Gesetzliche Betreuung in Düsseldorf

Jugendhilfeausschuss

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 08. März 2016: Wie die Rheinische Post in der Ausgabe vom 25.11.2015 berichtete, fordern die Düsseldorfer Wohlfahrtsverbände einen höheren Stundensatz für gesetzliche BetreuerInnen. Hintergrund ist, dass vor zehn Jahren die Pauschalvergütungen festgelegt wurden, und seitdem nicht mehr angepasst wurden. 

Wie auch die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW bereits in einem Grundlagenpapier vom September 2014 anmerkt, spitzt sich die finanzielle Situation für viele BetreuerInnen dramatisch zu. Viele von Ihnen haben bereits die Arbeit ob der finanziellen Unterdeckung eingestellt. 

Dies kann zu einem Verlust der individuellen Betreuungsmöglichkeiten und zu einer erheblichen Mehrbelastung der BetreuerInnen führen; ebenso erschwert dies die Akquirierung von neuen MitarbeiterInnen in diesem wichtigen Arbeitsbereich. 

DIE LINKE. Ratsfraktion Düsseldorf fragt an: 

  1. Wie viele Menschen befinden sich in einer gesetzlichen Betreuung in Düsseldorf und wie viele selbständige und angestellte BetreuerInnen sind für diese tätig? Wir bitten auch um Nennung des Personalschlüssels bzw. des Durchschnitts der Fälle pro BetreuerIn.

  2. Welche Anforderungen werden von angehenden BetreuerInnen verlangt,  wie werden diese sichergestellt, und werden genügend qualifizierte BetreuerInnen trotz der schlechten Rahmenbedingungen gefunden?  

  3. Liegen der Stadtverwaltung Informationen über geplante Verbesserungen/Änderungen der Vergütungen auf Landes- oder Bundesebene vor, oder gibt es in anderen Städten/Gemeinden Ausgestaltungen, die die Vergütungen  auf kommunaler Ebene verbessern? 

Freundliche Grüße

Lukas Reichert                                                 Dennis Reiners

 

Antwort der Verwaltung am 08.03.2016 (Stadtdirektor Hintzsche)

zu Frage 1: Aktuell bestehen 6.800 Personen unter gesetzlicher Betreuung.
Davon werden ca. 39% ehrenamtlich betreut. Circa 40% werden von freiberuflichen Betreuerinnen und Betreuern betreut. Ca. 20% der betroffenen Menschen werden durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der 6 anerkannten Düsseldorfer Betreuungsvereine betreut.
Im Durchschnitt führt eine Berufsbetreuerin oder ein Berufsbetreuer grundsätzlich nicht mehr als 50 Betreuungsfälle.
Die Mehrzahl der Betreuerinnen und Betreuer führen zwischen 20 und 40 Betreuungsfälle.
Derzeit stehen ca. 90 freiberufliche Beteuerinnen und Betreuer zur Übernahme von Betreuungen zur Verfügung.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Betreuungsstelle führen in der Garantenstellung nach § 1900, Abs. 4 BGB zurzeit 79 Betreuungsfälle. Dieses sind zum Teil sehr schwierige Fälle, die von freiberuflichen Betreuerinnen und Betreuern, bzw. von Vereinsbetreuerinnen und -betreuern abgegeben wurden. Das sind ca. 1,1% der gesamten aktuellen Betreuungen.

zu Frage 2: Betreuerinnen und Betreuer werden dementsprechend der "Empfehlungen für Betreuungsbehörden bei der Betreuerauswahl" gewonnen. Diese Empfehlungen werden unterstützt durch den "Deutschen Städtetag, Deutschen Landkreistag und die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger (BAGüS).
Das Hauptaugenmerk liegt auf der akademischen beziehungsweise beruflichen Ausbildung der Bewerberin oder des Bewerbers im Hinblick auf verwertbare Kenntnisse für die Ausübung einer rechtlichen Betreuung.
Zudem werden Führungszeugnis und eine Auskunft aus dem gerichtlichen Schuldnerverzeichnis gefordert. Eine dreijährige grundsätzliche Berufserfahrung ist obligatorisch.
Erfahrungen, besonders im psychiatrischen und pädagogischen Bereich sind sehr wünschenswert. Empathie und Verständnis für die Belange der betroffenen Menschen sind unabdingbar.
Die Auswahl einer neuen Berufsbetreuerin bzw. eines Betreuers erfolgt in enger Abstimmung mit dem Betreuungsgericht. Besondere Sprachkenntnisse sind von Vorteil.
Die Betreuungsstelle bietet allen Berufsbetreuerinnen und Betreuern ein umfassendes Beratungsangebot. Zudem gibt es pro Jahr vier Termine für ein Treffen aller Berufsbetreuerinnen und Betreuer zum Austausch untereinander und zu Fachthemen. Zu bestimmten Fachthemen werden Referenten eingeladen. Berufsbetreuerinnen und Betreuer werden von der Betreuungsstelle auf Fortbildungsmaßnahmen externer Anbieter aufmerksam gemacht.

zu Frage 3: Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Berufsbetreuerinnen und -betreuer hat das Bundesjustizministerium nunmehr eine wichtige Voraussetzung geschaffen, als es die Frage der Vergütung in der rechtstatsächlichen Untersuchung jetzt vorgezogen hat. Die Ergebnisse zur Zeitbudgetforschung und Einkommensentwicklung sollen nun schon im November 2016 vorliegen.
Berufsbetreuerinnen und -betreuer rechnen seit 2005 entsprechend ihrer Einstufung (im Höchstsatz 44,00 Euro pro Stunde) nach folgender Tabelle ab:

 

Zeitraum

Aufenthalt im Heim

Eigene Wohnung
vermögendmittellosvermögendmittellos
1. bis 3. Monat5,5 Std.4,5 Std.8,5 Std.7,0 Std.
4. bis 6. Monat4,5 Std.3,5 Std.7,0 Std.5,5 Std.
7. bis 12. Monat4,0 Std.3,0 Std.6,0 Std.5,0 Std.
ab dem 13. Monat2,5 Std.2,0 Std.4,5 Std.3,5 Std.

Das Pauschalierungsmodell geht von 3 Prämissen aus:

  • Eine außerhalb einer Einrichtung lebende betreute Person verursacht mehr Arbeitsaufwand als eine, die in einer solchen lebt.
  • Für eine vermögende betreute Person ist der Arbeitsaufwand höher als für eine mittellose.
  • Der Arbeitsaufwand ist zu Beginn der Betreuung am höchsten; er sinkt im Laufe des 1 Betreuungsjahres und bleibt in den Folgejahren auf einem relativ gleichen Niveau.