Krankenstand und psychische Erkrankungen bei der Stadtverwaltung Düsseldorf

Personal- und Organisationsausschuss

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Personal- und Organisations-ausschusses am 1. Oktober 2015: In der Ausschusssitzung vom 18. Juni 2015 wurde die Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE zum Krankenstand bei der Stadtverwaltung Düsseldorf nur unzureichend beantwortet. Die praktische Verweigerung der Beantwortung ist so nicht hinnehmbar. Ob „eine Detailbetrachtung auf Ämterebene ohne weitergehende Parameter nicht aussagekräftig“ ist, obliegt nicht der Verwaltung. Dass deshalb auf die Beantwortung „verzichtet“ wurde, empfand nicht nur die Presse als merkwürdig. Zumal die Stadtverwaltung 2013, damals noch unter CDU/FDP sehr wohl eine Antwort auf die Frage gegeben hat. Deshalb stellen wir die Frage erneut und erwarten eine Antwort nach dem Muster der Antwort der „Anfrage 11/6/2013 Anlage 2“. 

Darüber hinaus fragen wir nach der Entwicklung der psychischen Erkrankungen der städtischen MitarbeiterInnen. Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz sind auf dem Vormarsch. Laut DAK Gesundheitsreport 2015 verursachten im Jahr 2014 psychische Erkrankungen 16,6 Prozent des gesamten Krankenstandes und waren damit die zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeiten. 2014 gab es aufgrund von psychischen Erkrankungen 6,8 Erkrankungsfälle und 237,3 Arbeitsunfähigkeitstage pro 100 Versichertenjahre. „Die häufigsten Ursachen von psychischen Störungen und Erkrankungen sind Stress und Burnout-Syndrom. Befördert werden diese durch eine zunehmende Verunsicherung der Beschäftigten als Folge bestimmter gesellschaftlicher Entwicklungen. Ein Strukturwandel in Richtung wissensintensiver Dienstleitungsberufe erhöht den Zeitdruck, die Komplexität der Arbeit und die Verantwortung der Beschäftigten. Gesellschaft und Wirtschaft verändern sich immer schneller, wodurch die Sicherheit der Arbeitsverhältnisse zugleich spürbar abnimmt. Die Folge sind häufig Restrukturierungsprozesse in den Betrieben, die Arbeit wird intensiver, zunehmend gibt es Unsicherheit, Misstrauen, Hilflosigkeitsgefühle sowie Angst vor Arbeitslosigkeit unter den Beschäftigten mit allen Auswirkungen auf deren Gesundheit und Leistungsfähigkeit“ (Expertenkommission „Zukunft der Betrieblichen Gesundheitspolitik“). 

Vor diesem Hintergrund stellt die Ratsfraktion DIE LINKE folgende Fragen: 

  1. Wie entwickelte sich der Krankenstand innerhalb der Stadtverwaltung in den letzten fünf Jahren? (Bitte aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Amt und Jahren)

  2. Liegen der Verwaltung eigene Erhebungen oder Einschätzungen über die Krankheitstage aufgrund psychischer und psychosomatischer Störungen bzw. Erkrankungen bei Mitarbeiter/Innen der Landeshauptstadt Düsseldorf (Stadtverwaltung, Eigenbetriebe, Eigengesellschaften) vor? Wenn ja, wie hoch ist deren prozentualer Anteil an den Krankmeldungen?

  3. Wie viele Mitarbeiter/Innen wurden seit Einführung des Personalentwicklungs-instruments zum Thema Gesundheitsförderung jährlich von der Personalberatungsstelle betreut bzw. wie viele Präventionsmaßnahmen werden jährlich von der Verwaltung organisiert?

Freundliche Grüße 

 

Helmut Born                       Gilbert Yimbou                        Thomas Obst

 

Antwort der Verwaltung (Beigeordneter Prof. Dr. Andreas Meyer-Falcke) am 01.10.2015

Vorbemerkung:
Die Verwaltung hat in der POA-Sitzung am 18.06.2015 die Beantwortung von Fragen zum Themenkomplex „Gesundheit bei der Arbeit“ nicht verweigert. Die Verwaltung hat allerdings angeregt, diese Fragen im Kontext des für die POA-Sitzung am 01.10.2015 bereits fix vereinbarten entsprechenden thematischen Schwerpunktes zu beantworten. Dies galt beispielsweise auch für eine entsprechende Anfrage der Frak-tion der CDU.

