Düsseldorfer Straßenordnung (DStO)

Ausschuss für Ordnung und Verkehr

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Ordnungs- und Verkehrs-ausschusses am 18. März 2015:  Seit langem steht die Düsseldorfer Straßenordnung (DStO) – hier insbesondere der § 6 „Störendes Verhalten auf Straßen und in Anlagen“ – in der Kritik. § 6 DStO verbietet Handlungen, die nach Meinung der Stadt ein Eingreifen der Ordnungsbehörden rechtfertigt, etwa das Lagern und Lärmen. Die Tatbestände sind generalklauselartig formuliert, so dass der Anwendungsbereich der Vorschriften kaum abgrenzbar ist. Im Wortlaut heißt es im § 6: 

„Auf Straßen und in Anlagen ist jedes Verhalten untersagt, das geeignet ist, andere mehr als nach den Umständen unvermeidbar zu behindern oder zu belästigen, insbesondere

  • aggressives Betteln (unmittelbares Einwirken auf Passanten durch In-den-Weg-Stellen, Einsatz von Hunden als Druckmittel, Verfolgen oder Anfassen),
  • Lagern in Personengruppen (wenn sich diese an denselben Orten regelmäßig ansammeln und dabei Passanten bei der Nutzung des öffentlichen Straßenraumes im Rahmen des Gemeingebrauchs behindern),
  • Störungen in Verbindung mit Alkoholgenuss (z. B. Grölen, Anpöbeln von Passanten, Gefährdung anderer durch Herumliegenlassen von Flaschen oder Gläsern),
  • Verrichtung der Notdurft,
  • Nächtigen, insbesondere auf Bänken und Stühlen sowie das Umstellen von Bänken und Stühlen zu diesem Zweck,
  • Lärmen.“

Aus Sicht der LINKEN eröffnet dieser Paragraph dem Ordnungs- und Servicedienst (OSD) Handhaben, durch die Randgruppen noch stärker, gezielter und konsequenter aus der Innenstadt vertrieben werden können. Solche Vorgehensweisen werden durch den Paragraphen als ordnungspolitisch notwendige Maßnahme legitimiert.

Vertreterinnen und Vertreter des „Initiativkreises Armut“ (ein Zusammenschluss von Menschen aus rund 20 Düsseldorfer Initiativen) und des „Bündnis‘ für bezahlbaren Wohnraum“ schickten Ende vergangenen Jahres einen offenen Brief an den Düsseldorfer Oberbürgermeister und die Fraktionen des Rates. Der Brief schließt mit den Sätzen: 

„Es darf keine Verordnungspunkte geben, die sich explizit gegen Arme richten. §6 der Straßenordnung sollte komplett gestrichen werden. Nötigungen, Bedrohung und Gewalt kann und soll durch die bestehenden Gesetze geahndet werden. Gegen die unmittelbaren Folgen der aktuellen Armut bedarf es sozialpolitischer Maßnahmen.“ 

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an: 

  1. Wie viele Verfahren wurden im Zusammenhang mit dem § 6 DStO in den vergangenen fünf Jahren eingeleitet (aufgeschlüsselt nach Jahren)?
  1. Wie viele von diesen Verfahren haben zu einer Verurteilung geführt?
  1. Wie hoch war in den vergangenen fünf Jahren die Gesamtsumme der Bußgelder nach § 6 DStO und wie hoch war die durchschnittliche Bußgeldhöhe (aufgeschlüsselt nach Jahren)?


Freundliche Grüße   

Georg Blanchard                                  Anja Vorspel                            Lutz Pfundner

 

Antwort der Verwaltung am 18.03.2015 (Beigeordneter Dr. Keller)

Aus Sicht der Verwaltung kann nicht bestätigt werden, dass Verstöße gegen § 6 der Düsseldorfer Straßenordnung vorrangig von Menschen mit Lebensmittelpunkt auf der Straße (in der Anfrage als "Randgruppen" bezeichnet) begangen würden. Insbesondere bei der Verrichtung der Notdurft (Wildpinkeln) handelt es sich vielmehr um eine Ordnungswidrigkeit, die bei hinreichender Alkoholisierung von Menschen aller Bevölkerungsgruppen begangen wird.

Die Fragestellung richtet sich auf einen Nebenaspekt der ordnungsbehördlichen Verordnung. In der Hauptsache dient sie dazu, unerwünschte Verhaltensweisen, durch die andere mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt werden, bereits im Vorfeld zu unterbinden sowie gegenwärtige Störungen mit den Mitteln des Gefahrenabwehrrechts abzustellen. Im Jahr 2000 erfolgte daher eine Überarbeitung des § 6, bei der Wert auf die Konkretisierung der tatbestände gelegt wurde.

Der überwiegende Teil der Großstädte in NRW und deutschlandweit haben vergleichbare Regelungen erlassen.

zu Frage 1: Es wird unter Berücksichtigung der nachfolgenden Fragen unterstellt, dass mit "Verfahren" die in § 15 der Düsseldorfer Straßenordnung aufgeführten Ordnungswidrigkeiten gemeint sind.
Die angefragten Daten liegen nur für das vergangene Jahr vor, die Zahlen dürften sich aber auch in den Vorjahren in vergleichbaren Größenordnungen bewegt haben. Im Jahr 2014 wurden 333 Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Verstößen gegen § 6 der Düsseldorfer Straßenordnung eingeleitet. Davon entfielen 331 auf "Verrichtung der Notdurft".

Ferner wurden jeweils ein Verfahren wegen störendem Alkoholgenuss sowie eines wegen Belästigung der Allgemeinheit durch unnötiges Lärmen eingeleitet.

zu Frage 2: Das Ordnungswidrigkeitenrecht sieht keine Verurteilung des Betroffenen vor, sondern regelmäßig das Angebot eines Verwarnungsgeldes bzw. den Erlass eines Bußgeldbescheides. In den oben genannten Verfahren hat die Hälfte der Betroffenen das Verwarnungsangebot angenommen, in der anderen Hälfte der Verfahren wurden Bußgeldbescheide erlasdsen.

In dem Verfahren wegen Belästigung der Allgemeinheit wurde Einspruch eingelegt, über den das Gericht noch nicht entschieden hat.

zu Frage 3: Bei Verstößen gegen § 6 DStO wird regelmäßig ein Verwarngeld von 35,- Euro angeboten. Ist der Betroffene nicht mit einer Ahndung durch Verwarngeld einverstanden und kommt es zum Erlass eines Bußgeldbescheides, so erhöht sich der insgesamt zu zahlende Betrag wegen der gesetzlichen Gebühren und Auslagen auf 63,50 Euro.
Für die im Jahr 2014 begangenen Taten wurden Verwarn- bzw. Bußgelder in Höhe von 11.655,00 Euro verhängt, hinzu kamen Kosten und Auslagen bei Bußgeldbescheiden in Höhe von 4.759,50 Euro.