Verhalten von OSD-MitarbeiterInnen

Ordnungs- und Verkehrsausschuss

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Ordnungs- und Verkehrsausschusses am 20. März 2019:
Es gibt zahlreiche, übereinstimmende Informationen, dass der OSD bei Wohnungslosen verkürzte, nicht rechtskonforme Ordnungswidrigkeitsverfahren durchführt. Den Betroffenen wird demnach die Zusendung eines Anhörungsbogens an ihre hinterlegte Postadresse bei Fiftyfifty, der Diakonie oder anderen Einrichtungen verweigert. Stattdessen behält der OSD von Menschen ohne festen Wohnsitz direkt das Ordnungsgeld oder eine „Sicherheitsleistung“ in Form von Wertgegenständen wie dem Mobiltelefon ein.

Diese Praxis des OSD ist nach Auffassung der LINKEN rechtswidrig. OSD-MitarbeiterInnen dürfen nicht in den Richtervorbehalt eingreifen, indem sie faktisch Beschlagnahmungen vornehmen.

Völlig unangebracht ist nach Auffassung der LINKEN der Einsatz von OSD-MitarbeiterInnen in Zivilkleidung gegen Menschen, die auf der Straße leben.                                                                                                

Die zahlreichen Hinweise machen es notwendig, dass die Stadt die Dienstberichte des OSD und andere Quellen im Hinblick auf mögliche Rechtsverstöße auswertet.

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. In wie vielen Fällen führten OSD-MitarbeiterInnen seit 2016 Streifengänge oder Amtshandlungen in Zivilkleidung durch (bitte aufgeschlüsselt nach Jahr und Begründung) und wie bewertet die Verwaltung dies rechtlich? 
     
  2. Wie viele Beschwerden über das Verhalten von OSD-MitarbeiterInnen sind seit 2016 eingereicht worden (bitte aufgeschlüsselt nach Jahr und Anlass) und wo informiert die Stadt über den Beschwerdeweg?                           
     
  3. In wie vielen Ordnungsverfahren wurden seit 2016 Anhörungsbögen an hinterlegte Postadressen von Wohnungslosen übersandt und in wie vielen Fällen wurde stattdessen das Einbehalten einer Sicherheitsleistung dokumentiert (bitte aufgeschlüsselt nach Jahr, Art der Sicherheitsleistung und Begründung)?

Mit freundlichen Grüßen
 

Anja Vorspel                     Georg Blanchard                             Lutz Pfundner

 

Antwort der Verwaltung am 20.03.2019 (Beigeordneter Zaum)

Vorbemerkung:
Die Sachverhaltsdarstellung enthält zum wiederholten Male zahlreiche Verstöße gegen die Geschäftsordnung des Rates und überdies unwahre Tatsachenbehauptungen.
Insbesondere ist es unwahr, dass seitens des Ordnungsamtes »verkürzte, nicht rechtskonforme Ordnungswidrigkeitenverfahren« durchgeführt würden:
Die Erhebung von Verwarnungsgeldern bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten (bis 55 Euro) ist im Gesetz zur schnellen und unbürokratischen Erledigung eines Falles ausdrücklich vorgesehen (§ 56 OWiG), sie setzt aber immer das Einverständnis des Betroffenen voraus.
Die Erhebung einer Sicherheitsleistung von Personen, die wegen eines fehlenden Wohnsitzes in Deutschland ansonsten für das weitere Verfahren nicht erreichbar wären, sichert lediglich die Durchführung des vollständigen Bußgeldverfahrens ab, es gibt keinerlei Verfahrensänderung gegenüber anderen Bußgeldsachen. Die Sicherheitsleistung soll nur verhindern, dass sich der Betroffene dem Verfahren sanktionslos entziehen kann.

