (Inhouse-Seminar), privater Dozent.

  •  In 2023 fanden bisher keine entsprechenden Veranstaltungen statt.


Antwort zu Frage 2:
Die Seminarkosten wurden durch kommunale Mittel finanziert.
Entsprechend der vorherigen Antwort zu Frage 1 fielen in 2018 und 2019 sowie bislang in 2023 keine Kosten an.

In 2020 entstanden folgende Kosten:
- Kommunales Bildungswerk: 1.080,00 Euro

In 2021 entstanden folgende Kosten:
- Studieninstitut Niederrhein: 1.488,40 Euro
- Kommunales Bildungswerk: 410,00 Euro

In 2022 entstanden folgende Kosten:
- Privater Dozent: 1.500,00 Euro

Antwort zu Frage 3:
Die Seminare zu den genannten Themen dienen der Herstellung der Rechtssicherheit bei den Sachbearbeiter*innen der Kommunalen Ausländerbehörde, was letztlich auch im Sinne der betroffenen Ausländer*innen geschieht. Denn gerade bei Zwangsmaßnahmen und freiheitsentziehenden Maßnahmen legen die Leitung des Amtes für Migration und Integration ebenso wie die Abteilungsleitung der Kommunale Ausländerbehörde im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht großen Wert darauf, dass die Mitarbeiter*innen die Voraussetzungen von grundrechtseinschränkenden Verwaltungsmaßnahmen sehr sorgfältig prüfen und insbesondere bei Freiheitsentziehung stets den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten.

In diesem Kontext wird Mitarbeiter*innen, die entsprechende Vorgänge zu bearbeiten haben, die Teilnahme an entsprechenden Seminaren empfohlen.

Gemäß den gesamtstädtischen Grundsätzen zur Personalentwicklung erfolgen Seminarbesuche jedoch stets im Einvernehmen mit den Mitarbeiter*innen nach entsprechender Beteiligung des Personalrates.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist ein anerkannt seriöser Fortbildungsanbieter wie der Kommunale Bildungswerk e.V. (KBW) für das unter anderem auch Richter*innen des Bundesverwaltungsgerichts tätig sind. Auch das nordrhein-westfälische Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration pflegt selbst eine enge Kooperation mit dem Kommunalen Bildungswerk für Zwecke der Fortbildung in den Ausländerbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen.