Rassismus in Düsseldorfer Kultureinrichtungen

Kulturausschuss

Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE zur Sitzung des Kulturausschusses am 15. April 2021:

Die aktuelle Debatte um Rassismus in Kultureinrichtungen ist nicht unbekannt und vor allem keine Überraschung. Immer wieder wird über rassistisch motivierte Vorfälle auf Theater-und Schauspielbühnen berichtet. Auch die Bühne des Düsseldorfer Schauspielhauses ist von Rassismus betroffen. Bereits im vergangenen Jahr äußerte sich der am Düsseldorfer Schauspielhaus tätige Schauspieler Ron Ighiwiyisi Iyamu, festes Ensemblemitglied, in einem Interview mit der Rheinischen Post vom 20.Juni 2020 über eigene rassistische Erfahrungen in seinem direkten Arbeitsumfeld.

In einem Artikel vom 21. März 2021, also mehrere Monate später, titelt die Rheinische Post "Schauspieler erhebt Rassismusvorwürfe gegen Schauspielhaus". Der Artikel greift ein Interview von Ron Ighiwiyisi Iyamu, welches er dem WDR gegeben hat, auf. In diesem berichtet das Ensemblemitglied von Diskriminierungen und rassistischen Vorfällen am Düsseldorfer Schauspielhaus. Weiter berichtet er, dass rassistische und sexistische Strukturen am Düsseldorfer Schauspielhaus zum Dauerzustand gehören und Beschwerden darüber keinerlei Konsequenzen nach sich ziehen.

In einer Stellungnahme dazu auf seiner Internetseite schreibt das Schauspielhaus: "Uns war nicht bewusst genug, wie weitreichend und tiefgreifend diese Erfahrungen für ihn sind. Wir verurteilen jegliche Form von Rassismus und möchten nicht, dass jemand rassistisch behandelt wird." Weiter heißt es: "Rassismus darf in unserer Institution keinen Platz finden. Wir verfolgen und initiieren seit vielen Jahren Programme und Aktionen gegen Seite 2Rassismus –auf und jenseits der Bühne. Ein wesentlicher Baustein ist in diesem Kontext die Position des Diversity-Beauftragten - eine Position, die wir Mitte 2019 besetzen konnten." Allerdings ist nicht bekannt, welche Rolle dem Diversity-Beauftragten in der Gesamtsituation zuzuschreiben ist.

Theater als zentraler gesellschaftlicher Akteur hat die Pflicht, Positionen und interne Organisation kritisch zu reflektieren. Rassismus auf und hinter unserenBühnen darf niemals ignoriert und toleriert werden. Das Theater muss sich seinem strukturellen Rassismusproblem endlich stellen, dieses aufarbeiten und den Prozess der Diversifizierung intensivieren.

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Welchekonkreten Aufgaben gehören zu dem Tätigkeitsfeld des Diversity-Beauftragten am Schauspielhaus, welche Maßnahmen wurden von diesem bisher ergriffen und welche Projekte angestoßen?
     
  2. Werden Beschwerden wegen rassistischer Diskriminierung von dem Diversity-Beauftragten des Schauspielhauses statistisch erfasst? Wenn nein, warum nicht; wenn ja, wie viele Beschwerden gegen Mitarbeiter:innen bzw. Mitwirkende wurden bisher angezeigt?
     
  3. Wie ist die Situation in anderen städtischen Kultureinrichtungen; sind rassistisch motivierte Vorfälle in diesen bekannt und gibt es in diesen institutionelle Antidiskriminierungsarbeit (aufgeschlüsselt nach Anzahl und Kultureinrichtung)?

Freundliche Grüße

Peter Ulrich Peters               Sophie Würdemann              Michael Driesch


Antwort der Verwaltung durch den Beigeordneten Lohe

Zu Frage 1:
Im Rahmen des Förderprogramms 360° der Kulturstiftung des Bundes arbeitet der Diversity-Beauftragte seit Juni 2019 als Stabstelle der Intendanz am Düsseldorfer Schauspielhaus. Seine Aufgabe ist es, das Thema Diversity im Düsseldorfer Schauspielhaus durch verschiedene Aktivitäten in den Bereichen Programm, Personal und Publikum zu stärken. Seither ist er als Teil der Leitung in die Entscheidungsprozesse des Hauses eingebunden.

Seit Januar 2020 arbeitet er unter Beratung durch eine externe Expertin für diversitätsorientierte Veränderungsprozesse im Bereich Theater an der Aktualisierung und Weiterentwicklung der bereits existierenden "Betriebsvereinbarung für ein respektorientiertes Verhalten am Düsseldorfer Schauspielhaus“ hin zu einem „Code of Conduct für ein diskriminierungsfreies Verhalten am Düsseldorfer Schauspielhaus“. Dieser umfasst zusätzlich zu einem Haltungspapier eine eindeutige und differenzierte Einordnung verschiedener Formen von Diskriminierungen sowie ein Maßnahmenkatalog im Falle von unsensiblem diskriminierendem Verhalten. Der Code of conduct wird in einem partizipativen Verfahren und unter Beteiligung der Mitarbeitenden sowie des Betriebsrates bis Ende dieser Spielzeit verabschiedet werden. Er wird zukünftig als Anlage zu allen Verträgen und Beschäftigungsvereinbarungen am Düsseldorfer Schauspielhaus ausgehändigt werden. Im Zuge dieser Vereinbarung werden zukünftig Ansprechpartner*innen und Diversitätsbeauftragte in den verschiedenen Abteilung des Hauses benannt und entsprechend geschult.

Desweiteren organisiert und koordiniert der Agent für Diversität Fortbildungen für Mitarbeitende. Erste Fortbildungen zu „Rassismuskritischem Arbeiten und kritischem Weißsein in Institutionen“ fanden ab September 2020 für das Junge Schauspielhaus sowie die Leitung und Abteilungsleitungen des Düsseldorfer Schauspielhauses statt. Dieses Workshop-Programm wird fortgeführt und im Haus dauerhaft verankert.

Darüber hinaus leitet der Agent die wöchentliche Diversity AG am Theater, der leitende Mitarbeiter*innen der verschiedenen Sparten angehören.

Ein wesentlicher Anteil seiner Tätigkeit umfasst die Konzeption und Begleitung von Veranstaltungen und Projekten wie der monatlichen Diskursreihe „Embracing Realities“ mit führenden Expert*innen in den Diskursen Rassismus, Sexismus, Klassismus, antimuslimischen Rassismus und Antisemitismus. Zu den laufenden Projekten zählt auch die Schreibwerkstatt mit 12 migrantischen und migrantisierten Autor*innen sowie das Labor zu „Ästhetinnen der Zukunft“ aus der Perspektive migrantischer und migrantisierter Theatermacher*innen aus dem deutschsprachigen Raum.

Zu Frage 2:
Bisher wurden keine Beschwerden wegen rassistischer Diskriminierung am Düsseldorfer Schauspielhaus erfasst, da diese mit Ausnahme der bekannt gewordenen Vorfälle von Ron Iyamu bisher weder gegenüber dem Diversity-Beauftragten noch gegenüber dem Betriebsrat oder der Leitung benannt wurden. Aktuell hat die Geschäftsleitung alle Mitarbeitenden aufgefordert, entsprechende, auch in der Vergangenheit liegende Vorfälle über den Betriebsrat, den Diversity-Agenten oder die Geschäftsleitung zu melden. Sie werden im Zuge des extern gesteuerten Aufklärungsprozesses verfolgt.

Zu Frage 3:
Die seit 2016 im Gleichstellungsbüro angesiedelte städtische AGG-Beschwerdestelle (Allgemeines Gleichhandlungsgesetz) ist zuständig und Anlaufstelle für alle städtischen Mitarbeitenden im Fall eines rassistischen oder vergleichbar motivierten Vorfalls.

Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Düsseldorf haben das Recht, sich mit einer förmlichen Beschwerde an die AGG-Beschwerdestelle (gemäß §§ 13 Abs. 1 iVm 12 Abs. 5 AGG) zu wenden, wenn sie sich aus einem der im AGG genannten Gründe, wie der ethnischen Herkunft bzw. rassistischer Zuschreibung, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität, benachteiligt fühlen. Eine förmliche Beschwerde löst – unabhängig davon, ob Beschäftigte das wünschen – die Handlungspflichten nach §§ 7 Abs. 1, 12 Abs. 3 AGG aus.

Bislang sind weder in den städtischen Kultureinrichtungen selbst noch in der AGG-Beschwerdestelle Beschwerden von Mitarbeitenden aus den städtischen Kulturinstituten eingegangen.

Dazu im Einzelnen:

Deutsche Oper am Rhein:
Es sind keine rassistisch motivierten Vorfälle bekannt. Es gibt keine institutionalisierte Antidiskriminierungsarbeit, aber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sowie des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) wurde eine Beschwerdestelle in 3 der Personalabteilung eingerichtet, die auf Wunsch von Betroffenen jederzeit und vertraulich angesprochen werden kann. Diese Ansprechpartnerin unterstützt die Betroffenen und erörtert mit Ihnen gemeinsam ein mögliches weiteres Vorgehen. Auf Wunsch der Betroffenen wird auch die Theaterleitung einbezogen.

Theatermuseum:
Im Theatermuseum gab es bisher keine rassistisch motivierten Vorfälle. Ebenso macht das Theatermuseum derzeit keine spezifische institutionelle Antidiskriminierungsarbeit. Das Theatermuseum arbeitet allerdings seit 2016 in der Projektgruppe des Kulturamtes zur interkulturellen Öffnung der Kulturinstitute mit und hatte in diesem Zusammenhang auch schon eine Fortbildung zum Thema diversitätssensible Sprache in Ausstellungen.

Goethe-Museum:
Im Goethe-Museum gibt es und gab es keinerlei rassistische Vorfälle und insofern bezogen auf die Mitarbeiter auch keine "Antidiskriminierungsarbeit".

Heinrich-Heine-Institut:
Rassistisch motivierte Vorfälle sind im Heine-Institut nicht bekannt.

Das Institut ist seit Jahren Teil der diversitätssensiblen Entwicklungsarbeit (früher: interkulturelle Öffnung) unter der Moderation / Leitung von Frau Dr. Winkelmann und in Kooperation mit Frau Radler (Stellv. Sachgebietsleitung, Interkulturelle Öffnung in kommunalen Handlungsfeldern).

Im Moment wird im Heinrich-Heine-Institut ein Pilotprojekt "Diversity Visiting" durchgeführt (läuft bereits ca. ein Jahr) mit Projektberatung von Außen (Frau Wickel).

Außerdem veranstaltet das Heinrich-Heine-Institut regelmäßig (bislang 3 Mal), u.a. zusammen mit der Jüdischen Gemeinde den Lyrikmarathon (seit 2015), um ein Zeichen für Solidarität und interkulturelle Verständigung gegen Diskriminierung zu setzen.

Volkshochschule:
Die Volkshochschule der Landeshauptstadt Düsseldorf verfügt über viel Erfahrung mit unterschiedlichsten Kulturkreisen sowohl innerhalb des Kollegiums als auch unter den Teilnehmenden. Dennoch sind in der VHS bisher keine rassistisch motivierten Vorfälle bekannt. Die VHS verfügt über keine eigene institutionelle Antidiskriminierungsstelle.

Allerdings steht die VHS steht seit Gründung vor 101 Jahren für eine Lern- und Begegnungsstätte aller Menschen - und zwar unabhängig von der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Daher beteiligt sich die VHS aktiv bei sämtlichen Antidiskriminierungsaktionen innerhalb der Stadtgesellschaft (z. B. Respekt und Mut; Schule ohne Rassismus), sowie durch präventive und unterstützende Veranstaltungsangebote im Bereich der politischen Bildung und natürlich im Bereich des Internationalen Bildungszentrums - DIE BRÜCKE.

