Männliche und Transgender Prostitution in Düsseldorf

Gleichstellungsausschuss

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Gleichstellungsausschusses am 09. Mai 2017:

Prostitution findet in Düsseldorf auf vielfältige Art und Weise statt und zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten. Dabei unterscheidet sich weibliche und männliche Prostitution in wesentlichen Punkten:

Männliche und Transgender Prostitution findet sich seltener in Bordellen und ist auch weniger im öffentlichen Bewusstsein verankert. Dies spiegelt sich auch in der Antwort der Stadtverwaltung zur Anfrage „Prostitution in Düsseldorf“ der LINKEN am 19.03.2014 wider. So gibt es zwar eine Beratungsstelle, die auch männliche Sexarbeiter aufsuchen können sowie streetwork der Aidshilfe Düsseldorf e.V. und Flingern mobil e.V., aber es gibt keine vergleichbaren Angebote, wie es sie für Frauen und Mädchen gibt. Diese werden jedoch ebenso benötigt, um sich mit den speziellen Problemen von männlichen und Transgender SexarbeiterInnen zu beschäftigen (siehe dazu Studie „Mann-männliche Sexarbeit in NRW 2015/2016“).

In Berlin gibt es beispielsweise das Projekt Subway von „HILFE-FÜR-JUNGS e.V“, welches Anlaufstelle für Jungen und junge Männer ist. Beratungs-und Hilfsangebote bilden bei diesem Projekt den Schwerpunkt der Arbeit. So ein Angebot wäre auch für Düsseldorf wünschenswert, denn der Bedarf an Prävention und sozialer Integration ist laut der Studie „Mann-männliche Sexarbeit in NRW“ weiter angestiegen.

Laut dieser Studie ist bei der männlichen und transgender Prostitution der Anteil der Männer/Jungen/Transgender mit Migrationshintergrund nicht ganz so hoch, wie bei der weiblichen Prostitution. Dennoch befinden sich auch hier viele in wirtschaftlich und sozial prekären Situationen. In anderen Städten, wie z.B. Berlin, kann festgestellt werden, dass zunehmend untergetauchte jugendliche männliche Flüchtlinge versuchen, ihr Leben durch Sexarbeit zu finanzieren.

DIE LINKE. Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Wie viele Personen sind in Düsseldorf als männliche und transgender SexarbeiterInnen tätig (aufgeschlüsselt nach Bordellprostitution, Escortservice, Saunaclub, Internetangebote, Straßenstrich etc.)?

  2. Welche konkreten Hilfsangebote gibt es in Düsseldorf für männliche und transgender SexarbeiterInnen und sind weitere geplant? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

  3. Gibt es Erkenntnisse über männliche Jugendliche Flüchtlinge, die als Sexarbeiter tätig sind?

Mit freundlichen Grüßen

Petra Müller-Gehl                    Angelika Kraft-Dlangamandla                Cornelia Schlemper    


Die Beantwortung der Fragen erfolgt seitens des Ordnungsamtes, Gesundheitsamtes und Flingern mobil e. V. bzw. der Anlaufstelle Aufwind.

Zu Frage 1:
Im Ordnungsamt sind 3 Wohnungen bekannt, in denen Transsexuelle „fest“ wohnen. 3 Personen gehen dort der Prostitution nach. Darüber hinaus sind 2 Terminwohnungen bekannt, die im wöchentlichen Wechsel ausschließlich von Transsexuellen genutzt werden. Zudem hat das Ordnungsamt Kenntnis über 1 Bordell für Homosexuelle mit ca. 10 Personen, die dort der Prostitution nachgehen. Hinzu kommen die Transsexuellen, die in den 30 bekannten Düsseldorfer Terminwohnungen sporadisch der Prostitution nachgehen. Hierzu liegen keine näheren Zahlen vor. Begleitagenturen mit männlichen Prostituierten sind nicht bekannt.

Das Gesundheitsamt teilt mit, dass für Menschen, die der Prostitution nachgehen, aktuell keine gesetzliche Anmeldepflicht besteht. Daher werden keine Daten erfasst und es können deshalb auch keine präzisen Aufschlüsselungen nach Tätigkeitsbereichen mitgeteilt werden.
Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gesundheitsamtes sind fünf Trans*Prostituierte (Mann zu Frau) bekannt, die in Düsseldorf als Sexarbeiter tätig sind und die Sprechstunde der Beratungs- und Untersuchungsstelle für sexuelle Gesundheit regelmäßig aufsuchen.

Seitens Flingern mobil e. V. wird mitgeteilt, dass im Rahmen der Streetworktätigkeit, die von der Anlaufstelle Aufwind durchgeführt wird, in den Szenebars in der Nähe des Hauptbahnhofes wöchentlich, insbesondere freitags, ca. 35 Jungen und Männer unterschiedlicher Nationalitäten angetroffen werden. Vorwiegend kommen diese aus Bulgarien, Rumänien und Mazedonien und leben in Düsseldorf. Zusätzlich hat Aufwind ein Profil bei der Internetplattform Planet Romeo und zeigt dort zwei Mal in der Woche Präsenz. Bei den Streetworkgängen begegnenAufwind in der Regel ein bis drei Transgender Prostituierte. In Bordellen und Saunaclubs etc. ist Aufwind nicht tätig.

