Maßnahmen bei atomarem Störfall der belgischen Atomkraftwerke Tihange und Doel

Umweltausschuss

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Umweltausschusses am 18. Februar 2016:  Die belgischen Atomkraftwerke (AKW) in Doel und Tihange werden seit Wochen wegen vieler Störfälle immer wieder abgeschaltet. Es werden immer wieder Zwischenfälle an den Reaktoren gemeldet, trotzdem verlängerte Belgien die Laufzeit der beiden AKWs bis 2025. Berichte über Pannen, wie Brände, Wasserlecks, explodierende Transformatoren oder tausende feine Risse in Reaktorendruckbehältern, nehmen währenddessen nicht ab. Auch wenn diese Pannen bisher im „nicht-nuklearen“ Bereich liegen, bieten sie großen Anlass zur Sorge. 

Im Falle eines schweren Atomunfalls wären weite Teile von NRW durch radioaktiven Niederschlag betroffen, was enorme, langfristige Folgen mit sich ziehen würde. Auch die BewohnnerInnen Düsseldorfs liegen in dem betroffenen Bereich. Das AKW Tihange ist nur 130 km Luftlinie von Düsseldorf entfernt, bei den üblichen Westwinden würde radioaktive Luftverschmutzung auch bis nach Düsseldorf getragen werden. 

Leider erfolgen seitens der Länder und des Bundes keine konkreten Maßnahmen, um Druck auf die belgische Atomaufsicht und den Betreiber Electrabel auszuüben. Auch die Belieferung der anfälligen Reaktoren mit Brennelementen aus Lingen im Emsland, steht nicht in der öffentlichen Kritik. 

Städte, die im unmittelbaren Umkreis der AKWs liegen, bereiten sich auf den Ernstfall vor. So hat Aachen einen Krisenstab einberufen und den Ernstfall durchspielen lassen. Auch wenn Düsseldorf nicht in der unmittelbaren Schutzzone liegt, wären die BewohnerInnen in einem Ernstfall direkt betroffen und würden gesundheitliche Schäden davon tragen. 

Daher stellt die Ratsfraktion DIE LINKE folgende Anfrage: 

  1. Wie bereitet sich Düsseldorf auf einen atomaren Störfall vor, gibt es bereits im Vorfeld geplante Informationen zum Verhalten im Ernstfall für BewohnerInnen und wie werden diese an die BewohnerInnen herangetragen?
  1. Welche Maßnahmen werden im Katastrophenfall ergriffen, sind die von der Landesregierung vorgesehenen mobilen Dekontaminationscontainer für Einsatzkräfte und die Bevölkerung vorhanden (wenn ja, für wie viele Einsatzkräfte und BewohnerInnen stehen diese Düsseldorf zur Verfügung) und sind weitere Maßnahmen wie mobile Behandlungsplätze sowie Betreuungsplätze und die Verteilung von Jodtabletten gesichert, wenn ja, um welche handelt es sich?
  1. Existiert ein kommunaler Krisenstab und wie bereitet er sich auf einen möglichen atomaren Störfall, ausgelöst durch Pannen an den beiden oben erwähnten belgischen AKWs, vor?

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Schöll                        Odd Krause                                 Natalie Meisen

 

Antwort der Verwaltung am 08.04.2016 (Beigeordnete Stulgies)

zu Frage 1: Die Vorbereitung auf einen atomaren Störfall findet in Abstimmung mit dem Land im Rahmen des kommunalen Krisenmanagements statt. Im Nachgang zum erdbebenbedingten Störfall in Fukushima/Japan wurden seitens des Bundes die bisherigen Planungsgebiete und -aufgaben für atomare Störfälle überprüft und aktualisierte Empfehlungen ausgesprochen. Die Planungszonen für vorbereitende Maßnahmen wurden darin ausgedehnt. Erstmals sind für das Düsseldorfer Stadtgebiet Vorkehrungen für Evakuierungsmaßnahmen und die Ausgabe von Jodtabletten an Schwangere und Personen unter 18 Jahren zu treffen.
Grundsätzliche Informationen und Verhaltenshinweise für Krisensituationen sind online auf den Seiten der Feuerwehr erhältlich. Im Einsatzfall erfolgt die Information der Bevölkerung kurzfristig lagebezogen über alle dem Krisenmanagement zur Verfügung stehenden Mittel und Wege. Zu nennen sind besonders das Gefahrentelefon (0211-3889 889), Radiodurchsagen, städtische Internetseiten und soziale Medien.

zu Frage 2: Im Katastrophenfall wird in Düsseldorf das Krisenmanagementsystem aktiviert, um eine abgestimmte Risikokommunikation sicherstellen zu können und Maßnahmen der unterschiedlichen Behörden und Stellen zu koordinieren.
Zur Dekontamination von Verletzten wurde der Stadt Düsseldorf ein mobiler Container auf der Grundlage des ABC-Schutz-Konzeptes NRW zur Verfügung gestellt, ebenso stehen Einheiten für einen Behandlungsplatz und einen Betreuungsplatz zur Verfügung. Diese Einheiten sind nicht für atomare Störfälle sondern für Unfälle mit chemischen Stoffen (bis zu 100 kontaminierte Verletzte) geeignet und vorgesehen.
Das Stadtgebiet Düsseldorfs liegt im Planungsgebiet „Fernzone“ (mehr als 100 km Entfernung vom Quellort). Auf Grundlage des Strahlenschutzvorsorgegesetzes sind in der Fernzone Messprogramme zur Erfassung der radiologischen Lage und Maßnahmen zur Jodblockade bei Schwangeren und Personen unter 18 Jahren vorzusehen.
Das Bundesamt für Strahlenschutz unterhält ein bundesweites stationäres Messnetz zur kontinuierlichen Erfassung der radiologischen Lage, über das auch im Falle eines atomaren Störfalls Messdaten zur Lagebewertung erfasst werden. Ergänzend dazu können mobile Messungen durch die Feuerwehr erfolgen.
Jodtabletten werden vom Land beschafft und im Krisenfall von der Kommune ausgegeben.

zu Frage 3: Ein kommunaler Krisenstab ist in Düsseldorf seit den Ereignissen in Tschernobyl 1986 etabliert. Das Krisenmanagementsystem wird seit dem laufend fortentwickelt. Das Land beabsichtigt, die nach den Empfehlungen der Strahlenschutzkommission vorgesehenen Evakuierungsmaßnahmen bei einem atomaren Störfall gemeinschaftlich mit den Kommunen zu erarbeiten. Der kommunale Krisenstab setzt sich schon jetzt regelmäßig mit unterschiedlichen Szenarien wie einem flächendeckenden Stromausfall, Umgang mit Pandemien etc. auseinander. Viele Erkenntnisse und entwickelte Lösungen sind dabei unabhängig von den Szenarien generell anwendbar und somit auch für einen nicht auszuschließenden atomaren Störfall mit großflächigen Evakuierungen.