Gift in den Rhein eingeleitet – Gefahr für die Düsseldorfer*innen

Ausschuss für Umweltschutz
Umweltausschuss

Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE. Düsseldorf zur Sitzung des Ausschusses für Umweltschutz am 10.02.2022 (AUS/004/2022), beantwortet in der Sitzung am 17. März 2022:
 

Am 27. Juli 2021 kam es auf dem Leverkusener Betriebsgelände der Chemie-Firma Currenta GmbH & Co. KG aufgrund der Missachtung von Sicherheitsrichtlinien zu einer Explosion von Gifttanks mit Sonderabfällen. Sieben Mitarbeiter starben, 31 wurden verletzt, fünf von ihnen mit schwersten Verbrennungen.

Neben einer Vielzahl von Giftstoffen, wie z.B. Dioxinen und Furanen, die sich aufgrund des Brandes in der Umgebung verbreiteten, wurden die noch vorhandenen giftigen Flüssigkeiten sowie das Löschwasser über das dortige Klärwerk in den Rhein abgelassen. Die Giftstoffe konnten über die Kläranlage nicht abgebaut werden und flossen ungehindert in den Rhein. Insgesamt wurden 13 Millionen Liter mit Chemikalien verseuchtes Wasser in den Rhein geleitet. Der WDR berichtet über den Skandal: „Nach der Explosion hatte das Landesamt für Natur, Verbraucher und Umweltschutz (LANUV) im Abwasser des Klärwerks unter anderem deutlich erhöhte Werte des in Deutschland verbotenen Insektengiftes Clothianidin und des extrem gewässerschädlichen Stoffes PFOS gemessen.“

Currenta behauptet, dass die Grenzwerte nicht überschritten wurden, allerdings gibt es keine Grenzwerte für Clothianidin. Es wird geschätzt, dass 60 bis 70 Kilogramm des giftigen Stoffes in den Rhein gelangt sind. Im Abwasser der Leverkusener Kläranlage wurden 120 Mikrogramm Clothianidin gemessen. Das ist das 60.000-fache der Umweltqualitätsnorm für den vergleichbaren Stoff Imidacloprid, der bei 0,002 Mikrogramm pro Liter Wasser liegt.

Durch Anfrage des WDR konnten nachträglich die giftigen Stoffe in den Niederlanden nachgewiesen werden. Fahrlässig wurde es unterlassen, die zuständige Internationale Kommission zum Schutz des Rheins zu informieren. So wurde die Gesundheit von fünf Millionen Niederländer*innen, die ihr Trinkwasser dem Rhein entnehmen, in Kauf genommen. Auch in Düsseldorf wird mit einem Anteil von 75 bis 80 Prozent des Trinkwassers aus Rheinuferfiltrat gewonnen.

DIE LINKE. Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Wurden die Düsseldorfer Stadtwerke über die Einleitung von Giftstoffen aus dem Currenta-Unfall in den Rhein informiert, wenn ja wann und wenn nein, warum nicht?
     
  2. Haben die Stadtwerke nach dem 27. Juli 2021 nach zusätzlichen Giftstoffen im Trinkwasser gesucht und welche Gegenmaßnahmen trafen die Stadtwerke wann zum Schutz des Trinkwassers?
     
  3. Zu welchem Zeitpunkt und über welchem Zeitraum konnten die Stadtwerke Clothianidin und/oder andere Giftstoffe aus dem Unfall bei Currenta nachweisen und wieso wurde keine Trinkwasserwarnung herausgegeben?

Mit freundlichen Grüßen
Heidemarie Behrens                 Rita Kiwitt                               Dominik Dörr


Antwort der Verwaltung durch die Beigeordnete Frau Stulgies:

Vorbemerkung:
Der Brand auf dem Gelände der Fa. Currenta, Leverkusen  war Gegenstand  der Berichterstattung von Frau Ministerin  Ursula Heinen-Esser  im Umweltausschuss des Landtages NRW am 19.1.2022. Der schriftliche Bericht  beinhaltet Erläuterungen zum Ablauf des Geschehens, zum aktuellen Sachstand, zu den Auswirkungen auf Umwelt  und Gewässer sowie zur weiteren  Vorgehensweise. Der dem Ausschuss des Landtages vorgelegte Bericht (Umfang 25 Seiten) ist öffentlich zugänglich und kann unter  folgendem Link heruntergeladen werden. https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-6283.pdf

Zur Beantwortung der Anfrage wurden die Stadtwerke Düsseldorf  beteiligt.

Antwort zu Frage 1:
Die Stadtwerke Düsseldorf  haben Mitte Dezember von der Einleitung  über die Medienberichterstattung erfahren. Im Juli 2021 unmittelbar erfolgte keine Information der Rheinanlieger bzw. der Wasserwerke über die·Einleitung. Nach Einschätzung  der zuständigen Bezirksregierungen bestand seinerzeit  aufgrund vorgenommener Analysen bei den eingel.eiteten Wässern und im Rhein selbst  dazu keine Veranlassung.  Zu diesem Thema wird im oben genannten Bericht  auf den Seiten 10 bis 12 ausführlich Stellung genommen.

Antwort zu Frage  2:

Der Rhein als Rohwasserressource wird durch  die Stadtwerke Düsseldorf routinegemäß einem Screening unterzogen. Dabei werden neben bekannten Störstoffen gesonderte Proben analysiert, die unbekannte Stoffe  erkennen  sollen. Die Trinkwasseraufbereitung der Stadtwerke Düsseldorf ist darauf  ausgelegt, auch nicht bekannte  Verunreinigungen zu entfernen.

Aus den vorliegenden Daten bzw. Informationen wurden vor allem Clothianidin, ein Insektizid und kurzkettige, fluorierte Kohlenwasserstoffe (sogenannte PFAS) in den Rhein durch das Ereignis eingetragen. Durch die Uferfiltration im Zustrom zu den Brunnenanlagen der Wasserwerke erfolgt bereits ein Abbau und eine Verdünnung von Schadstoffen.

Die in Rede stehenden  Stoffe  Chlothianidin und die PFAS werden durch die Behandlung  mit  Ozon und mit  Aktivkohle bei der Aufbereitung in den Wasserwerken vollständig zurückgehalten. Die Stadtwerke Düsseldorf, haben beispielsweise die in Deutschland kürzesten Standzeiten für Aktivkohle, um genau auf solche Fälle entsprechend vorbereitet zu sein.

Das Multibarrierensystem der Stadtwerke Düsseldorf bietet  somit  einen hohen Schutz gegen Störstoffe. und die Aktivkohlebehandlung.

Antwort zu Frage  3:
Nachdem die Stadtwerke Mitte Dezember 2021über die Medienberichterstattung von der Störfalleinleitung erfahren haben, wurden umgehend Wasserproben analysiert.
Der Stoff  Clothianidin lag unter  der messbaren  Bestimmungsgrenze, wobei natürlich zu berücksichtigen ist, dass die Einleitung (im  Juli 2021) zu diesem Zeitpunkt bereits 5 Monate zurücklag.