Zu Frage 2:
Dem Ordnungsamt liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.

Die Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ des Gesundheitsamtes der Landeshauptstadt Düsseldorf bietet für männliche und trans* Prostituierte kostenfrei und anonym eingehende medizinische Beratungen und Untersuchungen auf sexuell übertragbare Infektionen sowie Behandlungen vorliegender Erkrankungen an. Daneben bietet die Fachstelle umfassende psychosoziale sowie sozialrechtliche Beratungen an sowie eine bedarfsorientierte Vermittlung an weitere Hilfs- und Unterstützungsangebote in Düsseldorf. Um auch nicht deutsch sprechende Prostituierte adäquat beraten zu können, steht eine telefonische Sprachmittlung in zahlreichen Sprachen zur Verfügung. Im Rahmen dieser Pflichtberatung können dem Personenkreis bei Bedarf auch weitere Angebote unterbreitet werden.

Weiterhin beteiligt sich ein Vertreter der Fachstelle des Gesundheitsamtes seit 2016 am Runden Tisch Prostitution Düsseldorf, der vom Büro für die Gleichstellung von Frauen und Männer organisiert und durchgeführt wird. Das Ziel dieses Gremiums ist u.a. eine Verbesserung der sozialen und gesellschaftlichen Situation von Prostituierten. Dies soll u. a. durch die Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Prostituierten, der Beendigung von Stigmatisierung und Tabuisierung sowie Aufklärung der Öffentlichkeit bewirkt werden. Weiterhin soll eine allgemeine Beratung und Unterstützung unter Beachtung der unterschiedlichen und sich ändernden Zielgruppen und Herausforderungen ermöglicht werden.
Teilnehmende des Runden Tisches Prostitution Düsseldorf sind neben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern städtischer Fachstellen sowie der Polizei auch Expertinnen und Experten Düsseldorfer Trägerinnen und Träger. Des Weiteren beteiligen sich auch Vertreterinnen und Vertreter verschiedener politischer Parteien.

Unabhängig davon bieten folgende Einrichtungen verschiedener Düsseldorfer Trägerinnen und Träger vorwiegend soziale Hilfsangebote an:

  • Aufwind - Anlaufstelle für männliche Prostituierte
    Träger: Flingern mobil e.V.

  • Streetwork auf der Charlottenstraße (u.a. für Trans*)/Info-Bus
    Caritas (Knackpunkt) gemeinsam mit frauenberatungsstelle e.V., Aidshilfe Düsseldorf e.V. und frauenberatungsstelle düsseldorf e.V.

  • Streetwork in Anbahnungsgaststätten für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM)
    Aidshilfe Düsseldorf e.V. sowie Flingern mobil e.V. (Aufwind)

  • Trans* Beratungsstelle Düsseldorf
    Träger: Aidshilfe Düsseldorf e.V.

Flingern mobil e. V. ist in Düsseldorf für die Zielgruppe männlicher Prostituierte nur die Anlaufstelle Aufwind bekannt. Für die Dauer von drei Jahren finanziert das Deutsche Hilfswerk (Fernsehlotterie) zu 80 % eine Fachkraftstelle mit halbem Beschäftigungsumfang. Die Förderung ist bis Oktober 2018 befristet, eine Fortführung des Projektes über diesen Zeitraum hinaus ist wegen der ungeklärten Finanzierung derzeit ungewiss.
Das Angebot der Anlaufstelle Aufwind besteht neben der Beratung und einem geschützten Raum für die Zielgruppe auch aus warmen Mahlzeiten, Getränken, Dusche und einer Waschmaschine, die die Klienten nutzen können.

zu Frage 3:
Dem Ordnungsamt liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Insgesamt wird darauf hingewiesen, dass zum 1. Juli 2017 das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft treten wird, welches – mit Übergangsfristen bis zum 31.12.2017 – u.a. eine Registrierung sämtlicher in der Prostitution tätiger Personen vorsieht. Es ist deshalb zu erwarten, dass sich die Erkenntnislage in den nächsten Monaten noch entsprechend verändern wird.

Den Beschäftigten der Fachstelle des Gesundheitsamtes liegen derzeit hierzu für Düsseldorf keine Erkenntnisse vor. Dem Büro der Flüchtlingsbeauftragten liegen ebenfalls keine Erkenntnisse über männliche jugendliche Flüchtlinge, die als Sexarbeiter tätig sind, vor.

Flingern mobil e. V. teilt mit, dass in den vergangenen Monaten in der Szene eine Veränderung bezüglich Geflüchteter zu erkennen ist. In den Streetworkeinsätzen von Aufwind sind unter anderem Menschen aus Syrien, Somalia, Eritrea und Marokko anzutreffen. Die Altersstruktur bewegt sich in der Szene der mann-männlichen Prostitution zwischen 15 und 28 Jahren, wobei in den letzten Monaten verstärkt Minderjährige anzutreffen waren.