Auswirkungen von CETA auf Düsseldorf

Ratsfraktion

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Rates am 07. Juli 2016:  Seit 2009 hat die EU-Kommission mit Kanada unter strengster Geheimhaltung über ein Handels- und Investitionsschutzabkommen verhandelt: CETA, das „Comprehensive Economic and Trade Agreement“. Während Öffentlichkeit und Parlamente ausgeschlossen blieben, erhielten Wirtschaftslobbyisten erheblichen Einfluss auf den Vertragstext, der erst 2014 nach Verhandlungsabschluss veröffentlicht wurde. Ähnlich wie beim TTIP-Abkommen zwischen den USA und der EU droht auch mit CETA ein massiver Abbau von Demokratie, öffentlicher Daseinsvorsorge und Umweltschutz. Auch mit CETA wird der Gestaltungsspielraum der Kommunen erheblich eingeschränkt. 

CETA ist der erste Handelsvertrag der EU, der private Schiedsgerichte vorsieht: Unternehmen können die Vertragsstaaten vor Tribunalen verklagen, wenn sie ihre zukünftigen Profiterwartungen durch Gesetzgebungen eingeschränkt sehen. Damit kommen auf die Staaten Klagen in Milliardenhöhe zu. Zugleich wird der Spielraum für eine Gesetzgebung zugunsten des Gemeinwohls erheblich eingeschränkt. Profitieren werden vor allem Transnationale Konzerne. Viele der größten US-Firmen unterhalten in Kanada Niederlassungen. Über CETA würden sie EU-Staaten verklagen können, selbst wenn das TTIP-Abkommen zwischen den USA und der EU scheitert. Anders als die meisten bisherigen Handelsverträge listet CETA nicht die zu liberalisierenden Bereiche auf, sondern nur die Ausnahmen (Negativliste). Damit wird ein unbestimmt weites Feld dem Zwang zu Privatisierung und Deregulierung ausgesetzt. Einmal deregulierte und privatisierte Bereiche dürfen nicht mehr zurückgenommen werden („Stillstand“- und „Sperrklinken“-Klauseln). CETA sieht keine eindeutige, grundsätzliche Ausnahme von öffentlichen Dienstleistungen von der Liberalisierung vor.

Dies bedeutet für die Kommunen und damit auch für Düsseldorf  bedeutsame Einschränkungen durch CETA. Ökologische und soziale Vergabekriterien in der öffentlichen Beschaffung werden damit  infrage gestellt, was jedoch ein zentrales Element der kommunalen Selbstverwaltung ist. Die öffentliche Förderung von Kultur- und anderen Einrichtungen ist ebenfalls gefährdet. 

Das Staatsministerium des Landes Baden-Württemberg bestellte beim renommierten Europarechtler Martin Nettesheim von der Universität Tübingen ein Gutachten zur Auswirkung von CETA. Fertiggestellt wurde das Gutachten „Die Auswirkungen von CETA auf den politischen Gestaltungsspielraum von Ländern und Gemeinden“ im Dezember 2015, doch bis Mitte Mai 2016 wurde es durch das von Bündnis 90/Die Grünen geführte Staatsministerium geheim gehalten. Die Aussage des Gutachtens ist eindeutig und bestätigt die oben getroffenen Aussagen in vollem Umfange.

(https://stm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/160524_Nettesheim-CETA-Gutachten.pdf)

Vor diesem Hintergrund fragt die Ratsfraktion DIE LINKE: 

  1. Ist der Stadtverwaltung Düsseldorf dieses oben genannte Gutachten bekannt und wie bewertet sie die dortigen Aussagen bezüglich der Einschränkungen der kommunalen Selbstverwaltung?
  1. Welche Bereiche der Stadt Düsseldorf, der städtischen Gesellschaften und Eigenbetriebe könnten von dem CETA-Abkommen inwiefern betroffen sein? 
  1. Welche Möglichkeiten sieht die Verwaltung, um die negativen Auswirkungen von CETA zu verhindern bzw. möglichst gering zu halten?

Mit freundlichen Grüßen  

Angelika Kraft-Dlangamandla                                                        Lutz Pfundner                


Antwort der Verwaltung am 07.07.2016 (Beigeordneter Dr. Keller)

zu Frage 1: Das in der Anfrage zitierte Gutachten von Prof. Dr. Nettersheim von der Universität Tübingen "Die Auswirkungen von CETA auf den politischen Gestaltungsspielraum von Ländern und Gemeinden" ist der Verwaltung bekannt.
Festzuhalten ist, dass sich etliche Punkte, die in dem Gutachten angesprochen werden, in dem gemeinsamen Positionspaier der kommunalen Spitzenverbände vom Oktober 2014 zu der damaligen Fassung des Abkommens wiederfinden, wie z.B. die Gewährleistung kommunaler Organisationsfreiheit bei der Daseinsvorsorge, die Beibehaltung des europäischen Vergabe- und Konzessionsrechts, die Zuständigkeit der nationalen Gerichtsbarkeit auch für Investoren aus Drittstaaten, die Beibehaltung der Standards im Umwelt- und Verbraucherschutz sowie Transparenz. Die Verwaltung schließt sich der Einschätzung des Deutschen Städtetages ausdrücklich an. Dies gilt insbesondere für eine Fundamentierung der Definition "Daseinsvorsorge". Sie teilt die Auffassung, dass die Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge aus den Handelsabkommen zwischen unterschiedlichen Staaten und der Europäischen Union ggf. ausdrücklich auszuschließen sind. Insbesondere gilt dies für die nicht liberalisierten Bereiche wie die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, die Bereiche Abfall und ÖPNV, soziale Dienstleistungen sowie alle Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Kulturbereich.

Die aktuelle Fassung des Abkommens wird durch den Deutschen Städtetag im Bllick auf die Forderungen des Positionspapiers derzeit überprüft.

zu Frage 2: Von dem CETA-Abkommen könnten grundsätzlich alle Bereiche der Landeshauptstadt Düsseldorf, die städtischen Beteiligungen sowie die Eigenbetriebe betroffen sein.

zu Frage 3: Die Verwaltung hat keine Möglichkeit, auf die Auswirkungen von CETA Einfluss zu nehmen.
Die kommunalen Spitzenverbände haben sich zu CETA, wie bereits ausgeführt, positioniert. Die Stadt Düsseldorf unterstützt als Mitglied der kommunalen Spitzenverbände deren Position.