Wohnungslosigkeit von Frauen in Düsseldorf

Gleichstellungsausschuss

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Gleichstellungsausschusses am 02. Oktober 2018:
In Nordrhein-Westfalen steigt die Zahl der wohnungslosen Menschen seit Jahren kontinuierlich. Aus der „Integrierten Wohnungsnotfall-Berichterstattung 2017 in Nordrhein-Westfalen“ geht hervor, dass über 32000 Menschen in diesem Bundesland wohnungslos sind.

Weiterhin zeigt die „Integrierte Wohnungsnottfall-Berichterstattung“, dass am Stichtag des 30. Juni 2017 unter den erfassten Wohnungslosen 9524 weiblich waren. Das entspricht einem Anteil von 30,3 Prozent. Trotz dieser Entwicklung werden die geschlechtsspezifischen Verlaufsformen von Wohnungslosigkeit bei Frauen bisher noch unzureichend beachtet. 

In der Rheinischen Post vom 06. Juli 2018 äußert sich der NRW-Sozialminister Laumann wie folgt: „Dass wohnungslose Frauen dennoch in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden, liegt daran, dass sie oft alles unternehmen, um ihre Wohnungslosigkeit nicht zu zeigen. Wesentlich häufiger als Männer kommen sie vorübergehend bei so genannten Bekannten unter, die aber im Gegenzug nicht selten sexuelle Dienstleistungen verlangen.

DIE LINKE. Ratsfraktion Düsseldorf fragt an: 

  1. Wie viele wohnungslose Frauen leben aktuell in Düsseldorf (aufgeschlüsselt nach Frauen, die alleinerziehend, minderjährig, über 67 Jahre sind oder eine Behinderung haben)?
     
  2. Wie viele Frauenplätze waren im vergangenen Jahr in Düsseldorf in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und in Notschlafstellen untergebracht bzw. übernächtigten dort und wie viele Plätze für Frauen gibt es (aufgeschlüsselt nach Unterkunft und Frauen, die alleinerziehend, minderjährig, über 67 Jahre sind oder eine Behinderung haben)?
     
  3. Wie berücksichtigt die Verwaltung die geschlechtsspezifischen Ursachen und Formen der Wohnungslosigkeit bei Maßnahmen zur Prävention und Unterstützung wohnungsloser Frauen?

Freundliche Grüße
 

Petra Müller-Gehl                Cornelia Schlemper             Angelika Kraft-Dlangamandla

 

Antwort der Verwaltung am 02.10.2018 (Oberbürgermeister Geisel)

Die Beantwortung der Fragen erfolgt seitens des Amtes für Migration und Integration.
Vorbemerkung:
Die Anfrage bezieht sich auf die integrierte Wohnungsnotfallberichterstattung des Landes NRW, die auf getrennten Anfragen an Kommunen und freie Träger der Wohnungslosenhilfe beruht. In Düsseldorf werden die örtlichen Ergebnisse im „Jahresbericht der Arbeitsgemeinschaft nach § 4 i. V. m. §§ 67 ff. SGB XII und Sachstandbericht zum Thema Hilfen für obdachlose und wohnungslose Menschen“ zusammengefasst, der jährlich gemeinsam von den Trägern der Wohnungslosenhilfe (Hilfen für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten nach § 67 SGB XII) und der Kommune (Hilfen zur Unterbringung nach dem Ordnungsbehördengesetz) erstellt wird. Der Jahresbericht 2017 (Vorlage 50/61/2018) wurde dem Ausschuss für Gesundheit und Soziales in seiner Sitzung am 29.08.2018 vorgelegt.
Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet.

zu Frage 1 und 2: Nach einer aktuell gemeinsam durch das Amt für Migration und Integration, den Ordnungs- und Servicedienst und die Träger der Wohnungslosenhilfe durchgeführten Zählung leben in Düsseldorf rund 180 – 200 Menschen dauerhaft auf der Straße, darunter ca. 10% Frauen. Frauen mit minderjährigen Kindern wurden dabei nicht bekannt.
Aus dem Jahresbericht der Arbeitsgemeinschaft nach § 4 i.V. mit §§ 67 ff SGB XII gehen die folgenden frauenspezifischen Angaben hervor:

Hilfeart

Nutzende in 2017

Anteil Frauen in  %

Stationäre Einrichtungen nach § 67 einschl. betreutem Wohnen

Stichtagszählung: 901

22,9

Notschlafstellen

1.462

24,0

Fachberatungsstellen

2.937

22,8

Streetwork

Anzahl der Kontakte: 10.905

13,9

Tagesstätten für Wohnungslose

Stichtagszählung: 264

10,6

Notunterkünfte und Probewohnungen Alleinstehende

Stichtagszählung: 518

26,0

Notunterkünfte und Probewohnungen Mehrpersonenhaushalte mit und ohne minderjährige Kinder

