Geschlechtergerechtigkeit an Düsseldorfer Bühnen

Kulturausschuss

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Kulturausschusses am 27. September 2018:
Die Stadt Düsseldorf hat eine lange Tradition im Bereich der Darstellenden Künste, insbesondere gibt es Angebote aus den Sparten Oper, Schauspiel, Tanz und Orchester. Beteiligungsgesellschaften für die kommunale Kulturpflege wie (gemeinnützige) GmbHs und Stiftungen kommt hier eine große Bedeutung zu und deren Gegenstand die kulturelle Förderung ist.

Zu den größeren Einrichtungen gehören die „Deutsche Oper am Rhein. Theatergemeinschaft Düsseldorf-Duisburg gGmbH“ und die „Neue Schauspiel GmbH“.

Das Thema der Geschlechtergerechtigkeit an den Bühnen ist hochaktuell. Der Verein Pro Quote Bühne, eine Gruppe von Bühnen-Regisseurinnen und -Regisseuren und anderen Theaterschaffenden in Deutschland, kritisieren, dass 78 Prozent der Theater von Direktoren und Intendanten geleitet werden, 70 Prozent aller Inszenierungen von Regisseuren inszeniert und drei Viertel der Stücke von Männern geschrieben werden, während Frauen eher die unsichtbare Arbeit übernehmen. So gibt es eine geschlechterparitätische Aufteilung lediglich bei Assistenzaufgaben und beim Soufflieren, welches sogar zu 80 Prozent weiblich besetzt ist.

Düsseldorf sollte sich an der Geschlechtergerechtigkeit und Förderung der künstlerischen Vielfalt ausrichten. Ein Überblick über die jetzige Geschlechtergerechtigkeit an kommunalen Bühnen kann Auskunft über die aktuellen Verhältnisse geben.

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Wie viele Stücke wurden in den vergangenen fünf Jahren von Männern, wie viele von Frauen inszeniert (aufgeschlüsselt nach Jahren und Spielstätte)?
     
  2. Wie viele der aufgeführten Stücke wurden in den vergangenen fünf Jahren von Männern, wie viele von Frauen geschrieben (aufgeschlüsselt nach Jahren und Spielstätte)?
     
  3. Wie viele Frauen und wie viele Männer sind an den Bühnen der Stadt Düsseldorf in den darstellenden und musischen Berufsfeldern (beispielsweise Ensembles, Tanzgruppen, Komponistinnen und Komponisten; Dirigentinnen und Dirigenten etc.) engagiert?

Mit freundlichen Grüßen
 

Peter Ulrich Peters                             Daniela Dauner                                  Olaf Nordsieck       

 

Antwort der Verwaltung am 27.09.2018 (Beigeordneter Lohe)

zu Frage 1 und 2: Zur Beantwortung wird hinsichtlich der Deutschen Oper am Rhein und des Düsseldorfer Schauspielhauses auf die anliegenden Tabellen hingewiesen.