Antwort zu Frage 1: Bezüglich der Übersicht über den Krankenstand der letzten fünf Jahre wird auf die Anlage 1 zur Anfrage der Ratsfraktion CDU am 20.08.2015 (TOP 5) "Betriebliche Gesundheitsförderung – Was tut die Verwaltung gegen die Krankenquote" verwiesen. Organisationseinheiten mit weniger als 5 Beschäftigten sind aus Datenschutzgründen ausgesternt.

zu Frage 2: Eigene Erhebungen zu psychischen und psychosomatischen Störungen bzw. Erkrankungen bei Mitarbeiter/Innen der Landeshauptstadt Düsseldorf sowie den Eigenbetrieben bzw. Eigengesellschaften werden nicht durchgeführt. Mögliche Gefährdungen werden im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermittelt und bewertet; hierzu gehört auch das Item psychische Belastungen.
Die Angabe eines prozentualen Anteils an den Krankmeldungen kann nur mit großen Einschränkungen erfolgen. Im Zuge der Ausführungen zu Top 10 der POA-Sitzung am 01.10.2015 wird dargestellt, dass statistische Angaben nur für ca. 5.000 der ca. 10.000 der Beschäftigten vorliegen, weil
- nur für ca. 3/4 der ca. 7.000 tariflich Beschäftigten Auswertungen der gesetzlichen Krankenkassen nach Diagnosehauptgruppen vorliegen, - für die ca. 3.000 Beamtinnen und Beamte eine Auswertung der Beihilfedaten aufgrund nachhaltiger Bedenken der Personalvertretung nicht möglich ist,
- psychosomatische Erkrankungen zudem oft nicht aus den AU-Daten identifizierbar sind; sie fallen dort oftmals unter Muskel-/Skeletterkrankungen, Erkrankungen des Verdauungssystems oder „Sonstige“ Erkrankungen.

zu Frage 3: Zu grundsätzlichen Erläuterungen, insbesondere zu den Akteuren in der Gesund-heitsförderung, wird auf den mündlichen Bericht zu TOP 10 in der POA-Sitzung vom 01.10.2015 verwiesen.
Betriebssportgemeinschaft (BSG):
Dank des großen Engagements der BSG haben die Beschäftigten seit vielen Jahren ein umfangreiches und kostengünstiges Angebot zu Ausgleichssport in der Nähe des Arbeitsplatzes, Gesundheitssport mit Anerkennung durch die Krankenkassen bis hin zu Selbstverteidigung- und Wettkampfsport. Die BSG verfügt über 663 aktive, städtische Mitglieder in insgesamt 20 Sparten; darüber hinaus nehmen jährlich ca. 220 Beschäftigte an sonstigen Kursen der BSG (siehe PE-Maßnahmen) teil.
Personalentwicklungsmaßnahmen (PE-Maßnahmen):
Im Jahr 2014 wurden durch Mitarbeiter/innen des Bereiches Personalentwicklung 21 Coachings für Führungskräfte sowie 64 Qualifizierungsmaßnahmen (911 Unterrichts-stunden) durchgeführt; davon 15 Veranstaltungen (226 Unterrichtsstunden) in Zu-sammenarbeit mit der Betriebssportgemeinschaft.
Konfliktberatungsstelle:
Im Jahr 2014 wurden in der Konfliktberatungsstelle über 300 Personen in fast 1.000 Beratungsgesprächen (einzeln oder mit Gruppen) beraten; eine exakte zahlenmäßige Beantwortung erfolgt hier nicht, da den Beschäftigten Vertraulichkeit zugesichert wird. Von diesen Personen waren 65 % Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung und 35 % Führungskräfte; berufliche Themen machten 60%, gesundheitliche Themen 36% der Beratungen aus.

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM):
Im Rahmen des BEM (§ 84 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX) wurden im Jahr 2014 insgesamt 874 Beschäftigte angeschrieben. Ein Gesprächsangebot (telefonisch oder persönlich) nahmen rd. 63% an. Für 170 Beschäftigte wurde ein BEM-Verfahren durchgeführt.
Betriebsärztliche Vorsorge, Gesundheitstage (u.ä.):
Der Betriebsärztliche Dienst hat im Jahr 2014 4.935 Beschäftigte beraten / untersucht. 487 Beschäftigte nahmen im letzten Jahr an einem amtsbezogenen Gesundheitstag teil, 100 Teilnehmer/innen an der Aktion Radaktiv.
Technische Arbeitssicherheit
Die Tätigkeiten der Technischen Arbeitssicherheit verteilten sich im Jahr 2014 auf ca. 6.800 Stunden für Beratungen bzw. Überprüfungen in den Fachämtern sowie ca. 1.400 Stunden im Notfallmanagement (Beratungen, Räumungsübungen, Brandschutzbegehungen u.a.).