Stichtagszählung: 411 Personen

Keine Auswertung


Die Auswertung zeigt, dass der Anteil von Frauen in Unterbringungsangeboten insgesamt rund 25% beträgt. Der Anteil in Tagesstätten oder bei Kontakten zur Streetwork ist mit 10,6% bzw. 13,9% deutlich geringer. Daher belegt die Auswertung die Vermutung, dass versteckte Obdachlosigkeit in Form prekärer Wohnverhältnisse bei Frauen stärker ausgeprägt ist als bei Männern. Konkrete Angaben zu prekären Wohnsituationen liegen der Verwaltung nicht vor.
Minderjährige werden im Bereich der Wohnungslosenhilfe und im Rahmen des Ordnungsbehördengesetzes nur im Familienverbund untergebracht, für alleinstehende Minderjährige besteht eine Zuständigkeit des Jugendamtes.
Eine gesonderte Auswertung zur gewünschten Altersgrenze (über 67 Jahre) und zu einer vorliegenden Behinderung erfolgt im Rahmen der regelmäßigen Berichterstattung nicht. Aufgrund der besonderen Lebenssituation wohnungsloser Frauen wird aber davon ausgegangen, dass physische und psychische Behinderung hier überdurchschnittlich häufig vertreten sind.

zu Frage 3: Die Situation und Unterstützung wohnungsloser Frauen ist einer der Schwerpunkte der Arbeit der Arbeitsgemeinschaft nach § 4 i. V. m. §§ 67 ff. SGB XII. Hierdurch konnte das Hilfesystem auch differenziert auf die Bedarfe von Frauen ausgerichtet werden. Der Jahresbericht 2017 hat hierzu folgende Aussagen getroffen:

„Mit der Fachberatung für Frauen nach § 67 SGB XII (Landschaftsverband und Stadt), der Icklack – Wohnen für Frauen (Landschaftsverband, ebenfalls im Rahmen § 67 SGB XII) und der großen und kleinen Ariadne – Notaufnahme für Frauen, betreut von der Diakonie Düsseldorf und finanziert durch die Obdachlosenbehörde und durch Spendenmittel, hält Düsseldorf bereits ein differenziertes Hilfesystem im Frauenbereich vor.
Durch die Bereitstellung einer separaten Frauenunterkunft durch die Stadt Düsseldorf im Rahmen der Obdachlosenarbeit konnte die Ariadne in 2017 zudem deutlich entlastet werden: von 149 % Auslastung in 2016 auf 115 % Auslastung in 2017. Trotzdem ist die Anzahl der untergebrachten Personen in der Ariadne gleich hoch geblieben: 321 Frauen wurden in 2017 untergebracht. Hinzu kommen 68 Kinder, von denen 31 in der Kleinen Ariadne untergebracht werden konnten. Hintergrund für die Zahlen ist zum einen eine hohe Fluktuation, zum anderen die Ausweitung der städtisch finanzierten Kapazität der Ariadne (20 Plätze) durch die mit Spendenmitteln finanzierte „kleine Ariadne“ (4 Zimmer für Frauen mit Kindern) sowie die im Jahre 2016 noch mit einbezogene Ausweichunterbringung in einer städtischen Notunterkunft.
Mit der Unterbringung von 10 Frauen aus der Ariadne in der städtischen Frauenunterkunft konnte in 2017 die von der Stadt zur Verfügung gestellte Ausweichstelle geschlossen werden. Bei Überbelegung konnte und musste in Einzelfällen in Hotels ausgewichen werden.
Damit konnte für die Unterbringungssituation von Frauen in akuter Notlage eine deutliche Verbesserung geschaffen werden. Nach wie vor aber ist der Anteil psychisch auffälliger bzw. psychisch kranker Frauen in der Ariadne sehr hoch, eine Doppelbelegung der Zimmer krankheitsbedingt nicht immer möglich. Hier will die Diakonie Düsseldorf mit der Icklack 2.0 – einer niedrigschwelligen Einrichtung für psychisch kranke und suchtkranke Frauen nach §§ 67 ff. SGB XII mit 20 Plätzen – Entlastung schaffen. Das Konzept wurde bereits vom Landschaftsverband Rheinland anerkannt, ein möglicher Standort dafür ist gefunden.
Des Weiteren können Anfang 2018 durch Umzug der Fachberatungsstelle und des Betreuten Wohnens für Frauen zwei weitere Zimmer in der Ariadne umgerüstet und bereitgestellt werden.“