Fachkräftemangel bei Schulbegleitungen

Jugendhilfeausschuss

Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE. Düsseldorf zur Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 17.08.2022 (JHA/075/2022):

Eltern, Kinder, Träger und Initiativen blicken gespannt auf die geplante Optimierung der Schulbegleitung an Düsseldorfer Schulen, insbesondere die zeitnahe Einrichtung einer Koordinierungsstelle. In diesem Zusammenhang sollten auch die Arbeitsbedingungen der Fachkräfte in den Fokus rücken.

Seit mehreren Jahren besteht ein Fachkräftemangel in Kindertagesstätten, Schulen und der Jugendhilfe. Im Falle der Schulbegleitungen und Inklusionsassistenzen soll dem mit einer kürzeren privaten Weiterbildung als Schulbegleitung/Inklusionsassistenz begegnet werden. Anschließend sind die Arbeitsbedingungen durch Befristungen häufig schwierig. Dabei ermöglichen gerade die Kolleginnen und Kollegen in der Schulbegleitung vielen Kindern mit Unterstützungsbedarf den (Regel-)Schulbesuch und leisten mithin einen wichtigen Beitrag zur Teilhabe. Zusätzlich kann der Problematik der mangelnden Kompensation von Schulausfällen bei Krankheit der Betreuungskraft am besten begegnet werden, wenn genug Kolleg:innen zur Rotation zur Verfügung stehen.

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Wie viele Betreuungskräfte der Schulbegleitung werden nach welchem Schlüssel in Düsseldorf eingesetzt? (Bitte aufschlüsseln nach Schulform.)
     
  2. Welche Stelle entscheidet nach welchen Kriterien über dieStundensätze, mit denen Schulbegleitung den Trägern vergütet wird?
     
  3. Besteht die Möglichkeit, dass Qualifizierungen für Schulbegleitungen städtisch angeboten und finanziert bzw. gefördert werden? Wenn ja, in welchem Umfang?

Mit freundlichen Grüßen
Lukas Reichert                   Jacqueline Kiefer


Antwort der Verwaltung durch den Stadtdirektor Hintzsche:

Antwort zu Frage 1:
Kinder mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung haben im Rahmen der Eingliederungshilfe gegebenenfalls einen Anspruch auf eine Schulbegleitung. Die Schulbegleitung unterstützt die Kinder während der Unterrichtszeit - sofern dies erforderlich ist - um die angemessene Beschulung zu sichern.
Sie nimmt keinen Lehrauftrag wahr. Anträge können die Personensorgeberechtigten/Erziehungsberechtigten bei dem zuständigen Rehabilitationsträger stellen.

Für psychisch kranke / rein seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche liegt die Zuständigkeit beim Jugendamt. Die hiesigen Hilfen werden immer als Einzelfallhilfen gewährt.

Leistet die Jugendhilfe Schulbegleitung ist der Standard eine 1/1 Betreuung. Es existieren individuelle Ausnahmefälle (z. B. 2 Kinder besuchen die gleiche Klasse und der Bedarf kann mit einer Kraft fachlich abgedeckt werden).

Laufende Fälle nach § 35a SGB VIII nach Schulform:1

Schulformlaufende Fälle
Grundschule164
Hauptschule8
Realschule31
Gymnasium16
Gesamtschule18
Förderschule72
Berufskolleg1
Privatschule2


Für körperlich, geistig oder mehrfach behinderte Kinder ist das Amt für Soziales die zuständige Stelle.

Im Amt für Soziales ist die aktuelle Zahl noch nicht bekannt, da sowohl die Bewilligungen auf Schulbegleitung derzeit noch laufen, als auch noch Kinder in den ersten 14 Tagen nach Beginn des Schuljahres nachgemeldet werden. Hier handelt es sich insbesondere um neue Schülerinnen und Schüler an der jeweiligen Schule.

In 2021 hat das Amt für Soziales für insgesamt 624 Kinder Schulbegleitung bewilligt. Diese wurde teilweise nur für ein Schulhalbjahr bewilligt, beispielsweise wegen einer drohender Behinderung, die sich nicht bestätigt hat. Weiterhin wurden übergangsweise Leistungen für Kinder mit seelischer Behinderung erbracht, die in die Trägerschaft des Jugendamtes übergingen.

Kinder mit Schulbegleitung in 2021:

SchulformKinderanzahlAnzahl Nichtfachkräfte
Grundschule197183
Förderschule335225
Hauptschule1511
Realschule3534
Gesamtschule3231
Gymnasium65
Berufskolleg33
Sonstige Schulen11

1 (Stichtag: 15.08.2022)

Antwort zu Frage 2:
Die Entgeltkommission des Jugendamtes ist unter Federführung des Amtsleiters.
Hierbei sind die in § 78a –g SGB VIII festgelegten Grundsätze über Leistungsangebote, Entgelte und Qualitätsentwicklung Grundlage.

Im Amt für Soziales erfolgte die Festsetzung der Stundensätze bisher über die Vergabe im Rahmen der Ausschreibung auf der Grundlage der eingereichten Angebote.
Aktuell erfolgen die Festsetzungen der Vergütung über die Verhandlungen zu den Vereinbarungen im Rahmen des § 123 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX). Neben der Leistungsvereinbarung wird hier gemäß § 125 SGB IX auch eine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen, in der die Stundensätze enthalten sind, auf die sich in der Verhandlung geeinigt wurde. Beide Vereinbarungen sind kündbar, die Inhalte richten sich nach dem Landesrahmenvertrag des Landes NRW nach § 131 SGB IX samt Anlagen und den in der Gemeinsamen Kommission dazu festgesetzten Vereinbarungen.

Antwort zu Frage 3:
Es gibt kein festgeschriebenes Berufsbild für Schulbegleitungen, ebenso wie es keine geschützte Berufsbezeichnung dazu gibt.

Je nach Behinderung des Kindes wird eine Fachkraft aufgrund der Behinderung benötigt, die eine fachspezifische 2- oder 3-jährige Ausbildung absolviert hat.

Das Gros der Schulbegleitung (493 von 624) erfolgt über Nichtfachkräfte, die eine pädagogische Vorerfahrung haben. Eine Qualifizierung hierfür kann nur in pädagogischen Bereichen erfolgen.

Die Möglichkeit einer Qualifizierung oder Fortbildung liegt immer im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers, der ein entsprechendes Konzept für den eigenen Verantwortungsbereich erstellt und umsetzt.
Die hier geforderte Qualifizierung der Nichtfachkräfte liegt allerdings im pädagogischen Bereich und kann daher nur durch bereits erworbene Erfahrungen des entsprechenden Personals in pädagogischen Bereichen erlangt werden.

Den Leistungsanbietern sind die eigenen Kräfte bekannt, hier werden entsprechende Kräfte mit pädagogischer Vorerfahrung auch aus anderen Bereichen angesprochen.
Die einzige hier bekannte Zusatzqualifizierung ist ein Zertifikatskurs am LVR-Berufskolleg, Fachschulen des Sozialwesens in Düsseldorf. Hier werden aktuell Personen mit mindestens mittlerem Bildungsabschluss, die bei einem Träger als Integrationshelfer oder in einer vergleichbaren Tätigkeit beschäftigt sind, so qualifiziert, dass mit dem Zertifikat ein einheitliches Niveau vorausgesetzt werden kann. Ein Angebot zur pädagogischen Qualifizierung ist daher seitens der Stadt ebenso wenig möglich wie eine Förderung oder Finanzierung.