Clara-Schumann-Musikschule:
In der Clara-Schumann-Musikschule sind keine rassistisch motivierten Vorfälle bekannt.

Aquazoo:
Im Aquazoo sind keine rassistisch motivierten Vorfälle bekannt. Eine aktive Antidiskriminierungsarbeit im Aquazoo gibt es allerdings nicht.

Schloss und Park Benrath:
Der Stiftung Schloss und Park Benrath sind keine rassistisch motivierten Vorfälle bekannt.

Schifffahrtmuseum:
Im Team des SchifffahrtMuseums wurden keine rassistisch motivierten Vorfälle bekannt.

Stadtmuseum:
Im Stadtmuseum ist kein rassistisch motivierter Vorfall bekannt. Im Hause sind unter den Beschäftigten ein Migrations Beauftragter und eine Barrierefreiheit/Diversity Beauftragte tätig. Die Themenbereiche sind Bestandteil der inhaltlichen programmatischen Museumsarbeit. Das Team des Stadtmuseums bemüht sich z. Zt. um eine Schulung gegen strukturellen Rassismus.

Stadtarchiv:
Dem Stadtarchiv sind keine rassistisch motivierten Vorfälle bekannt.

Stadtbüchereien:
- Rassistisch motivierte Vorfälle sind bei den Stadtbüchereien nicht bekannt. - Die Stadtbüchereien Düsseldorf sind Teil des Netzwerkes "Respekt und Mut", in dem sich viele Organisationen und Institutionen in Düsseldorf aktiv gegen jede Form von Diskriminierung, Rassismus und Zensur einsetzen.

Tonhalle Düsseldorf gGmbH und Düsseldorfer Symphoniker:
Die Düsseldorfer Symphoniker haben seit 10 Jahren eine Charta „Partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz“, in der jedes Mitglied aufgefordert ist, bei entsprechenden Situationen (Mobbing, sexuelle Belästigung, Beleidigung) umgehend einzuschreiten/ diese zu melden. Ferner gibt es mit Orchestervorstand und Personalrat weitere erprobte Institutionen. Durch die hohe Internationalisierung des Orchesters ist Rassismus resp. Mobbing aufgrund von Herkunft kein Thema.

Im Fall des schlanken Teams der Tonhalle gGmbH gibt es klare Strukturen, die vorsehen, dass Probleme vertrauensvoll und vertraulich an die Bereichsleitungen oder an die Geschäftsführung gemeldet werden. 5

Kunstkommission:
In der Kunstkommission Düsseldorf sowie der Geschäftsstelle der Kunstkommission sind keine rassistisch motivierten Vorfälle bekannt.

Proaktiv wird aber in der geänderten Richtlinie "Kunst im öffentlichen Raum" die Diversität verankert:
§6 (4) Bei der Besetzung des Gremiums ist die Abbildung der Vielfalt der Geschlechter anzustreben. Darüber hinaus ist die Berücksichtigung weiterer Diversitätsmerkmale wünschenswert.

Mahn- und Gedenkstätte:
Bei der Mahn- und Gedenkstätte sind keine rassistischen Vorfälle bekannt.

Restaurierungszentrum:
Am Restaurierungszentrum sind keine rassistisch motivierten Vorfälle bekannt.

Filmmuseum:
Beim Filmmuseum sind keine rassistisch motivierten Vorfälle bekannt.

Kunsthalle und KIT:
Es sind keine rassistisch motivierten Fälle bekannt.
Vor einigen Monaten haben beide Häuser (KIT und Kunsthalle) gemeinsam eine Diversitäts-AG gegründet, die sich u.a. intensiv mit dem Thema beschäftigt und Vorschläge für aktive Antidiskriminierungsarbeit erarbeitet.

Hetjens-Museum:
Bisher wurde weder von Besucher*Innen, noch von Mitarbeiter*Innen ein rassistisch motivierter Vorfall gemeldet.