Rede zum Haushalt 2024

gehalten von Sigrid Lehmann am 14.12.2023 im Rat

Chancen nutzen für eine soziale Stadt

Sehr geehrte Düsseldorferinnen und Düsseldorfer,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Kommunen müssen in die Bewahrung der Lebensgrundlagen und der Lebensqualität investieren. Zur Finanzierung dieser Investitionen müssen diejenigen ihren gerechten Beitrag leisten, deren Vermögen auch während der Krisen wachsen. Unsere Vorschläge dazu waren und sind eine Erhöhung des Hebesatzes der Gewerbesteuer, eine faire Beherbergungssteuer sowie die Einsparung von Opernneubau und Kirchentagsmitfinanzierung.

Ein LINKER Politikentwurf für den Düsseldorfer Haushalt ist dringend nötig, denn der vorlegte Haushaltsentwurf geht an den Bedürfnissen der Düsseldorfer:innen vorbei. Protzbauten sollen entstehen, gleichzeitig geraten zu viele Menschen in finanzielle Notlagen.

Beinahe zwanzig Anträge vor allem zu den Politikfeldern Soziales, Wohnen und Klimaschutz bringen wir in diese Haushaltsberatungen ein. Jeder einzelne steht für eine nötige Verbesserung für diese Stadt und ihre Einwohner:innen.

Über Jahrzehnte haben CDU und SPD den Düsseldorfer Wohnungsmarkt Spekulanten überlassen. Bis zu 80 Prozent aller Wohnungen wurden „frei finanziert“ oder „preisgedämpft“ – sprich: die Preise durften ruhig unbezahlbar sein. 18.000 Sozialwohnungen hat Düsseldorf seit 2005 verloren. DIE LINKE hat als einzige Fraktion seit über zehn Jahren immer gefordert, dass wenigstens 50 Prozent der Neubauwohnungen Sozialwohnungen sein müssen.

In Düsseldorf haben fast alle im Stadtrat dem Verkauf von Grundstücken der Altstadt an Benkos Signa zugestimmt. DIE LINKE stand mit ihren Warnungen vor dem Spekulanten René Benko allein. Aber immer noch beschäftigen sich CDU und Grüne lieber mit Prestigebauten als mit dem kommunalen Wohnungsbau. Die Aufmerksamkeit des Oberbürgermeisters gehört vor allem Projekten wie dem Opernneubau, dem Calatrava-Bouldevard auf der Kö und dem Umbau des Carsch-Hauses in ein KaDeWe. Millionen werden in Betongold versenkt.

Mit dieser Politik sollte jetzt Schluss sein. Signa ist pleite, die Blase ist geplatzt und wir stehen vor Bauruinen mitten in der Innenstadt. Diese Ruinen sollten der Stadt eine Mahnung sein, dass sie ein gesundes Misstrauen gegen größenwahnsinnig scheinende Bauvorhaben entwickelt – und dass Geltungssucht ein schlechter Ratgeber ist.

Städtisches Geld gehört in Bauprojekte, die den Menschen in Düsseldorf etwas nützen, nicht in Luftschlösser. Deshalb beantragt DIE LINKE zwanzig Millionen mehr pro Jahr für Wohnungsbaugrundstücke, die an die Städtische Wohnungsbaugesellschaft SWD vergeben werden. Wohnungen in öffentlicher Hand müssen keine Gewinne für Anleger erwirtschaften - daher können sie bezahlbar bleiben. Das ist eine wirkliche Generationeninvestition, für die es sich lohnt, Millionen, ja Milliarden zu investieren. Weiterhin beantragt DIE LINKE ein städtisches Referat für bezahlbares Wohnen. Die Stadt muss sich angesichts der Wohnungsnot klar auf die Seite von Mieter:innen stellen.

Die Klimakatastrophe ist die bedrohlichste Krise der Gegenwart und wird weiterhin durch fossile Kräfte angeheizt, auch in Düsseldorf.

Da eine echte Energiewende auch von Bundesregierungen seit Jahrzehnten politisch verhindert wurde und daher nicht genügend erneuerbare Energie vorhanden ist, sollte nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zunächst Energie eingespart werden. Auch kommunal. Passiert das eigentlich noch?

Wir werden uns auch weiter für den beschleunigten Ausbau der Windenergie und solaren Stromerzeugung einsetzen. Dazu gehört z.B. die Förderung der Balkonsolaranlagen, die auf unsere Anregung in Düsseldorf mittlerweile erfolgreich eingeführt wurde.

Nachdem die Umrüstung der Düsseldorfer Gaslaternen viel zu lange diskutiert wurde, begrüßen wir nun endlich die Umsetzung. DIE LINKE hatte sie bereits im September 2022 beantragt. Ein energiepolitisch verlorenes Jahr!