Die Geschäftsführung des Düsseldorfer Schauspielhauses führt darüber hinaus folgendes aus:
1. Die Geschäftsjahre 2013/2014-2015/2016 liegen nicht in der Verantwortung der aktuellen Geschäftsführung, sind hier aber aufgeführt, da sie von der Anfrage umfasst sind, sie können aber von der aktuellen Geschäftsführung nicht kommentiert werden.
2. Grundsätzlich begrüßen wir - die Theaterleitung des Düsseldorfer Schauspielhauses seit August 2016 - jede Initiative, mehr Gendergerechtigkeit herzustellen. In unserem aktuellen Spielzeitheft gendern wir zum Beispiel konsequent und setzen zudem Stücke mit expliziten Gender-Themen auf den Spielplan: wie vergangene Spielzeit das Stück "Konsens" der Britin Nina Raine  und diese Spielzeit das Projekt "Eva und Adam“.
3. Als Theater sind wir auch der Pflege von Klassikern verpflichtet. Von der Antike über die Shakespeare-Zeit bin zur deutschen Klassik gibt es bedeutend mehr Männer- als Frauenrollen. Das spiegelt sich in der Anzahl der festengagierten Schauspieler*innen: Es sind ca. 1/3 Frauen und 2/3 Männer. Die Anzahl der Gäste je Geschlecht variiert und spiegelt die Variabilität der Besetzungen der Stücke einer Spielzeit. Im Jungen Schauspiel dagegen, das viel häufiger Gegenwarts-Stücke aufführt, sind es 4 Frauen und 4 Männer.
4. Zu den Autor*innen: Der oben genannte Faktor zeigt sich auch in den Zahlen der Autor*innen-Liste: Weder in der Antike noch in der Shakespeare-Zeit gab es Dramatikerinnen, und auch in der Klassik sind Frauen nicht in der Theaterliteratur zu finden. Autoren wie Aischylos, Euripides, Shakespeare, Kleist, Goethe sind aber aus dem Spielplan eines Stadttheaters nicht wegzudenken. Man muss deswegen die historischen Umstände mitdenken. Was die Gegenwarts-Autor*innen angeht, sieht es dann um einiges besser aus. Wir haben die Spielzeit am Gustaf-Gründgens-Platz mit einer Autorin (Vicky Baum) eröffnet und werden im Oktober eine Uraufführung von Lot Vekemans im Central zeigen. Auch in den vergangenen Spielzeiten spielten wir Texte von Fatma Aydemir, Nina Raine und Elfriede Jelinek - allerdings sind auch in der Gegenwart Autorinnen in der Minderheit.
5. Zu den Regisseur*innen: Das Ungleichgewicht von Regisseurinnen und Regisseuren ist uns bewusst. Wir sind stets auf der Suche nach inszenierenden Frauen, Bernadette Sonnenbichler z.B. ist eine von zwei Hausregisseur*innen an unserem Haus, und mit Laura Linnenbaum wird eine junge Regissuerin ihre erste Arbeit an unserem Haus machen. Bisher haben wir uns bewusst gegen eine Quoten-Regelung entschieden, wir haben aber ein hohes Bewusstsein dieser Problematik und sind nicht nur in der künstlerischen Leitung, sondern auch mit dem Ensemble im stetigen Gespräch zu diesem Thema.
6. Beachten Sie bitte außerdem, dass es an unserem Haus mehrere Autoren-Kollektive gibt, so etwa Lutz Hübner und Sarah Nehmitz, die in der Liste jeweils einzeln gezählt werden, weshalb die Anzahl der Autor*innen nicht mit der Anzahl der Inszenierungen übereinstimmt. Und auch im Bereich Regie arbeiten einige Duos und Kollektive, die zum Teil aus Männern und  Frauen bestehen (z.B. projekt.il oder die andcompany).

Die Deutsche Oper am Rhein nimmt wie folgt Stellung:
Die Problematik, dass die Inszenierungspraxis auf der Opernbühne von Männern dominiert ist und Frauen unterrepräsentiert sind, ist uns sehr bewusst. Indes ist die Unterrepräsentanz von Regisseurinnen beileibe kein spezifisch Düsseldorfer, sondern ein strukturelles Phänomen; derzeit beläuft sich die Zahl an renommierten Regisseurinnen, die an den großen Opernhäusern  tätig sind, gerade mal auf rund ein Dutzend. So kommt es, dass beispielsweise auch an den Opernhäusern in Gelsenkirchen, Bonn, Hamburg und München in dieser Saison nur eine Neuproduktion von einer Frau inszeniert wird; an der Semperoper (bei insgesamt acht Premieren) sind es zwei, an der Oper Frankfurt (bei neun Premieren) sind es drei. Um dieser Problematik zu begegnen, setzen wir bewusst bei der Nachwuchsförderung an und geben jungen Regieassistentinnen unseres Hauses (derzeit arbeiten bei uns in diesem Bereich 4 Frauen und 2 Männer) ganz gezielt die Chance, sich auszuprobieren und  vorzustellen. Dieses geschieht idealerweise durch kleinere Produktionen, spezielle Regienachwuchsformate etc. Die Deutsche Oper am Rhein stellt sich dieser Verantwortung, indem sie ihre Regieassistentinnen gezielt fördert und ihnen die Gelegenheit für solche Inszenierungen gibt, z.B. auch im Rahmen des „Young Directors“-Projektes, bei dem der Nachwuchs die Chance  einer Inszenierung auf der großen Bühne des Hauses in Duisburg erhalten. Bei Konzerten der Düsseldorfer Symphoniker in der Tonhalle gibt es üblicherweise keine Regiearbeiten. Bei einem Werk in dieser Spielzeit, der „Mass“ von Bernstein ist dies eine Ausnahme. Hierzu wurde eine Regisseurin engagiert.

zu Frage 3: Zur Beantwortung wird hinsichtlich der Deutschen Oper am Rhein und des Düsseldorfer Schauspielhauses auf die anliegenden Tabellen verwiesen.
Die Besetzung bei den Düsseldorfer Symphonikern beläuft sich aktuell auf 48 Frauen und 70 Männer. Im Backstage-Bereich der Tonhalle ist das Verhältnis 15 Frauen : 15 Männern.

