Entwicklung der Hartz IV-Sanktionen in Düsseldorf

Ausschuss für Gesundheit und Soziales

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am 24. August 2016:  Jedes Jahr werden tausende Sanktionen gegen Hartz IV-Beziehende in Düsseldorf verhängt, weil sie Forderungen des Jobcenter nicht erfüllt haben oder weil ihnen dies unterstellt wird. Die meisten Sanktionen erfolgen, da es Konflikte um Meldetermine gibt. Durch Sanktionen wird der Regelsatz von Hartz IV-Beziehenden gekürzt oder sogar gestrichen.

Am 26. April 2016 berichtete die NRZ über die verhängten Sanktionen in NRW im vergangenen Jahr: „Auffällig ist, dass die Zahl der Sanktionen in einzelnen Jobcentern extrem zugenommen hat, während sie anderenorts deutlich zurückging. Kritiker wie das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe vermuten Willkür. […] Ein Blick in einige Kommunen aus der Rhein-Ruhr-Region: In Düsseldorf etwa verhängte das Jobcenter 15.341 Sanktionen (+0,3 % gegenüber 2014), in Oberhausen waren es 6232 (+6,4 %), in Essen 11.081 (-3,9 %) […] Sanktionen werden stets für drei Monate verhängt. Festgelegt ist, dass der Hartz-IV-Regelsatz (404 Euro für Alleinstehende) pro Meldeversäumnis um 10 % gekürzt wird. Bei Pflichtverletzungen wie einer abgelehnten Arbeit sind es erst 30 %, dann 60 % des Satzes und schließlich das komplette Arbeitslosengeld II. Bei jungen Leuten unter 25 fallen bei Pflichtverletzungen sofort alle Leistungen außer den Kosten der Unterkunft weg.“ 

Die Wirkung der Sanktionen ist verheerend. Zum einen widersprechen sie dem Grundrecht auf ein soziokulturelles Existenzminimum, zum anderen führen sie bei den Betroffenen zu Existenzangst, zu realer existenzieller Not. Die Auswirkungen von Sanktionen werden dadurch verschärft, dass Widersprüche keine aufschiebende Wirkung haben. Das bedeutet, die Menschen müssen, auch wenn sie letztlich nach gerichtlicher Kontrolle Recht bekommen, unter den Sanktionen leiden. DIE LINKE lehnt Hartz IV-Sanktionen grundsätzlich ab. Das Grundproblem der fehlenden Existenz sichernden Arbeitsplätze kann mit Sanktionen nicht gelöst werden. Mit dem Sanktionsregime wird jedoch so getan, als hätten die Erwerbslosen ihre Lage selbst verursacht und müssten zur Arbeit getrieben werden. 

DIE LINKE. Ratsfraktion Düsseldorf fragt an: 

  1. Wie hat sich die Anzahl der Hartz IV-Beziehenden in den vergangenen fünf Jahren in Düsseldorf entwickelt (aufgeschlüsselt nach Jahren)?
  1. Wie hat sich die Anzahl der Sanktionen in den vergangenen fünf Jahren in Düsseldorf entwickelt (aufgeschlüsselt nach Jahren, absoluten Zahlen und Prozenten sowie Grund der Sanktion)?
  1. In welcher Höhe wurde der Regelsatz durchschnittlich gekürzt (aufgeschlüsselt nach Jahren)?

Mit freundlichen Grüßen   

Angelika Kraft-Dlangamandla             Cornelia Schlemper                Adrian Müller-Gehl           

 

Antwort der Verwaltung am 24.08.2016 (Stadtdirektor Hintzsche)

zu Frage 1: Die Entwicklung der Anzahl der SGB II-Leistungsberechtigten in den letzten 5 Jahren ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle. Datenstand ist der Dezember des jeweiligen Jahres. 

SGB II-Leistungsberechtigte
(Arbeitslosengeld II und Sozialgeld)
Jahr
erwerbsfähigenicht erwerbsfähigeGesamt
2011
           45.939                  17.10563.044
2012
           44.712                  16.95661.668
2013
           45.117                  17.11962.236
2014
           45.203                  17.26162.464
2015
           45.539                  17.68663.225

Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Datenstand jeweils Dezember

zu Frage 2: Die Anzahl der in den vergangenen 5 Jahren rechtswirksam festgestellten Sanktionen und die Sanktionsgründe gem. §31 bzw. §32 SGB II sowie die Sanktionsquoten ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle. 

20112012201320142015

 

rechtswirksam fest-
gestellte Sanktionen

7.0649.61310.90315.29715.341
davon wegen
Verletzung der Pflichten
aus der Eingliederungs-
vereinbarung
8331182631727727
Weigerung, eine Arbeit,
Ausbildung, Arbeitsgele-
genheit oder Maßnahme
aufzunehmen

618
6718261038762
Abbruch bzw. Anlass zum
Abbruch einer Maßnahme
329211178225
Meldeversäumnis5.3507.1548.96013.10613.441

Eintritt oder Erfüllung
der Voraussetzungen
einer Sperrzeit

248257272235176
Sonstige Gründe152031310
Sanktionsquote*3,3%3,5%3,9%4,0%3,7%

* Anteil der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit mindestens einer Sanktion an allen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, Datenstand jeweils Dezember, Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

 

zu Frage 3: Der durchschnittliche Kürzungsbetrag wird in der Statistik nicht als jahres-, sondern als Monatswert ausgewiesen. In der nachfolgenden Tabelle werden deshalb für die vergangenen 5 Jahre die Dezemberwerte dargestellt. 

Kürzung Arbeitslosengeld 2 in Euro
durchschnittliche Höhe je erwerbsfähigem
Leistungsberechtigtem mit mindestens einer
Sanktion
2011
                              79,54    
2012
                              84,59 
2013
                              84,72
2014
                              96,40
2015
                              89,30

Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Datenstand jeweils Dezember