zu Frage 1: OSD-Mitarbeiterinnen und OSD-Mitarbeiter nehmen ihren Dienst grundsätzlich in Uniform wahr, damit sie für Bürgerinnen und Bürger leicht erkennbar und ansprechbar sind. Zu ihren Aufgaben gehört allerdings auch die Überwachung von Vorschriften, gegen die vor allem dann verstoßen wird, wenn die Betroffenen eine Ahndung nicht befürchten, wie zum Beispiel das Jugendschutzgesetz, die Sperrbezirksverordnung sowie die Verpflichtungen zum Anleinen von Hunden und zur Beseitigung von Hundekot. Bei Einsätzen mit diesen Schwerpunkten wird der Dienst regelmäßig in Zivilkleidung wahrgenommen. Dies ist regelmäßiger Gegenstand von Pressemitteilungen. Statistiken über Einsätze in Zivil werden nicht geführt, der Anteil wird auf ca. 1-2 Prozent der Streifendienste geschätzt.
Rechtlich ist die Arbeit städtischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zivil der Regelfall und die Anordnung der Uniformpflicht für den Ordnungs- und Servicedienst die Ausnahme, die vom Gedanken der Ansprechbarkeit getragen ist. Es bestehen keinerlei Bedenken zeitweilig auf Uniform und Ansprechbarkeit zu verzichten, wenn ansonsten die Zielerreichung nicht gewährleistet ist. Regelmäßig beklagen sich Bürger darüber, dass bestimmte Verhaltensweisen nur dann an den Tag gelegt würden, wenn keine OSD-Kräfte zu sehen seien, und dass uniformierte Kräfte deshalb bei ihren Streifengängen kein realistisches Lagebild  wahrnehmen könnten.
Vor Eintritt in behördliche Maßnahmen stellen sich selbstverständlich alle Mitarbeiter ordnungsgemäß vor und weisen sich auf Verlangen aus (siehe z. B. § 57 OWiG und § 13 OBG).

zu Frage 2: Der Ordnungs- und Servicedienst nimmt pro Jahr rund 95.000 Einsätze und Überprüfungen vor.
Die Zahl der eingereichten Beschwerden über unangemessenes, dienst- oder pflichtwidriges Verhalten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ordnungs- und Servicedienstes liegt demgegenüber bei knapp 40 pro Jahr (2016: 40; 2017: 38; 2018: 32) und damit im Promillebereich.
Die Landeshauptstadt Düsseldorf eröffnet nebeneinander und ohne Stufenverhältnis zahlreiche verschiedene Beschwerdewege, zwischen denen die Betroffenen nach städtischer Praxis frei wählen können. In seinen Bescheiden informiert das Ordnungsamt jeweils einzelfallbezogen über die einschlägigen Rechtsbehelfe.

zu Frage 3: Maßnahmen zur Sicherung der Durchführung des Bußgeldverfahrens und der Vollstreckung des Bußgeldbescheides richten sich nach §§ 46 OWiG i. V. m. 132 StPO. Sie treffen alle Menschen gleichermaßen, die in der Bundesrepublik Deutschland keinen Wohnsitz oder festen Aufenthalt haben. Wohnsitzlose deutsche Staatsbürger machen nur einen untergeordneten Teil dieser Gruppe aus, der weit überwiegende Teil betrifft ausländische Staatsbürger.
Die Verpflichtung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten sowie die Anordnung einer Sicherheitsleistung sind kumulativ zulässig. Die angefragten Maßnahmen stehen also nicht in einem Ausschließlichkeitsverhältnis zueinander.
Beim Ordnungsamt wird entsprechend Ziffer 60 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) eine Liste möglicher Zustellungsbevollmächtigter geführt, in das sich Vertreter sozialer Organisationen und Einrichtungen gern eintragen lassen können. Bislang war keine der angefragten Einrichtungen dazu pauschal bereit.
»Fifty-fifty« hatte zwar Anfang 2018 öffentlich angekündigt, Zustellungsbevollmächtigte bereitzuhalten, diese Ankündigung wurde durch ihren Geschäftsführer später – allerdings ohne Information der Medien - zurückgezogen.
Eine förmliche Zustellung an Postfächer – wie sie in der Frage impliziert wird – lässt das einschlägige Landeszustellungsgesetz zum Schutz der Betroffenen nicht zu, weil bei einem Postfach nicht sichergestellt wäre, dass der Betroffene rechtzeitig vom Inhalt des Schriftstückes Kenntnis erlangen und ggf. Rechtsbehelfe einlegen kann. Erforderlich ist deshalb entweder eine eigene Wohnanschrift für die Zustellung mittels
Postzustellungsurkunde (§ 3 LZG) oder die Wohn- oder Geschäftsanschrift eines ausdrücklich Bevollmächtigten (§ 7 LZG).
Das Merkmal der Wohnungslosigkeit wird im Ordnungsamt nicht gesondert erfasst, weil es für die Fallbearbeitung unerheblich ist. Es ist daher auch statistisch nicht auswertbar.
Die Sicherheitsleistungen und Beschlagnahmen (ohne Verkehrsordnungswidrigkeiten) wurden nunmehr manuell ausgewertet. Es ergeben sich folgende Werte:

 

2018

2017

2016

Sicherheitsleistungen

6

5

1

Beschlagnahmte Gegenstände

3

6

8


Die Betroffenen in diesen Verfahren waren in sechs Fällen deutsche Staatsbürger ohne festen Wohnsitz und in siebzehn Fällen ausländische Staatsbürger ohne Wohnsitz in Deutschland; in sechs Fällen wurde die Staatsangehörigkeit nicht bekannt.