Gebührenbefreiung bei Personalausweisen

Ausschuss für Gesundheit und Soziales

Anfrage der Fraktion DIE LINKE. Düsseldorf zur Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am 24. August 2016:  Laut § 1 des Personalausweisgesetzes sind BürgerInnen in Deutschland verpflichtet, einen gültigen Ausweis zu besitzen. Wer es unterlässt, einen Ausweis auf Verlangen einer zuständigen Stelle vorzulegen, handelt demnach ordnungswidrig. Des Weiteren ist ein gültiger Personalausweis zur Feststellung der Identität obligatorisch, beispielsweise  bei der Beantragung von Transferleistungen im Jobcenter. Aufgrund dieser Verpflichtung zum Besitz eines Personalausweises ist es nach Ansicht der Ratsfraktion DIE LINKE notwendig, Personalausweise kostenfrei auszugeben – zumindest für alle Sozialleistungsbeziehenden (z.B. mit Düsselpass).

Dies war bis zum Jahr 2011 in Düsseldorf auch der Fall. Mit einem Runderlass wies dann allerdings das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW die Bezirksregierung Düsseldorf an, dass künftig Hartz IV-Beziehende keine Gebührenbefreiung oder -ermäßigung bei der Beantragung von Personalausweisen mehr geltend machen können. Daraufhin wurde in Düsseldorf die Gebührenbefreiung bei der Beantragung eines Personalausweises aus dem Vergünstigungskatalog des Düsselpasses gestrichen.

Das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW begründet den Erlass damit, dass laut Urteil im Hartz IV-Regelsatz der Personalausweis bei den regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben mit 0,25 Cent monatlich enthalten ist. Daraus ergibt sich dann die erforderliche Summe nach rund 10 Jahren. Der Regelsatz ist allerdings politisch kleingerechnet und viel zu niedrig bemessen, um die Kosten des täglichen Bedarfs decken zu können. Die Annahme, Betroffene könnten Teile ihres Regelsatzes ansparen, geht also völlig an der Lebenswirklichkeit vorbei. 

Zudem hat das Verwaltungsgericht Berlin vor kurzem entschieden, dass die Frage, ob und in welchem Umfang eine Gebührenbefreiung gewährt werde, im Einzelfall zu entscheiden sei. Nur in diesem Rahmen könne die Behörde berücksichtigen, ob der Personalausweisinhaber hinreichend Zeit gehabt habe, den erforderlichen Betrag anzusparen. Liege der Leistungsbezug erst kurze Zeit zurück, komme unter Umständen ein vollständiger Gebührenerlass in Betracht. 

DIE LINKE. Ratsfraktion Düsseldorf fragt an: 

  1. Wie wird in Düsseldorf sichergestellt, dass bei Sozialleistungsbeziehenden im Einzelfall geprüft wird, ob sie hinreichend Zeit gehabt haben, den erforderlichen Betrag anzusparen?
  1. Welche Gründe für eine Gebührenbefreiung nach der Härtefallregelung werden in Düsseldorf anerkannt?
  1. Wie viele Anträge auf Härtefallregelung sind seit dem Wegfall der generellen Gebührenbefreiung für Düsselpass-BesitzerInnen in Düsseldorf gestellt worden und wie viele der gestellten Anträge wurden bewilligt (aufgeschlüsselt nach Jahren)?

Mit freundlichen Grüßen 

 

Angelika Kraft-Dlangamandla             Cornelia Schlemper              Adrian Müller-Gehl            

 

Antwort der Verwaltung am 24.08.2016 (Stadtdirektor Hintzsche)

zu Frage 1: Die Entscheidung über die Befreiung von der Gebühr ist eine Ermessensentscheidung. Dabei sind alle Sachverhalte, die für die Beurteilung der Bedürftigkeit im Sinne der Personalausweisgebührenordnung relevant sind, zu berücksichtigen. Das schließt auch diese Frage ein. Eine kurze Dauer des Sozialhilfebezuges wird bei der Frage der Bedürftigkeit aber nicht zwangsläufig zu einer Gebührenbefreiung führen. Das ist auch der Tenor der Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichttes. Es bedarf einer Prüfung des Einzelfalles und die Entscheidung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde.

