Zwangsräumungen in den Jahren 2022 und 2023

Ausschuss für Wohnungswesen und Modernisierung

Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE. Düsseldorf zur Sitzung des AWM am 10.06.2024 (AWM/025/2024):

Am 26.03.2024 stellte der Paritätische Wohlfahrtsverband seinen aktuellen Armutsbericht vor. Er basiert auf Daten des Statistischen Bundesamtes aus 2022 und zeigt, dass in Nordrhein-Westfalen jede fünfte Person von Armut betroffen ist – 22,1 Prozent der Bevölkerung. Düsseldorf ist davon nicht ausgenommen:

Der Landesbetrieb IT NRW sieht die Armutsgefährdungsquote für Düsseldorf im Jahr 2022 bei 19,2 Prozent1, Statista bei 20,8 Prozent.2 Die Armutsgefährdungsquote berücksichtigt nicht, dass die Lebenshaltungskosten in Düsseldorf um 8,5% höher liegen als der bundesweite Durchschnitt;3 dazu tragen insbesondere die äußerst hohen Mietpreise bei. Wir müssen also von einer höher liegenden kaufkraftbereinigten Armutsquote in Düsseldorf ausgehen.

Kommt der Verlust einer Beschäftigung hinzu, ist ein armutsgefährdeter Haushalt schnell nicht mehr in der Lage, die Miete zu bezahlen. Schlimmstenfalls kommt es zur Zwangsräumung.

Während der Pandemie gab es teils öffentlichkeitswirksame Zusagen von Wohnungsgesellschaften wie der LEG, auf Räumungsklagen zu verzichten. Aber auch 2020 wurden in Düsseldorf 488 Zwangsräumungen gerichtlich angeordnet; 2021 waren es 339 Fälle. In den Jahren zuvor hatte sich die Zahl der Zwangsräumungen in Düsseldorf bei rund 600 Fällen pro Jahr eingependelt.

2022 und 2023 verschärften hohe Inflation und rasant steigende Energiepreise noch einmal die wirtschaftliche Situation finanzschwacher Haushalte.

Zwangsräumungen sind nach Überzeugung der LINKEN Ratsfraktion eine wachsende Gefahr und nicht tolerabel.

1https://www.it.nrw/system/files/media/document/file/156_23.pdf

2https://de.statista.com/statistik/daten/studie/159848/umfrage/armutsgefaehrdungsquote-in-deutschland-2008/

3 Goecke, Henry / Henger, Ralph / Kawka, Rupert / Schröder, Bjarne / Schröder, Christoph / Wendt, Jan,2023, Regionaler Preisindex – ein neuer Ansatz mit Big Data, Gutachten in Zusammenarbeit mit demBundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen undRaumordnung (BBR), Köln

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

1. Wie viele Zwangsräumungen in Düsseldorf wurden der Verwaltung durch das Amtsgericht jeweils in 2022 und 2023 gemeldet (aufgeschlüsselt nach Monaten und Stadtteilen)?

2. Wie viele Haushalte mit wie vielen Personen wurden jeweils 2022 und 2023 im Zuge einer Zwangsräumung in Düsseldorf in Notunterkünften untergebracht?

3. Wie viele Zwangsräumungen wurden jeweils 2022 und 2023 von der SWD und – soweit bekannt – von anderen Wohnungsgesellschaften durchgeführt (bitte nach Wohnungsgesellschaft aufschlüsseln)?

Mit freundlichen Grüßen
Julia Marmulla              Ben Klar                    Mbulelo Dlangamandla
 

Antwort der Verwaltung durch die Beigeordnete Zuschke:

Antwort zu Frage 1:
Im Jahr 2022 erreichte die Beratungsstelle für Wohnungsnotfälle im Amt für Soziales und Jugend durch das Amtsgericht 430 Ankündigungen der Zwangsräumung nach Urteil und im Jahr 2023 insgesamt 475 Ankündigungen. Diese splitten sich folgendermaßen auf die einzelnen Monate auf, eine Aufschlüsselung nach Stadtteilen ist nicht möglich:

2022 2023 
Januar 29Januar 60
Februar24Februar36
März38März40
April43April33
Mai30Mai49
Juni40Juni29
Juli33Juli39
August31August38
September41September41
Oktober53Oktober29
November29November56
Dezember39Dezember25

Eine Zwangsräumung ist die Folge einer von der Vermieter*in erfolgreich betriebenen Räumungsklage, unter anderem wegen Mietschulden oder – seltener – mietwidrigen Verhaltens. In diesen Fällen hängt der Erhalt der Wohnung und die Verhinderung der Zwangsräumung zwingend von der Mitwirkungsbereitschaft sowohl von Mieter*innen als auch Vermieter*innen ab.

Die Tätigkeit der Beratungsstelle für Wohnungsnotfälle im Amt für Soziales und Jugend setzt in der Regel schon viel früher ein. Sobald ein Wohnungsnotfall bekannt wird, greifen bereits vor Kündigung des Mietverhältnisses diverse Interventionsmaßnahmen.

Dazu zählen beispielsweise schriftliche Beratungsangebote, Sprechstunden im Dienstgebäude Willi-Becker-Allee 8 sowie sozialraumorientierte Sprechstunden an fünf weiteren Standorten im Stadtgebiet in enger Kooperation mit der vor Ort ansässigen Wohnungswirtschaft. Soweit Mieter*innen auf die Beratungsangebote der Beratungsstelle nicht reagieren, führt der Außendienst des Amtes für Soziales und Jugend Hausbesuche durch, um einen persönlichen Kontakt herzustellen. Ebenso gibt es fallbezogen eine enge Zusammenarbeit beispielsweise mit dem Bezirkssozialdienst und dem Amt für Wohnungswesen.

Antwort zu Frage 2:
Im Jahr 2022 wurden 67 Haushalte mit 104 Personen aus einer Zwangsräumung durch das Amt für Migration und Integration in Notunterkünften untergebracht. Im Jahr 2023 waren es 69 Haushalte mit 104 Personen, die aus einer Zwangsräumung in Notunterkünften untergebracht wurden.

Antwort zu Frage 3:
Im Jahr 2022 wurden elf Zwangsräumungen von der Städt. Wohnungsgesellschaft Düsseldorf mbh & Co. KG (SWD) durchgeführt. Im Jahr 2023 waren es 20 Zwangsräumungen.