Das Verwaltungsgericht hat bestätigt, dass die Erzeugung erneuerbarer Energien von überragendem, öffentlichen Interesse ist. Was für Golzheim gilt, dürfte auch für dieses Rathaus gelten. Also: PV auf´s Rathaus! Anhand des neuen Luftbilds auf maps.duesseldorf.de lässt sich das Potenzial auch hier gut erkennen. Worauf warten Sie also?

An der Debatte über die Eisfläche am Corneliusplatz wurde beispielhaft deutlich, wie ernst es der Ratsmehrheit wirklich mit Nachhaltigkeit ist, nämlich gar nicht: die fossile Party soll einfach unverändert weitergehen.

Auch in Düsseldorf wirken sich schlechte Umweltbedingungen und ein Mangel an Grün- und Erholungsflächen negativ auf Biodiversität, Stadtklima, Gesundheit, Lebensqualität und Wirtschaft aus.

Daher treten wir als LINKE für mehr Grün- und Freiräume in Düsseldorf ein, um die Lebensqualität aller zu erhöhen, um damit auch zum Erhalt der biologischen Vielfalt sowie zur Abmilderung der Klimafolgen beizutragen. Wir begrüßen deshalb, dass nach unserem beharrlichen Fordern nun doch Mikrowälder entstehen sollen.

Die Aufenthalts- und Lebensqualität in der Stadt muss verbessert werden, denn die Gesundheit von alten und kranken Menschen ist durch die immer häufiger werdenden Extremwetterereignisse stark gefährdet.

Deshalb fordern wir echtes Begrünen, mehr Personal, Schutz des Baumbestands besonders bei Veranstaltungen, aber offensichtlich ist eine kommerzielle Nutzung immer wieder wichtiger als gesunde Stadtökologie.

Beim Thema Schutz vor den Auswirkungen der Klimakatastrophe wie Starkregen wird viel von der Stadt der Zukunft - von der Schwammstadt - gesprochen. Allerdings bräuchte es dafür Entsiegelungen - nicht nur auf Schulhöfen -, um deutlich größere Areale für Grünflächen, Pocketparks und Mikrowälder zu schaffen. Auch muss der alte Baumbestand ambitionierter gepflegt und vor geplanten Fällungen wie auf dem Messeparkplatz und im Hofgarten geschützt werden.

Wir danken dem Einsatz von Bürger:innen, die durch jahrelange Proteste verhindert haben, dass der Konrad-Adenauer-Platz in der aktuellen Planung umgesetzt wird. Auch dort müssen die Bäume bleiben, denn das geplante Verkehrskonzept ist im Sinne einer Verkehrswende nicht mehr zeitgemäß. Die Düsseldorfer:innen verlangen einen Platz für Menschen und nicht für Autos.

Wenn Düsseldorf wirklich klimaneutral werden möchte, muss es eine Verkehrswende aktiv und konsequent vorantreiben.

Mobilität ist unverzichtbarer Teil des täglichen Lebens und betrifft alle. Verkehr ist jedoch einer der größten CO2-Verursacher. Die bisherigen Anstrengungen werden das Ziel verfehlen, besonders durch mangelnde CO2-Einsparungen im Verkehrssektor.

„Der Verkehr in Düsseldorf verzeichnet im Verhältnis zu anderen Großstädten einen hohen Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV) am Gesamtverkehrsaufkommen.“ Diese Beschreibung aus dem „Mobilitätsplan D“ von 2019 stellt den Ist-Zustand damals so gut wie heute dar.

In vier Jahren hat sich im Sinne einer sichtbaren Verkehrswende mit Raumumverteilung zugunsten des Umweltverbundes nicht viel getan.  Dabei kostet der Autoverkehr die Kommune das Dreifache des ÖPNV. Der Radverkehr verursacht die geringsten Kosten und erhält immer noch die geringsten Zuschüsse.

Anstatt die Verkehrswende voranzubringen, bleibt Düsseldorf Autostadt. Der Trend zum Zweit- oder Drittauto ist weiter gestiegen und auch die Zahlen der Kfz-Anmeldungen steigen.

„Düsseldorf staufrei“ und „Fahrradhauptstadt Düsseldorf“ waren die Wahlversprechen des Oberbürgermeisters.

Ein Widerspruch?

Nur scheinbar, denn eine durchgehende Fahrradinfrastruktur reduziert die motorisierten Verkehre, so dass Staufreiheit für die verbleibenden Autos und LKW wahrscheinlicher wird.

Beide Wahlversprechen wurden jedoch nicht annähernd eingelöst.

Der Ausbau der Radwege kommt nicht voran, wird auf kommende Jahre verschoben, Lückenschlüsse fehlen komplett oder werden nur auf einer Straßenseite gebaut. Aktuell werden sogar mehr Radwege zurückgebaut als gebaut oder zugunsten von Events einfach gesperrt.

