Anrechnung von Mietkautionen

Ausschuss für Gesundheit und Soziales

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am 27. September 2017: 

Fast alle Vermieter verlangen bei Neubezug einer Wohnung eine Mietkaution. Geringverdienende und Menschen, die ALG-II beziehen, werden dabei vor die Schwierigkeit gestellt, diese aufzubringen. Betroffene können beim zuständigen Jobcenter einen Antrag auf Übernahme der Mietkaution stellen, bei Bewilligung findet allerdings eine drastische Kürzung des Regelsatzes statt. 

Nach § 42a Absatz 2 Satz 1 SGBII sind Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 % des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen, solange der Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfs bezieht. Dadurch wird den Jobcentern eine gesetzliche Grundlage geboten, den Regelsatz um den entsprechenden Betrag bis zur Tilgung des Darlehens zu kürzen. Problematisch ist dabei, dass damit das Einkommen unter die Schwelle dessen sinken, was als Existenzminimum bezeichnet wird. Dennoch ist dieses Vorgehen, wenn auch in der Rechtsprechung höchst umstritten, gängige Praxis. Die Folgen sind für die Betroffenen jedoch gravierend.

Der Erwerbslosenverein Tacheles e.V. hält diese Vorgehensweise für verfassungswidrig, weil hierdurch Zehntausende Betroffene über Monate oder Jahre hinweg unter dem Existenzminimum leben. Tacheles e.V. führt folgendes Beispiel auf: Bei einer Mietkaution von 1.000 Euro muss ein Alleinstehender rund zwei Jahre lang von 41 Euro weniger, also von 368 Euro überleben. Dies zwingt die Betroffenen auf die Befriedigung von Grundbedürfnissen verstärkter zu verzichten und stellt einen weiteren, tiefen Einschnitt in die Lebenssituation der Betroffenen dar. 

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt daher an: 

1. Wie viele Anträge auf Übernahme von Mietkautionen wurden in den vergangenen fünf Jahren in Düsseldorf gestellt und wie viele davon genehmigt, wie viele abgelehnt (aufgeschlüsselt nach Jahren)? 

2. Wie vielen Personen wurde vom Regelsatz monatliche Raten zur Tilgung des Darlehens abgezogen (aufgeschlüsselt nach Personen und Haushalten)? 

3. Ist es vorgesehen, individuelle Rückzahlungsmodelle, die den Betroffenen die Möglichkeit einräumen, über Fälligkeitszeitraum und Höhe der Rückzahlung selbst zu bestimmen, einzuführen? Wenn ja, wie sollen diese ausgestaltet werden, wenn nein, warum sollen keine eingeführt werden?

Mit freundlichen Grüßen 

 

Angelika Kraft-Dlangamandla             Cornelia Schlemper              Adrian Müller-Gehl

 

Antwort der Verwaltung am 27.09.2017

Vorbemerkungen:
Nach § 22 Abs. 6 SGB II soll die Mietkaution grundsätzlich als Darlehen gewährt werden. Der Gesetzgeber hat im Zuge der SGB II-Reform im Jahr 2011 mit dem § 42a SGB II eine Regelung eingefügt, welche es den Jobcentern ermöglicht, die Tilgungsleistungen für Mietkautionsdarlehen aus dem Regelbedarf vorzunehmen.
Insofern handelt es sich bei der Gewährung von Kautionsdarlehen um die Umsetzung der politischen Willensbildung. Diese geltende Rechtslage ist Gegenstand der mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie den Ländern abgestimmten „Fachlichen Weisungen“ der Bundesagentur für Arbeit. Auf dieser Grundlage wurde auch die „Dienstanweisung Unterkunft und Heizung“ der Landeshauptstadt Düsseldorf angepasst.
Im Jobcenter Düsseldorf wird die Möglichkeit des Kautionsdarlehens seit Ende 2015 angewandt, allerdings im Verhältnis zu anderen Jobcentern in weitaus weniger Fällen, da hier weiterhin die seit Jahren bewährte Kautionsbürgschaft den Regelfall darstellt.

zu Frage 1 und Frage 2: Entsprechende Auswertungsmöglichkeiten stehen dem Jobcenter nicht zur Verfügung. Als Anhaltspunkt können folgende Zahlen aus der entsprechenden Darlehenseinnahmeposition dienen:
Es wurden im Jahr 2017 in 387 Fällen, im Jahr 2016 in 377 Fällen und im Jahr 2015 in 193 Fällen Tilgungsleistungen begonnen für Darlehen, die im Zusammenhang mit einem Wohnungswechsel stehen. Hierin enthalten sind allerdings nicht nur Darlehen für Mietkautionen, sondern auch Darlehen für sonstige Wohnungsbeschaffungs-kosten und Umzugskosten.
Hinzu kommen 65 laufende Darlehens-Rückzahlungsfälle für Genossenschaftsanteile.

zu Frage 3: Nach § 42 a Abs. 2 Satz 1 SGB II beträgt die Höhe der Tilgung während des Leistungsbezuges 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfes. Eine abweichende Aufrechnung ist unzulässig. Es handelt sich somit um eine feste Tilgungsrate von 10%. Eine individuelle Vereinbarung über die Rückzahlung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse (Ratenzahlung) ist lediglich bei einer sofortigen Fälligkeit der (Rest-) Forderung vorgesehen. Dies ist nur der Fall bei einer Beendigung des Leistungsbezuges oder einer Rückzahlung der Kaution durch den Vermieter, sofern der erlangte Betrag den noch ausstehenden Betrag nicht deckt.
Ob der Gesetzgeber eine Änderung dieser Vorschrift beabsichtigt, ist hier nicht bekannt.