Bei der Ausübung des Ermessens ist folgende Rechtslage zu berücksichtigen:
Der in den Regelbedarfssatz eingearbeitete Betrag von 0,25 Euro für Ausweisgebühren ist kein laufender Ansparbetrag, sondern Teil eines "Warenkorbes", der sich aus einer Vielzahl von Beträgen zusammensetzt, die für die Abdeckung von im Leistungsmonat anfallenden Ausgaben, teilweise aber auch nur für gelegentlich zu bestreitende Ausgaben - insofern dann anteilig - vorgesehen sind. Die insgesamt angesparten Mittel können dann jeweils für einen gerade entstandenen konkreten Bedarf eingesetzt werden, weil andere einmalige Bedarfe regelmäßig erst zu anderen Zeiten anfallen. Leistungsberechtigte haben deshalb in wirtschaftlicher Vorausplanung jeweils zu entscheiden, ob und für welche nicht laufenden anfallenden Bedarfe sie den als Ansparbetrag im Regelsatz enthaltenen Betrag ansparen möchten (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Mai 2015 - L20SO355.12 -, juris Rn. 52).
Ergänzend und dem entsprechend hat das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen die Gebührenbefreiung/-ermäßigung bei der Beantragung von Personalausweisen geregelt:

"Neben dem Bezug von Sozialleistungen müssen weitere Gründe hinzukommen, die eine Bedürftigkeit im Sinne der Personalausweisgebührenverordnung begründen."

In der Praxis führen diese rechtlichen Rahmenbedingungen zu einem abgestuften Verfahren.

1. Stufe
Wird im Rahmen des Antragsprozesses von der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller vorgetragen, die Gebühr insbesondere wegen Bezugs von Transferleistungen nicht entrichten zu können, werden die Antragstellenden von der Passbehörde zunächst informiert und beraten.
Werden im Rahmen dieses Gespräches Gründe vorgetragen, dass die Gebühr nicht entrichtet werden kann, zum Beispiel aufgrund akuter Mittellosigkeit, besteht die Möglichkeit der gebührenfreien Ausstellung eines vorläufigen Personalausweises. Dieser vorläufige Personalausweis hat eine Gültigkeit von drei Monaten. In fast allen Fällen können die Antragstellenden die Gebühr für den Personalausweis in dieser Zeit aufbringen.
Alternativ können die Antragstellenden ein Darlehen beim Amt für Soziale Sicherung und Integration oder beim Jobcenter beantragen.

2. Stufe
Prüfung einer Gebührenermäßigung

3. Stufe
Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Härtefall vorliegen.

zu Frage 2: Die Bedürftigkeit ist bei der Beantragung substantiiert darzulegen und wird im Rahmen einer Ermessensentscheidung durch die Personalausweisbehörde geprüft. In der Praxis wurden bisher verschiedene Gründe für eine Härtefallregelung anerkannt. Hierzu gehören zum Beispiel notwendige Bedarfe, die im Rahmen einer Pflegebedürftigkeit nicht durch die Pflegekasse gedeckt sind oder erhöhte Krankenkosten durch frei verkäufliche (notwendige) Medikamente, welche nicht durch die Krankenkassen übernommen werden.

zu Frage 3: Eine Statistik über die Beratung zur Härtefallregelung wird nicht geführt. Nach Information und Beratung stellen sich die Antragszahlen für die vergangenen Jahre wie folgt dar:

 

JahrAnzahl der gestellten AnträgeAnzahl der bewilligten Anträge
2011                    14                     14
2012                      9                      9
2013                      8                      8
2014                      9                      9 
2015                      4                      4

Für das Jahr 2016 liegen bisher keine Anträge auf eine Härtefallregelung vor.