Alles zu zögerlich, zu wenig, zu mutlos und sogar gefährlich: eine miserable Bilanz.

Erneut beantragt DIE LINKE einen autofreien Tag, damit den Menschen ein alternatives Mobilitätsangebot zum Auto gemacht wird und alle an diesem Tag die veränderte Lebensqualität in der Stadt genießen können.

Das Erfolgsmodell Lastenradförderung soll es auf persönlichen Wunsch des Oberbürgermeisters nicht mehr geben, obwohl Lastenräder in der Innenstadt Autofahrten ersetzen und damit einen Beitrag zur Verkehrswende leisten. So hat das städtische Förderprogramm bisher 357 Tonnen CO2 eingespart. DIE LINKE wird daher beantragen, dass die Förderung weitergeht - und endlich auch Haushalte mit wenig Einkommen erreicht.

Gleichzeitig vernachlässigen CDU und Grüne die soziale Komponente der Verkehrspolitik. Sozial und ökologisch, das gehört zusammen. Deshalb beantragt DIE LINKE einen Sozialrabatt auf das so genannten „DeutschlandTicket Sozial“. Jede und jeder soll sich umweltfreundliche Mobilität leisten können – ob mit dem ÖPNV oder dem Lastenfahrrad.

DIE LINKE plädiert weiterhin für einen Erhalt des denkmalgeschützten Opernhauses und des Gartendenkmals Hofgarten. DIE LINKE lehnt den Bau eines neuen Operngebäudes ab. Eine Tageszeitung rechnete vor, dass die Stadt bei einer Kreditaufnahme von 700 Millionen Euro zur Finanzierung des Bauvorhabens 40 Jahre lang jährlich aus dem Haushalt einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag zahlen müsste, wenn es keine Kostensteigerung gibt. Das neue Opernhaus kostet also mindestens 1,27 Milliarden Euro.

Jährlich zweistellige Millionensummen zu investieren, ist eine Zukunftsentscheidung, eine Richtungsentscheidung für nachfolgende Generationen. Der Opernneubau ist die falsche Entscheidung.

Der Oberbürgermeister behauptete, die 750 Millionen für den Opern-Neubau stünden nicht in Konkurrenz zu anderen Ausgaben. Keine KiTa solle wegen der Oper weniger gebaut werden, kein anderes Kulturprojekt weniger gefördert werden.

Wie soll das gehen?

Welches Tafelsilber soll diesmal verscherbelt werden?

Weitere Grundstücke und städtische Immobilien?

Nicht mit uns!

Das Geld wird anderswo dringender gebraucht. Inzwischen haben sich die Grünen dieser Einschätzung angeschlossen.

Der Opernneubau wird Düsseldorf das Geld kosten, das in neue Wohnungen, besseren ÖPNV, und Erhaltung der Infrastruktur investiert werden müsste. Opernneubau und Wohnungsbau gleichzeitig zu finanzieren, ist unseriös.

Bereits mit diesem Haushalt muss der Stadtrat die sozialen Folgen der Krisen auffangen, statt in Prestigeprojekte zu investieren.

Deshalb beantragt DIE LINKE, die 1,3 Millionen für die Vorbereitung und Planung des Opernneubaus zu streichen und mit diesem Geld die Arbeit der Wohlfahrtsverbände in der Flüchtlingsberatung weiterzufinanzieren. Wir brauchen angesichts der Kürzungen der Bundesregierung einen Sozialtarif der Stadtwerke. Wir brauchen eine Verstetigung der sozialen Leistungen, die Düsseldorf bisher aus den Mitteln des NRW-Stärkungspakts finanziert hat. Und wir brauchen einen Düsselpass für alle Menschen, die Anspruch auf Wohngeld haben. Das ist gut investiertes Geld, weil es in Menschenleben investiert wird. Geld, das in städtisches Prestige investiert wird, ist schlecht investiertes Geld.

Daher beantragt DIE LINKE auch heute Investitionen und eine soziale Stadt und fordert das Aus für den Opernneubau.

Im Entwurf des städtischen Haushalts für 2024 fehlen wichtige Investitionen in Soziales, Klimaschutz und die Verkehrswende. Es wird in Ordnungskräfte statt in sozialen Frieden investiert. Geplante Kürzungen in der Flüchtlingsarbeit werden zu gesellschaftlichen Problemen führen. Mit dem Opernneubau wird ein Prestigeprojekt zulasten kommender Generationen eingeleitet.

Aus diesen Gründen lehnt die Fraktion DIE LINKE den vorliegenden Haushaltsentwurf entschieden ab und stellt zahlreiche Änderungsanträge.

Wir möchten uns bei allen Angestellten der Stadt für ihre engagierte Arbeit bedanken.