Personalsituation im Jugendamt

Jugendhilfeausschuss

Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE. Düsseldorf zur Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 26.04.2023 (JHA/027/2023):

Am 23. März 2023 hat die Gewerkschaft Ver.di im Bezirk Köln/Bonn/Leverkusen zu einer Kundgebung vor der Stadtratssitzung aufgerufen. Die Kölner Rundschau1 berichtete zu der Kundgebung, dass insbesondere Mitarbeitende des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) und des Gefährdungssofortdienstes (GSD) an der Kundgebung teilnahmen und gegen den Personalmangel in den eigenen Reihen protestierten. Die Mitarbeitenden klagten über hohe Krankenstände als Folge der Arbeitsbelastung und eine enorme Fluktuation unter den Kolleg:innen.

Ähnliche Berichte gibt es auch in umliegenden Städten wie Solingen2 oder Gelsenkirchen3. Unter diesen Voraussetzungen scheint auch eine Umsetzung der in der Reform des SGB VIII (KJSG) beschlossenen, zusätzlichen Aufgaben für die Jugendämter als Mammutaufgabe.

Die Auswirkungen auf die Eltern und Kinder, welche die Unterstützung vom Jugendamt in Anspruch nehmen, sind umso dramatischer.

Kundgebungsteilnehmer:innen in Köln berichten, dass viele beratende und präventive Angebote wegen des Personalmangels wegfallen und für die übrigen Kolleg:innen nicht mehr zu schaffen sind. Neben dem Personalmangel in Allgemeinen- und Bezirkssozialdiensten ist besonders der Mangel an Erzieher:innen in den Kindertagesstätten bekannt. Aber auch wenn Hilfeplangespräche nicht in der gesetzlich vorgesehenen Regelmäßigkeit stattfinden können, gilt es ebenfalls bereits dringend gegenzusteuern, um passgenaue Hilfen und Unterstützung für Kinder garantieren zu können.

Chronisch überlastete Kolleg:innen und zu hohe Fallzahlen im Jugendamt müssen nach Ansicht der Ratsfraktion DIE LINKE mit besonderer Sensibilität behandelt und dürfen nicht erst diskutiert werden, wenn ihre Auswirkungen auf den Kinderschutz deutlich werden.

1 Kölner Rundschau Online, „Warum die Kölner Jugendämter am Limit sind“, 23.03.2023. Zuletzt abgerufen am 10.04.2023,
https://www.rundschau-online.de/koeln/personalnot-warum-die-koelner-jugendaemter-am-limit-sind-538418
2 Solinger Tageblatt, „Personalmangel gefährdet Jugendschutz“, 29.11.2022. Zuletzt abgerufen am 10.04.2023.
https://www.solinger-tageblatt.de/solingen/personalmangel-gefaehrdet-jugendschutz-91946414.html
3 WDR, „Personalmangel im Jugendamt Gelsenkirchen: OB hat "keine schnellen Lösungen", 03.05.2022. Zuletzt abgerufen am 10.04.2023.
https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/personalnot-im-jugendamt-gelsenkirchen-nicht-schnell-loesbar-100.html

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Wie viele Stellen im Jugendamt sind derzeit unbesetzt? Bitte aufschlüsseln nach Amt und Abteilung/Fachstelle.
     
  2. Welche Angebote und gesetzlichen Aufträge des Jugendamtes können aufgrund von Personalmangel derzeit nicht umgesetzt werden? Bitte aufschlüsseln nach Art und Fachstelle.
     
  3. Wie beziffert sich die durchschnittliche Fallzahl pro Fallführer:in? (Bitte aufschlüsseln)

Mit freundlichen Grüßen
Lukas Reichert                          Rene Engels


Antwort der Verwaltung durch Stadtdirektor Hintzsche:

Antwort zu Frage 1:

Im Jugendamt sind zur Zeit ca 15% der Stellen nicht besetzt.
Die einzelnen Abteilungen weisen derzeit folgenden Besetzungsgrad auf:

51/0 Amtsleitung und Jugendhilfeplanung 86,16%
51/1 Zentrale Dienste 84,80%
51/2 Tageseinrichtungen für Kinder 86,29%
51/3 Jugendförderung 91,13%
51/4 Kinderhilfezentrum 86,22%
51/5 Soziale Dienste 78,98%
51/6 Familienförderung 86,95%
51/7 Kinderschutz und Hilfe zur Erziehung 79,28%

Die Beantwortung der Fragen 2 und 3 erfolgt gemeinsam und legt den Schwerpunkt auf die Bereiche Kinderschutz und Hilfen zur Erziehung:

Es kommt in allen Abteilungen immer wieder zu personellen Engpässen und auch zu angespannten Betreuungssituationen.
In der Abteilung „Kinderschutz und erzieherische Hilfen“ hat die Bearbeitung von Kinderschutzfällen für alle Fachkräfte trotz hoher Fallbelastung absolute Priorität. Die Sicherstellung des Kinderschutzes ist somit verlässlich gegeben.

  • Kinderschutzdienst

Zur Etablierung des Kinderschutzdienstes zum 01.08.2022 waren zunächst 16,5 VZÄ geplant und genehmigt. Die Besetzung der Stellen befindet sich sukzessive in der Umsetzung, aktuell sind 11,4 VZÄ besetzt.
Die Umsetzung des 24h-Dienstes kann erst bei Vollbesetzung erfolgen. Um einen 24h-Bereitschaftsdienst professionell durchzuführen, bedarf es einer weiteren Stellenzusetzung von 2,5 Stellen.Eine VK-Vorlage hierzu befindet sich in der verwaltungsinternen Abstimmung. Eine Dauerausschreibung für vakante Stellen ist geschaltet.

  • Bezirkssozialdienste

Aktuell ist keine Standardreduzierung verfügt. Aufgrund von vakanten Stellen kann sich die Bearbeitungsdauer für den Einsatz von erzieherischen Hilfen verzögern.

Die Besetzung der vakanten Stellen erfolgt sukzessive und mit gutem Erfolg, momentan befinden sich 25 neue Fachkräfte im BSD in Einarbeitung.

Zum Stichtag 29.03. besteht im BSD eine objektive Fallbelastung von 1:38, wobei die einzuarbeitenden Fachkräfte noch nicht voll belastbar sind. Wünschenswert wäre eine Fallbelastung von 1:35. Eine Dauerausschreibung für vakante Stellen ist geschaltet.