Die Tonhalle erläutert dazu:
Problem bei Dirigentinnen ist, dass es in der etablierten Generation (50+) noch nicht so viele gibt. Das Verhältnis der international renommierten Dirigentinnen zu männlichen Kollegen über 45 ist gefühlt 1:100. In der jungen Generation hat sich das massiv gewandelt. Wir haben aufgrund der wenigen "Versuchsflächen" für Nachwuchs deshalb fast ausschließlich Männer als Dirigenten beschäftigt. Diese Saison wird es in den Sternzeichen 1 Frau gegen 7 Männer sein. Ebenso in der kommenden Saison. Die Zahl der Komponistinnen hat aus gesellschaftlichen Gründen erst nach dem zweiten Weltkrieg deutlich zugenommen. Daher werden Werke von Frauen fast ausschließlich in diesem Bereich (Avantgarde/contemporary) gespielt, der wiederum nicht zum zentralen Handeln und Schaffen der klassischen Konzertveranstalter zählt. Die Tonhalle widmet sich der Zeitgenössischen Musik selbstverständlich im Festival "Schönes Wochenende" und der Reihe "Na hör'n Sie mal".

Spielzeit

Spielstätte

Anzahl

Autorinnen

Anzahl

Autoren

Anzahl

Regisseurinnen

Anzahl

Regisseure

13/14

GH

3

9

1

9

13/14

KH

0

5

1

5

13/14

JS

3

4

5

2

13/14

KB, Central

1

2

1

2

 

 

 

 

 

 

14/15

GH

2

9

2

8

14/15

KH

3

13

4

9

14/15

JS

5

6

5

2

 

 

 

 

 

 

15/16

GH

0

7

0

6

15/16

KH

2

4

0

6

15/16

GB, Central

1

3

0

4

15/16

KB, Central

0

4

1

2

15/16

JS

4

8

6

6

 

 

 

 

 

 

16/17

GB, Central

1

9

3

7

16/17

KB, Central

3

10

2

9

16/17

GH

0

1

0

1

16/17

In der Stadt

1

6

0

6

16/17

JS

2

9

2

9

 

 

 

 

 

 

17/18

GB, Central

1

6

2

6

17/18

KB, Central

3

9

3

7

17/18

In der Stadt

0

5

1

5

17/18

GHs

0

1

0

1

17/18

JS

3

5

2

5

Erläuterungen:

Spielstätte:
GH - Schauspielhaus, Großes Haus
KH – Schauspielhaus, Kleines Haus
GB, Central – Große Bühne Central
KB, Central – Kleine Bühne Central
JS – Junges Schauspielhaus, Münsterstraße 446
Zelt – Das Theaterzelt auf dem Corneliusplatz (Sept. 16/17) oder an den Rheinterrassen (Sept. 17/18)

Ensemble Düsseldorfer Schauspielhaus und Junges Schauspielhaus

Spielzeit

Schauspielerinnen

Schauspieler

13/14 feste Ensemblemitglieder

13

16

13/14 Gäste

16

29

 

 

 

14/15 feste Ensemblemitgl. + Gäste

19

28

14/15 Junges Schauspielhaus

5

5

 

 

 

15/16 feste Ensemblemitgl. + Gäste

18

35

15/16 Junges Schauspielhaus

5

5

 

 

 

16/17 feste Ensemblemitglieder

11

18

16/17 Gäste

12

17

16/17 Junges Schauspielhaus

4

4

16/17 Junges Schauspielhaus Gäste

2

3

 

 

 

17/18 feste Ensemblemitglieder

11

18

17/18 Gäste

16

16

17/18 Junges Schauspielhaus feste Ensemblemitgl.

4

4

17/18 Junges Schauspielhaus Gäste

1

4

Ensemble Düsseldorfer Schauspielhaus und Junges Schauspielhaus

 

 

 

Spielzeit

Schauspielerinnen

Schauspieler

13/14 feste Ensemblemitglieder

13

16

13/14 Gäste

16

29

 

 

 

14/15 feste Ensemblemitgl. + Gäste

19

28

14/15 Junges Schauspielhaus

5

5

 

 

 

15/16 feste Ensemblemitgl. + Gäste

18

35

15/16 Junges Schauspielhaus

5

5

 

 

 

16/17 feste Ensemblemitglieder

11

18

16/17 Gäste

12

17

16/17 Junges Schauspielhaus

4

4

16/17 Junges Schauspielhaus Gäste

2

3

 

 

 

17/18 feste Ensemblemitglieder

11

18

17/18 Gäste

16

16

17/18 Junges Schauspielhaus feste Ensemblemitgl.

