Angemessene Wohnungsgrößen entsprechend der Neuregelung der Unterkunftskosten nach § 22 SGB II

Ausschuss für Wohnungswesen und Modernisierung

Anfrage der Fraktion DIE LINKE zur Sitzung des Ausschusses für Wohnungswesen und Modernisierung am 21.03.2011:

Aus aktuellem Anlass kommt DIE LINKE. Ratsfraktion Düsseldorf auf die Anfrage „Wohnraumnutzungsbestimmungen – Neuer Sachverhalt“ (Vorlage 64/25/2010) zurück, die in der Sitzung des Ausschusses am 10. Mai 2010 behandelt wurde.

Wir fragen heute, inwieweit sich die Lage bei den Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II durch die Verringerung der Wohnungsgrößen auf den Stand vor 2010 und die aktuelle Entwicklung verändert  hat und nehmen deshalb Bezug auf die letzte Arbeitshilfe des MAIS vom 1. Oktober 2010.

Einführend zitieren wir daraus (gekürzt) die nach dem Gesetz grundlegende Aufgabenstellung:

„Gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht soweit diese ‚angemessen’ sind. Als unbestimmter Rechtsbegriff bedarf die Angemessenheit der Unterkunftskosten einer gesetzeskonformen Auslegung, die eine Einzelfallprüfung voraussetzt und in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die Angemessenheit des Umfangs der Aufwendungen ist an den Besonderheiten des Einzelfalles zu messen. Grundsätzlich ist dabei ein konkret-individueller Maßstab anzulegen.

Der Richtwert für den Mietpreis hat nicht den Charakter einer Pauschale, da er weder Abgeltungswirkung noch eine tatsächlich begrenzende Wirkung hat. Vielmehr soll er eine Orientierung bieten. Er bestimmt sich nach der so genannten Produkttheorie. Hiernach ist der Richtwert das Produkt aus der abstrakt angemessenen Quadratmeterzahl und dem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis.“

Der zurzeit gültige „abstrakt angemessene Quadratmeterpreis“ ist aufgrund einer Erhebung im Frühjahr 2009 festgelegt worden und beträgt 7,70 Euro inklusive Nebenkosten, aber ohne Heizkosten bei Neuanmietung. Dies bedeutet, dass nach Abzug der durchschnittlichen kalten Nebenkosten Wohnungen in Düsseldorf anzumieten sind, deren pro Quadratmeter liegen müssen.

„Abstrakt angemessene Quadratmeterzahl“: In NRW wurden bis Ende 2009 für die angemessenen Kosten der Unterkunft  die Wohnungsgrößen nach Ziff 5.7.1 der VV-WoBindG herangezogen (Wohnungsgrößen wie beim Wohnberechtigungsschein). Mit dem WFNG NRW sind diese Bestimmungen außer Kraft getreten. Die Wohnungsgrößen für den Wohnberechtigungsschein sind ab 1.1.2010 um fünf Quadratmeter angehoben worden. Es hat sich deshalb die Frage ergeben, ob diese Erhöhung auch für die Unterkunftskosten nach SGB II gelten soll.

Die Arbeitshilfe des MAGS vom1.3.2010 hat dies verneint und sich bezüglich der Wohnungsgrößen auf die Wohnraumförderungsbestimmungen (WFB) gestützt. Die Wohnungsgrößen sind deshalb nur um zwei Quadratmeter erhöht worden. Dies war der Stand zur Sitzung des AWM im Mai 2010.

Wir hatten damals ausdrücklich darauf hingewiesen und begründet, dass das Vorgehen nach der Arbeitshilfe vom 1. März 2010 rechtswidrig ist, da die Wohnungsgrößen nach den hier nicht anwendbaren WFB festgelegt wurden, also 47 qm für eine Person zuzüglich 15 qm für jede weitere.

In der Antwort auf unsere frühere Anfrage hieß es:
„Die Verwaltung sieht keinen Anlass, die Hinweise des Landes zu den angemessenen Wohnungsgrößen in Frage zu stellen“.

Diese Hinweise sind jedoch mittlerweile Makulatur:

Nach nur sieben Monaten ist zum 1. Oktober 2010 eine neue Arbeitshilfe des Landes veröffentlicht worden, welche die obige Regelung verwirft und unsere Auffassung bestätigt, dass die Wohnungsgrößen nach den Wohnraumförderungsbestimmungen nicht angewendet werden dürfen (siehe BSG-Urteil v. 17.12.2009, Az.: 4 AS 26/09 R). Allerdings legt das Ministerium jetzt wieder die alten Wohnflächengrößen zugrunde, die für den Wohnberechtigungsschein Inkrafttreten des WFNG gegolten haben, also 45 qm für eine Person zuzüglich 15 qm für jede weitere.

Soweit in der Arbeitshilfe das Urteil des LSG NRW vom 29.04.2010 (L 9AS 58/08) dafür herangezogen wird, dass nicht die Wohnraumnutzungsbestimmungen, sondern weiterhin die außer Kraft getretenen VV-WoBindG anzuwenden seien, weisen wir darauf hin, dass es sich bei dem Zitat nur um ein „obiter dictum“ des Senats handelt, also um eine nebenbei geäußerte Rechtsansicht, da in dem betreffenden Fall über einen Zeitraum von Dezember 2006 bis April 2007 zu entscheiden war, als noch die alten Wohnungsgrößen für den Wohnberechtigungsschein gegolten haben. Schließlich lautet der letzte Satz in diesem Kapitel der Arbeitshilfe: „Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung bleibt abzuwarten“.

Wir stellen fest:

Die Kürzung der „angemessenen Quadratmeterzahl“ bei gleichbleibendem angemessenem Quadratmeterpreis verringert aufgrund der Produktmethode den Spielraum für die Suche nach Wohnungen zu angemessenen Unterkunftskosten.

Vor diesem Hintergrund fragen wir an:                                            

  1. Wie begründet die Verwaltung die Kürzung der „angemessenen Unterkunftskosten“ (Kürzung der angemessenen Quadratmeterzahl bei gleichbleibendem angemessenen Quadratmeterpreis) vor dem Hintergrund
    • der massiven fortschreitenden Mietpreiserhöhungen in Düsseldorf,
    • dass die letzte zugrunde liegende Erhebung der Mietpreise in dem betreffenden Segment fast zwei Jahre zurückliegt,
    • der Tatsache, dass es sich bei der Arbeitshilfe des Landes nur um eine Empfehlung handelt und nicht um eine absolut verbindliche Vorschrift?
  1. Wie viele „Kostensenkungsaufforderungen“ hat es seit der Einführung von Hartz-IV in Düsseldorf gegeben (bitte nach Jahreszahlen auflisten!) und welche Folgen haben diese für die Betroffenen gehabt?
  1. Wie stellt die Verwaltung durch Einzelfallprüfung sicher, dass gemäß Arbeitshilfe bei Beurteilung der angemessenen Unterkunftskosten neben den abstrakt angemessenen Kriterien auch die besonderen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden und hierbei grundsätzlich ein konkret-individueller Maßstab angelegt wird?

Freundliche Grüße

 

Peter Nowinski              Roswitha Schulz               Mbulelo Dlangamandla