Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile

Rat

Anfrage des Ratsherrn Laubenburg der Fraktion DIE LINKE zur Sitzung des Rates der Landeshauptstadt Düsseldorf am 08.07.2010:

Der Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf hatte in seiner Sitzung am 15.06.2000 eine auf Antrag der PDS-Ratsgruppe ergänzte Verwaltungsvorlage beschlossen, in der der Rat feststellt, dass er erwartet und anregt,

dass die zuständigen Staatsanwaltschaften auch weiteren Unrechtsurteilen gegen Düsseldorfer Bürger nachgehen.“

Zum Zeitpunkt des Ratsbeschlusses vom 15.06.2000 war dem Rat lediglich die Einleitung von Feststellungsverfahren nach dem Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile gegen Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürger durch die Staatsanwaltschaften Düsseldorf (in den Fällen Franz Jürgens, Theodor Andresen, Hermann Weill, Karl Kleppe und Josef Knab) und Berlin (in den Fällen Leo Statz, Karl Robert Kreiten, Josef Barth und Bertha Fuchs) bekannt.

Ebenfalls beschlossen wurde daher:

„Über den Stand der Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen lässt sich der Rat der Stadt Düsseldorf weiter informieren.“

In diesem Zusammenhang frage ich an:

  1. Wegen welcher Urteile gegen Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürger sind nach dem Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Feststellungsverfahren eingeleitet bzw. Unrechtsurteile aufgehoben worden?

Zudem hatte der Rat am 15.06.2000 beschlossen:

„Die Vervollständigung der in den 50er-Jahren von der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" begonnenen und seit 1990 von der Mahn- und Gedenkstätte betreuten "Liste der Düsseldorfer NS-Opfer" ist ein wichtiger Beitrag, um Unrechtsurteile aufheben lassen zu können. Diese Arbeit soll im Jahr 2001 fortgesetzt werden.“

In diesem Zusammenhang frage ich an:

  1. Welchen Verlauf hat die Vervollständigung der in den 50er-Jahren von der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" begonnenen und seit 1990 von der Mahn- und Gedenkstätte betreuten "Liste der Düsseldorfer NS-Opfer" seit 2001 genommen und wie ist der aktuelle Sachstand?

In dem Beschluss vom 15.06.2000 heißt es zudem:

„Die Stadt Düsseldorf wird ihrer Verantwortung zur Erinnerung und zum Gedenken an die Düsseldorfer Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft weiterhin nachgehen.“

In diesem Zusammenhang frage ich an:

  1. Gibt es seitens der Verwaltung Überlegungen und Vorschläge, weitere Straßen in Düsseldorf nach Opfern der nationalsozialistischen Herrschaft zu benennen und wenn ja, nach wem und wann?

Freundliche Grüße

 

Frank Laubenburg


Antwort der Verwaltung durch den Beigeordneten Lohe:

Frage 1:
Wegen welcher Urteile gegen Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürger sind nach dem Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Feststellungsverfahren eingeleitet bzw. Unrechtsurteile aufgehoben worden?

Antwort:
Eine umfassende Dokumentation hierzu besteht aus Gründen des Datenschutzes nicht.

Als öffentlich bekannte Beispiele sind die am 16.04.1945 nach einem Standgerichtsurteil hingerichteten Bürger Oberstleutnant Franz Jürgens, Theodor Andresen, Karl Kleppe, Josef Knab und Hermann Weill zu nennen, die Düsseldorf vor der totalen Zerstörung bewahren wollten. Im Jahre 1999 wurden diese Standgerichtsurteile aufgehoben (außer im Falle Andresen). Dies erfolgte nach umfangreichen Recherchen der Staatsanwaltschaft Düsseldorf im Rahmen des vom Deutschen Bundestag am 25.8.1998 beschlossenen Gesetzes „zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile“ (NS-AufhG). Laut Auskunft der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 02.07.2010 gab es seit 1998 insgesamt 10 Düsseldorfer Verfahren, bei denen NS-Urteile aufgehoben wurden.   
  

Frage 2:
Welchen Verlauf hat die Vervollständigung der in den 50er Jahren von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes begonnenen und seit 1990 von der Mahn- und Gedenkstätte betreuten „Liste der Düsseldorfer NS-Opfer“ seit 2001 genommen und wie ist der aktuelle Sachstand?

Antwort:
Listen zu den Todesopfern, die während des Nationalsozialismus ermordet wurden oder unter Haftbedingungen verstorben sind, wurden und werden in der Mahn- und Gedenkstätte kontinuierlich weiter ergänzt und nach jeweiligem Forschungsstand bearbeitet. Berücksichtigt werden dabei grundsätzlich Personen aller Opfergruppen, die während des Nationalsozialismus verfolgt wurden.

Dabei bestehen mehrere Datenbanken: Die Liste der jüdischen Düsseldorfer Opfer beispielsweise umfasst derzeit 2.424 Personen. Die Liste der aus politischen Gründen Ermordeten umfasst derzeit 685 Personen. Diese Liste wurde nach 2001 durch einen Mitarbeiter über ein Jahr lang wissenschaftlich recherchiert; sie wird seitdem ergänzt. Eine Datenbank der verfolgten Düsseldorfer Parlamentarier ist ebenfalls aktualisiert und ergänzt worden; eine Liste der zwischen 1933 und 1945 aus politischen Gründen in Polizeihaft genommenen Personen liegt seit 2004 vor, sie ist jedoch noch zu vervollständigen.

Die Mahn- und Gedenkstätte verfolgt insgesamt nicht das Ziel einer quantitativen Erfassung aller Opfer, sondern eher einen biografisch-exemplarischen Ansatz im Umgang mit den während der NS-Zeit verfolgten Personen.


Frage 3:
Gibt es seitens der Verwaltung Überlegungen und Vorschläge, weitere Straßen in Düsseldorf nach Opfern der nationalsozialistischen Herrschaft zu benennen und wenn ja, nach wem und wann?

Antwort:
Da bis auf den Widerstandskämpfer Theodor Winkens alle an der oben genanten Widerstandsaktion vom April 1945 beteiligten Personen mit einem Ehrengrab und einer Straßenbenennung geehrt worden sind, hat sich in Gerresheim eine Initiative gebildet, die eine Straßenbenennung in Düsseldorf-Gerresheim erreichen möchte. Weitere Straßenbenennungen erfolgen wie üblich auf Vorschlag von politischen Gremien (z.B. den entsprechenden Bezirksvertretungen) von Parteien, Vereinen oder von Bürgerinnen und Bürgern. Handelt es sich hierbei speziell um Opfer der NS-Herrschaft, ist die Mahn- und Gedenkstätte bereit, individuelle Beratungen anzubieten.