4

4

17/18 Junges Schauspielhaus Gäste

1

4

 

1 A) Inszenierungen Musiktheater

Spielzeit

Inszenierungen von Frauen

Inszenierungen von Männern

 

Düsseldorf

Duisburg

Insgesamt

Düsseldorf

Duisburg

Insgesamt

2013 / 2014

2

2

3
Davon hatte eine der Inszenierungen in Duisburg und Düsseldorf Premiere

6

6

9

Davon hatten 3 der Inszenierungen in Duisburg und Düsseldorf Premiere

 

 

 

 

 

 

 

2014 / 2015

1

-

1

7

5

9

Davon hatten 3 der Insznierungen in Duisburg und Düsseldorf Premiere

 

 

 

 

 

 

 

2015 / 2016

1

-

1

7

6

11

Davon hatten 2 der Inszenierungen in Duisburg und in Düsseldorf Premiere

 

 

 

 

 

 

 

2016 / 2017

1

1

1

Die Inszenierung hatte in Duisburg und in Düsseldorf Premiere

6

6

10

Davon hatten 2 der Inszenierungen in Duisburg und in Düsseldorf Premiere

 

 

 

 

 

 

 

2017 / 2018

2

1

3

8

7

13

Davon hatten 2 der Inszenierungen in Duisburg und in Düsseldorf Premiere

 

1 B) Choreographien

Spielzeit

Choreographien von Frauen

Choreographien von Männern

 

Düsseldorf

Duisburg

Insgesamt

Düsseldorf

Duisburg

Insgesamt

2013 / 2014

-

-

-

5

6

11

 

 

 

 

 

 

 

2014 / 2015

1

2

3

8

4

9

Davon hatten 3 der Choreographien in Duisburg und in Düsseldorf Premiere

 

 

 

 

 

 

 

2015 / 2016

-

3

3

9

7

16

 

 

 

 

 

 

 

2016 / 2017

4

1

4

Die Choreographie hatte in Duisburg und Düsseldorf Premiere

13

6

16

Davon hatten 3 der Choreographien in Duisburg und Düsseldorf Premiere

 

 

 

 

 

 

 

2017 / 2018

-

3

3

10

5

15

 

2) Auftragskompositionen

Spielzeit

Kompositionen von Frauen

Kompositionen von Männern

 

Düsseldorf

Duisburg

Insgesamt

Düsseldorf

Duisburg

Insgesamt

2013 / 2014

1

-

1

1

1

1

Das Werk hatte in Duisburg und Düsseldorf Premiere

 

 

 

 

 

 

 

2014 / 2015

-

-

-

1

1

1

Das Werk hatte in Duisburg und Düsseldorf Premiere

 

 

 

 

 

 

 

2015 / 2016

-

-

-

1

1

1

Das Werk hatte in Duisburg und Düsseldorf Premiere

 

 

 

 

 

 

 

2016 / 2017

-

-

-

1

1

1

Das Werk hatte in Duisburg und Düsseldorf Premiere

 

 

 

 

 

 

 

2017 / 2018

1

-

1

1

1

1

Das Werk hatte in Duisburg und Düsseldorf Premiere

 

3) Beschäftigte in darstellenden und musischen Berufen:

Frauen: 202
Männer: 218

Die Problematik, dass die Inszenierungspraxis auf der Opernbühne von Männern dominiert ist und Frauen unterpräsentiert sind, ist uns sehr bewußt. Indes ist die Unterrepräsentanz von Regisseurinnen beileibe kein spezifische Düsseldorfer, sondern ein strukturelles Phänomen; derzeit beläuft sich die Zahl an renommierten Regisseurinnen, die an den großen Opernhäusern tätig sind, gerade mal auf rund ein Dutzend. So kommt es, dass beispielsweise auch an den Opernhäusern in Gelsenkirchen, Bonn, Hamburg und München in dieser Saison nur eine Neuproduktion von einer Frau inszeniert wird; an der Semperoper (bei insgesamt acht Premieren) sind es zwei, an der Oper Frankfurt (bei neun Premieren) sind es drei.

Um dieser Problematik zu begegnen, setzen wir bewusst bei der Nachwuchsförderung an und geben jungen Regieassistentinnen unseres Hauses (derzeit arbeiten bei uns in diesem Bereich 4 Frauen und 2 Männer) ganz gezielt die Chance, sich auszuprobieren und vorzustellen. Dieses geschieht idealerweise durch kleinere Produktionen, spezielle Regienachwuchsformate etc. Die Deutsche Oper am Rhein stellt sich dieser Verantwortung, indem sie ihre Regieassistentinnen gezielt fördert und ihnen die Gelegenheit für solche Inszenierungen gibt, z.B. auch im Rahmen des "Young Directors"-Projektes, bei dem der Nachwuchs die Chance einer Inszenierung auf der großen Bühne des Hauses in Duisburg erhalten.