Erlass von Milieuschutzsatzungen für Düsseldorf

Ausschuss für Wohnungswesen und Modernisierung

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Ausschusses für Wohnungswesen und Modernisierung am 21. November 2016: 

Der Wohnungsmarkt in Düsseldorf ist seit Jahren angespannt. Das Wohnungsangebot kann seit langem die hohe Nachfrage besonders im unteren Preissegment nicht befriedigen. Neben dem Neubau von bezahlbaren Wohnungen sollte aus Sicht der Ratsfraktion DIE LINKE die Stadt alle Möglichkeiten nutzen, die Vernichtung von bestehenden preiswerten Wohnraum zu verhindern. 

Der Erlass von sozialen Erhaltungssatzungen (sogenannten Milieuschutzsatzungen) kann hierzu hilfreich sein. „Die Gemeinde kann in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen […] der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen“, so heißt es im § 172 des Baugesetzbuches. Eines der Schutzziele, die das Erlassen einer solchen Satzung rechtfertigen, ist der sogenannte Milieuschutz – also der Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung. 

Wenn eine solche Satzung erlassen ist, können z.B. Luxussanierungen, die Zusammenlegung kleiner Wohnungen oder die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum verhindert werden. Hierdurch werden Mietsteigerungen gebremst und die Verdrängung bisheriger Bewohnerinnen und Bewohner gehemmt. 

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:                                    

  1. Wie viele Erhaltungssatzungen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gibt es in Düsseldorf und für welche Gebiete wurden diese erlassen?
  1. In welchen weiteren Gebieten in Düsseldorf käme der Erlass einer solchen Satzung in Frage und welche Voraussetzungen müssten hierfür gegeben sein?
  1. Welche konkreten Schritte sind notwendig, um Satzungen für diese Gebiete zu erlassen?

Mit freundlichen Grüßen  

Mbulelo Dlangamandla                   Anja Wallerang                    Peter Kirchner        

 

Antwort der Verwaltung am 09.01.2017 (Stadtdirektor Hintzsche)

zu Frage 1, Frage 2 und Frage 3: Im Folgenden werden alle drei Fragen zusammen beantwortet.

Satzungen gem. § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ("Milieuschutzsatzungen") gibt es derzeit in Düsseldorf nicht.

Die Verwaltung ist zurzeit dabei, ein gesamtstädtisches Konzept zur Integrierten Quartiersentwicklung zu erarbeiten. Grundlage bilden Aufträge aus der Politik "einen Prozess zur initiierung von weiteren Projekten der integrierten Stadtentwicklung durchzuführen. Gesteuert durch ein erfahrenes externes Büro sollen stadtweit mögliche Quartiere sowohl räumlich als auch inhaltlich identifiziert werden. (...) Darauf aufbauend sollen konzeptionelle Eckpunkte für zwei Projekte erarbeitet werden und mögliche Förderprogramme von Land, Bund und EU dargestellt werden". Gleichzeitig soll ein Konzept für Quartiersmanagement in Düsseldorf erarbeitet werden sowie kurzfristig Maßnahmen zur Verbesserung des sozialen und kulturellen Lebens im Quartier umgesetzt werden (siehe auch Informationsvorlage 61/43/2016). Ein entsprechender Auftrag wurde an ein externes Büro vergeben. Auftragsgegenstand ist unter Anderem eine stadtweite Analyse der Quartiere (zu Stärken, Schwächen, Funktion in der Gesamtstadt etc.), die Auswahl von Quartieren mit Handlungsbedarf und Definition von Handlungsfeldern sowie das Erarbeiten von Handlungsempfehlungen für Quartiere mit Handlungsbedarf.

Im Zuge dieser Erarbeitung können auch die Quartiere identifiziert werden, bei denen Handlungsbedarf zum Schutz der besonderen Bewohnerstrukturen besteht.
Für die Quartiere mit Handlungsbedarf soll dann ermittelt werden, welche geeigneten Maßnahmen in diesen Quartieren ergriffen werden können, dazu können auch städtebauliche Werkzeuge gehören. Ob und inwieweit eine Milieuschutzsatzung ein geeignetes Instrument darstellt, wird dabei geprüft werden. Erst nach Durchführung dieser Prüfung kann Auskunft darüber gegeben werden, in welchen Quartieren möglicherweise eine solche Satzung in Frage kommen könnte.

Mit dem Erlass einer Erhaltungssatzung gem. § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB kann im Falle besonderer städtebaulicher Gründe grundsätzlich die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung - sog. Milieuschutz - für bestimmte Gebiete bewirkt werden. Eine solche Satzung ist ein städtebauliches Instrument und dient damit nicht dem Schutz des einzelnen Mieters.

Der Erlass einer Erhaltungssatzung ist an einige Voraussetzungen und Vorermittlungen gebunden. Zunächst ist für ein potentielles Erhaltungsgebiet das konkrete Aufwertungs- und Verdrängungspotential zu ermitteln. Dies erfolgt anhand eines zuvor festzulegenden Kriterienkataloges und daraus abzuleitenden Indikatoren für das in Aussicht genommene Gebiet im Verhältnis zur gesamten Stadt.
Zur Ermittlung des Aufwertungspotentials gehören die jeweilige Wohnungsausstattung, das Alter der Gebäude, die Miethöhe, der Anteil an öffentlich geförderten Wohnungen und ihrem jeweiligen Bindungszeitraum sowie weitere Faktoren. Hierfür bedarf es der Durchführung von Haushaltsbefragungen, mindestens in der Form einer repräsentativen Stichprobe.
Ferner ist das sog. Verdrängungspotential zu erfassen, zu dem die den Mietern zur Verfügung stehenden Einkommen und jeweiligen Alters- und Migrationsanteile und Bindung an das Wohnumfeld sowie weiteren Kriterien gehören.

Aus den in einzelnen Gebieten vorhandenen Umbautätigkeiten müssen unter Berücksichtigung der gewonnenen Indikatoren sodann Schlüsse auf zukünftig zu erwartendes Baugeschehen gezogen und die städtebaulichen negativen Auswirkungen beschrieben und nachgewiesen werden. In so gefundenen Gebieten mit zahlreichem aufwertungsverdächtigem Wohnungsbestand kann es möglicherweise zum Erlass einer Erhaltungssatzung zum Milieuschutz kommen.

Um nach diesem umfangreichen Ermittlungsaufwand eine rechtsbeständige Satzung zu haben, ist nach der Rechtsprechung eine Befristung der Satzung auf 5 Jahre anzuraten, was Nachermittlungen alle 5 Jahre erfordert. Eine pauschale Mietpreisdeckelung kann nicht in der Erhaltungssatzung festgeschrieben werden.