DITIB und Graue Wölfe in Düsseldorf

Rat

Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE Düsseldorf zur Sitzung des Rates am 01.07.2021
Betrifft:

Anfang Mai 2021 empfingen in Istanbul der türkische Ministerpräsident Erdogan und sein Verteidigungsminister Akar die deutschen Vertreter des Türkei-gesteuerten Moscheeverbands DITIB, der europäischen AKP-Lobbyorganisation UID, der vom deutschen Verfassungsschutz beobachteten Milli Görüs, der ebenfalls türkisch-nationalistischen ATIB, des islamisch-konservativen Wirtschaftsverbands MÜSIAD und des ADÜTDF, der den extrem rechten "Grauen Wölfen” zugeordnet wird.

Der Essener Politologe Burak Copur sieht in dem Treffen in Ankara einen Beleg für das enge Zusammenwirken der nach außen hin unabhängigen Organisationen sowie für ihre Abhängigkeit von der AKP bzw. von Erdogan. Fachleute, die sich schon länger mit diesem rechten Spektrum beschäftigen, befürchten durch dieses Zusammenwirken negative Auswirkungen auf das friedliche Zusammenleben der Kulturen in Deutschland. Ein Beispiel aus der Vergangenheit sind die bis zum Jahr 2016 jährlichen Demonstrationen türkischer rechter und islamistischer Organisationen in Düsseldorf, die erst aufgrund antifaschistischer Intervention beendet wurde.

Ein weiteres Ziel dieser rechten Organisationen ist es, Einfluss auch auf die Kommunalpolitik zu gewinnen. Bei Kommunalwahlen treten Mitglieder der nationalistischen Bewegung der „Grauen Wölfe“ auf Listen unterschiedlicher Parteien an. Eine Studie im Auftrag des American Jewish Committee in Berlin schätzt die Mitgliederzahl der „Grauen Wölfe“ in Deutschland auf 18.500 Personen. Damit gilt sie als größte extrem rechte Gruppierung in Deutschland. Das Bundesinnenministerium schreibt im Verfassungsschutzbericht für 2019 zu den „Grauen Wölfen“: „Die unterschiedlichen Ausprägungen reichen von klassischem Rassismus bis hin in den Randbereich des Islamismus“.

Eine andere Art von Einfluss übt die DITIB Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. aus. Sie betreibt auch in Düsseldorf mehrere Moscheen, wird aber von den deutschen Inlandsgeheimdiensten als nationalistische, nicht als religiöse Organisation eingestuft. Ihre Nähe zum Erdogan-Regime ist hinlänglich bekannt. Im Jahr 2017 kam heraus, dass Imame die persönlichen Daten von Anhänger:innen des in Ungnade gefallenen Predigers Fethullah Gülen in ihren Gemeinden an Religionsattachés der türkischen Generalkonsulate u. a. in Düsseldorf weitergaben. Ziel war deren Verhaftung und Anklage als angebliche Unterstützer:innen des Putschversuchs gegen Erdogan von 2016. Dies führte 2018 zeitweise zum Stopp der Zusammenarbeit des Landes NRW mit der DITIB. Weiterhin ist bekannt, dass gegen mehrere DITIB-Imame wegen der mutmaßlichen Spionage für den türkischen Geheimdienst ermittelt wurde. Immer wieder werden Fälle bekannt, in denen in DITIB-Gemeinden Kriegspropaganda und Antisemitismus verbreitet wird.

Vor diesem Hintergrund scheint es problematisch, dass nach wie vor ein DITIB-Mitglied Vorstandsvorsitzender des „Kreises der Düsseldorfer Muslime“ (KDDM) ist. Immerhin repräsentiert der KDDM einen beträchtlichen und vielfältigen Teil der muslimisch-religiösen Organisationen in Düsseldorf und ist daher auch Ansprechpartner für viele andere Organisationen.

Fatal ist die Entscheidung der NRW-Landesregierung zur erneuten Zusammenarbeit mit der DITIB. Auf Kritik von Politiker:innen an dieser Entscheidung folgten hetzerische Artikel in der türkischen Presse. Kritiker:innen werden akut bedroht. Es steht zu befürchten, dass erneut rassistische Ausschreitungen und Bedrohungen nationalistischer Türk:innen in Deutschland folgen könnte.

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Gab es in den letzten vier Jahren Treffen der Stadtverwaltung mit einer oder mehreren der oben aufgeführten Organisationen? Wenn Ja, mit welchen Teilnehmer:innen und zu welchen Themen (gegebenenfalls bitte auflisten)?
     
  2. Hat eine der oben aufgeführten Organisationen oder eine von deren Unterorganisationen städtische Unterstützung in irgendeiner Form erhalten (gegebenenfalls bitte auflisten)?

Mit freundlichen Grüßen

Marcus Flemming                       Helmut Born


Antwort der Verwaltung durch Stadtdirektor Hintzsche:

Zu Frage 1:
Im Rahmen des Bauantragsverfahrens Hansaallee 376 des DITIB Türkische Gemeinde zu Düsseldorf Oberkassel e.V. - Neubau einer Moschee mit Gebetsräumen, Gaststätte, Sozialräumen, Wohnung und einer Garage im EG – wurde seitens des Bauaufsichtsamtes, wie auch in anderen Antragsverfahren, der übliche Kundenservice geleistet und das Vorhaben beratend begleitet. Hierzu haben Gespräche mit dem Antragsteller sowie dem Entwurfsverfasser stattgefunden. Weitergehende Korrespondenzen wurden nicht geführt.
Zu den weiteren in der Anfrage aufgeführten Organisationen UID, Milli Görus, ATIB , MÜSIAD und ADÜTDF sowie der Bewegung der „Grauen Wölfe“ oder vergleichbaren Organisationen, sofern sie auch tatsächlich als solche erkenntlich waren, bestand seitens der Stadtverwaltung kein Kontakt.

Zu Frage 2:
Im Rahmen des o.g. Bauantragsverfahrens wurden keine Unterstützungen, die über eine Bauberatung hinausgehen, geleistet. Den aufgeführten Organisationen oder deren Unterorganisationen, sofern sie auch tatsächlich als solche erkenntlich waren, wurde darüber hinaus seitens der Stadtverwaltung im angefragten Zeitraum keine Unterstützung in irgendeiner Form gewährt.