Infektions- und Sterblichkeitsraten von Covid-19 in den Düsseldorfer Stadtbezirken

Ausschuss für Gesundheit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit und Soziales

Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE zur Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am 24. März 2021:

Seit einem Jahr befinden sich Düsseldorferinnen und Düsseldorfer in Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit, im Home Office oder am Arbeitsplatz in Gefahr einer Corona-Infektion. Während die Freizeitmöglichkeiten massiv eingeschränkt sind, werden an vielen Arbeitsplätzen nur wenige Schutzmaßnahmen vor einer Infektion mit Covid-19 getroffen und die Arbeitgeber von der Bundesregierung nicht ausreichend in die Pflicht genommen.

Ein aktueller Beitrag des Polit-Magazins „Panorama“, welcher sich auf Recherchen des NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung bezieht, wertete in der Ausgabe vom 4. März 2021 verschiedene Belege für eine große Ungleichverteilung des Infektions- und Sterblichkeitsrisikos aus. Dort wird auch Prof. Dr. phil. Nico Dragano (Med. Soziologie, UKD) aus Düsseldorf zitiert, der zusammen mit der AOK Rheinland/Hamburg Krankenkassen-Daten auswerten konnte und festgestellt hat, dass das Risiko eines Krankenhausaufenthaltes wegen Covid-19 für ALG-Berechtigte deutlich erhöht ist. Eine weitere Untersuchung des Bundeslandes Berlin zur sozioökonomischen Situation von Covid-Betroffenen hatte zum Ergebnis, dass die Covid-19-Inzidenz umso höher ist, je mehr Erwerbslose oder Transferleistungsberechtigte in den Bezirken leben.

Die aktuelle sozialepidemiologische Forschung, u.a. Benjamin Wachtler et al. (2020), merkt an, dass zu dieser Sachlage in Deutschland wenig Erkenntnisse vorliegen. Doch sogar die dünne Datenlage deutet auf sozioökonomische Ungleichheiten im Infektionsgeschehen hin. Das Robert-Koch-Institut erkennt diese Problematik an und teilt auf Anfrage mit, dass verschiedene Studien in Planung seien, um die Situation besser beurteilen zu können. Gegenwärtig seien aber keine Untersuchungsergebnisse verfügbar. Zahlreiche Städte beginnen aber mittlerweile mit der Erhebung von Daten.

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Welche Daten liegen der Verwaltung zu Unterschieden bei den Corona-Infektions- und -Sterblichkeitsraten in den Düsseldorfer Stadtteilen vor; wenn keine Daten vorliegen, aus welchen Gründen ist dies so?
     
  2. Welche Daten liegen der Verwaltung über Unterschiede der Inanspruchnahme von Corona-Testangeboten in den Düsseldorfer Stadtteilen vor; wenn keine Daten vorliegen, aus welchen Gründen ist dies so?
     
  3. Wie plant die Verwaltung, erhöhten Corona-Infektions- und Sterblichkeitsrisiken in betroffenen Stadtteilen entgegenzuwirken?

Mit freundlichen Grüßen

Helmut Born                                         Jost Guido Freese                                              Cornelia Schlemper

 

Antwort der Verwaltung durch Beigeordnete Frau Stulgies

Zu Frage 1:
Wie den beigefügten Anlagen 1 und 2 zu entnehmen ist, ist die räumliche Verteilung der SARS-CoV-2-Nachweise nach Meldeadresse relativ heterogen. Rund 94% aller Fälle konnten geokodiert werden. Stadtteile mit sehr betagter Bevölkerung – insbesondere bedingt durch Bewohner*innen stationärer Pflegeeinrichtungen – weisen eine höhere Inzidenz (Neuerkrankungsrate), aber vor allem Mortalität (Sterblichkeit) auf.

Darüber hinaus gibt es Indizien darauf, dass weitere Faktoren mit einer höheren SARS-CoV-2-Inzidenz in Stadtteilen mit folgenden Merkmalen assoziiert sein könnten (Sozialräumliche Gliederung der Landeshauptstadt Düsseldorf):

  • hoher Anteil von Einwohnern/Einwohnerinnen mit Migrationshintergrund
  • hoher Anteil an Einwohnern/Einwohnerinnen, die Grundsicherung (SGB II/XII) beziehen
  • niedrige Übergangsquote Gymnasium

Generell zeigt sich daher ein Bild, das auf fast alle Erkrankungen zutrifft - je größer der Anteil der Menschen mit gesundheitlicher und sozialer Belastung ist, desto schlechter ist deren Gesundheitszustand.

Eine korrekte Analyse des möglichen Zusammenhangs sozioökonomischer und demographischer Parameter mit der SARS-CoV-2-Inzidenz/Mortalität ist auf Basis von akkumulierten - in diesem Fall räumlichen - Daten nicht valide durchführbar.

Zu Frage 2:
Dem Gesundheitsamt der Landeshauptstadt Düsseldorf liegen keine Daten über die Inanspruchnahme von Corona-Testangeboten (PCR- oder PoC-Antigentests) in den Düsseldorfer Stadtteilen vor, weil diese Daten für das Infektionsgeschehen irrelevant sind.

Frage 3:
Die erhöhte Mortalität der (älteren) Bevölkerung ist weltweit beschrieben und den effektivsten und somit wichtigsten Schutz vor schweren und tödlichen Verläufen stellt die Impfung dieser Bevölkerungsgruppe dar. Diese zeigt sowohl bei der Inzidenz, als auch bei der Mortalität hervorragende Ergebnisse.

Zum Schutz der Bewohner*innen der Pflegeheime hat die Stadt zudem eine Allgemeinverfügung erlassen, die den Eintrag von SARS-CoV-2 in die Einrichtungen verhindern und Ausbruchsgeschehen frühzeitig erkennbar machen soll.

Seit April 2020 setzt das Gesundheitsamt gesonderte Interventionsteams ein, die bei vulnerablen Gruppen (z.B. Bewohner*innen von Flüchtlingsunterkünften oder Pflegeheimen) bei Infektionsausbrüchen zusätzliche Maßnahmen einleiten. Hierzu gehören eine intensivierte Kontaktpersonennachverfolgung, Hygieneüberwachung der Einrichtungen sowie regelmäßige und anlassbezogene Reihentestungen von Personal und Bewohner*innen.

Der erhöhten Inzidenz in den betroffenen Stadtgebieten, die die unter Frage 1 genannten Merkmale aufweisen, versucht die Landeshauptstadt Düsseldorf durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und einem möglichst niedrigschwelligen Testangebot zu begegnen. Hier ist allerdings festzustellen, dass der Zugang zu vielen Bürger*innen, insbesondere der hier angesprochenen Zielgruppe, durch die wachsende Corona-Müdigkeit erschwert wird.

Anlage 1

Anlage 2