Anhörung von Expert:innen zum Thema Femizid

Gleichstellungsausschuss

Antrag der Ratsfraktion DIE LINKE zur Sitzung des Gleichstellungsausschusses am 22.06.2021:

Der Gleichstellungsausschuss bittet die Verwaltung zur Sitzung am 07.September 2021 des Ausschusses eine/n Experten/-in der Polizei und eine/n Experten/-in aus der Rechtsprechung einzuladen, die über den aktuellen Sachstand zum Thema Femizid in Düsseldorf und Deutschland informieren können und beraten können, was die Stadt Düsseldorf tun kann, um sich in das Thema einzubringen.

Gewünscht werden Informationen darüber:

-wie mit dem Thema Femizid in den oben genannten Fachbereichen umgegangen wurde seit Inkrafttreten der Istanbul Konventionen am 01. Februar.2018 in Deutschland

-wie sich die Zahlen der Femizide seit 2015 bis heute entwickelt haben, und erste Ergebnisse durch den Ausbruch der Pandemie von SARS-CoV-2 auf die Zahlen

-ob es einen Unterschied in der Häufung von Delikten Stadt/ Land gibt

-wie das Gewaltschutzgesetz von 2002 in den oben genannten Fachbereichen umgesetzt wird

-was sich ändern würde, wenn Femizid als Tötungsdelikt in der Datenerfassung mit aufgenommen wird

-was sich ändern würde, wenn „erweiterter Suizid“ auch als Femizid eingeordnet werden würde

-Femizid als Tötungsdelikt anerkennen würden nach StGB § 211 –Mord „(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.(2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.“

-was präventiv getan werden kann, um Femizide zu vermeiden

-was eine Kommune, wie Düsseldorf regional oder überregional umsetzen kann, um Femiziden entgegenzuwirken

Begründung:
Femizid beschreibt die Tötung von Frauen wegen ihres Geschlechts oder wegen bestimmter Vorstellungen von Weiblichkeit. Prof. Dr. Kristina Wolff, Gründerin des Femicide Observation Center Germany (FOCG) beschreibt Femizide als die schlimmste Form von tradierter struktureller männlicher Gewalt.

Ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Femiziden war die Einführung der Konvention, auch bekannt als Istanbul-Konvention, im Europarat am11. Mai 2011. 2014 trat sie in Kraft. Sie ist auf europäischer Ebene das erste juristisch bindende Instrument zum Schutz von Frauen und Mädchen gegen jede Form der Gewalt. Wegweisend ist sie unter anderem, weil sie Femizide, sexualisierte und häusliche Gewalt gegen Frauen als strukturelles, gesellschaftliches Problem betrachtet. Die Konvention verpflichtet die Vertragspartner:innen dazu, Maßnahmen zu ergreifen, um Frauen vor Gewalt zu schützen und diese zu bekämpfen. 34 Länder haben das Übereinkommen ratifiziert.

In Deutschland wurde die Istanbul-Konvention 2018 in Kraft gesetzt. Auch hier sollte sie weitreichende Konsequenzen auf allen staatlichen Ebenen haben –und als Maßstab zur Bekämpfung der Femizide dienen. Durchschnittlich versucht in Deutschland jeden Tag ein Mann seine Partnerin, Ex-Partnerin oder Ehefrau zu töten, Tendenz steigend. Jeden dritten Tag kommt es zur Tötung. Im Jahr 2019 wurden in Deutschland 173 Femizide, 2020 184 Femizide und bis zum 22. Mai 2021 wurden 74 Femizide festgehalten (Quelle: FOCG). Solche Zahlen werden zurzeit nur von NGO’s anhand von Medienberichterstattungen erfasst. Offizielle Daten werden bislang von Bund und Ländern nicht erhoben. Bei den Zahlen ist mit einer erheblichen Dunkelziffer zu rechnen.

Die Istanbul-Konvention ist ein Meilenstein im Bemühen, Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu verhüten. Sie ist angesichts eines deutlichen Anstiegs von Berichten häuslicher Gewalt im Zuge der COVID-19-Einschränkungen heute wichtiger denn je. Hinzu kommt die Ungleichbehandlung der Tötungsdelikte. Wenngleich Frauen, die ihre Partner:innen töten, meist des Mordes beschuldigt werden, wird bei Männern von einer Beziehungstat ausgegangen und der Mord als Totschlag oder sogar als minder schwerer Fall des Totschlags bewertet. (Quelle: Deutscher Journalistinnenbund, Stellungnahme: 21-4 zum Antrag „Femizide in Deutschland untersuchen, benennen und verhindern“ BT-Drs. 19/23999 vom 25.02.2021).

Femizide sind keine Privatangelegenheit. Sie finden auch hier in Düsseldorf statt und haben meist einen mehrstufigen Vorlauf. Die seltensten Fälle sind bei Femiziden Tötungen im Affekt. Daher finden wir es wichtig, über kommunale Handlungsmöglichkeiten informiert zu werden und im Weiteren über Formen der Aufklärung, Fortbildungen, Präventivarbeit zu diskutieren und diese zu beschließen.

Mit freundlichen Grüßen

Mareike Götzinger                                   Inge Heuschen                                       Petra Müller-Gehl


Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt und der Ergänzungsantrag von CDU/Grünen angenommen.