Keine Bundeswehr an Düsseldorfer Schulen

Rat

Antrag der Ratsfraktion DIE LINKE. Düsseldorf zur Sitzung des Rates am 10.07.2025 (RAT/249/2025):

Der Rat der Stadt Düsseldorf appelliert an die Düsseldorfer Schulen, keine Jugendoffiziere oder andere Repräsentant:innen der Bundeswehr zu Informations- und Werbezwecken einzuladen. Die Verwaltung wird aufgefordert, Schüler:innen, Eltern und Lehrer:innen über ihre Einspruchsrechte gegen Auftritte von Vertreter:innen der Bundeswehr zu informieren.

Begründung:
Die Bundeswehr bemüht sich zunehmend, durch Information und intensive sowie zielgerichtete Werbung unter anderem an und in Schulen und Hochschulen Jugendliche für den Bundeswehrdienst zu werben.

Das Bundesverteidigungsministerium teilte auf eine Parlamentarische Anfrage der Linken Bundestagsfraktion mit, das im Jahr 2020 Vertreter:innen der Bundeswehr bundesweit 2.717 Auftritte in Schulen und an Hochschulen durchführte. 2024 waren es schon 6.137 Auftritte. Die Zahl der Besuche hat sich damit in dem Zeitraum mehr als verdoppelt.

In NRW sieht es ähnlich aus: 2020 gab es 352 Bundeswehrauftritte in Schulen und Universitäten; 2024 waren es schon 876. Die Bundeswehr hat angekündigt diese Werbemaßnahmen noch erheblich auszuweiten.

Aktuell wird die Wiedereinführung einer Wehrpflicht diskutiert. Schon 2024 kündigte „Verteidigungsminister“ Pistorius an: „Wir müssen bis 2029 kriegstüchtig sein.“

Während im gesellschaftlichen Umfeld die Erkenntnis hochgehalten wird, dass Gewalt keine Lösung für Konflikte ist, gilt im politischen Umfeld eine “Notwendigkeit” gewaltsamer Lösungen für Konflikte zunehmend (und mittlerweile bei den meisten im Bundestag vertretenden Parteien) als unumstritten. Meist wird im politischen Raum nur noch darüber diskutiert, wie viele gesellschaftliche Ressourcen wie schnell für die Vorbereitung gewaltsamer Konfliktlösungen verwendet werden können.

Es ist also eine zunehmende Militarisierung der Gesellschaft zu beobachten. Nicht-militärische Strategien zur Krisenbewältigung und zur Behebung von Konflikten und Auseinandersetzung werden im Gegensatz zu kriegerischen Lösungsstrategien kaum noch als Handlungsmöglichkeit erwogen.

Bei diesen gewaltorientieren Handlungsstrategien spielt die Bundeswehr eine entscheidende Rolle. Sie ist also kein Betrieb wie jeder andere, sondern zweifellos auf Kriegsführung (was je nach politischer Sichtweise auch “Verteidigung” genannt wird) und damit auf den Einsatz von Gewalt und in dessen Folge auf die effiziente Verursachung von Tod ausgerichtet.

Sie ist daher keine Instanz, die objektiv über Außen- und Kriegspolitik (was je nach politischer Sichtweise auch “Verteidigungspolitik” genannt wird) zu informieren.

Besuche der Bundeswehr in Schulen dienen natürlicherweise der Verbreitung des Narratives einer gerechtfertigten Gewaltanwendung und Tötungen durch die Bundeswehr und sie dient der Anwerbung von späteren Freiwilligen unter den Heranwachsenden, um Gewaltanwendung und Tötungen auch in Zukunft durchführen zu können.

Soldat:in ist kein Job wie jeder andere. Soldat:innen müssen bereit sein, auf Befehl Menschen zu töten; das ist ihr Beruf. Das Berufsrisiko ist, getötet zu werden. Die Bundeswehr vermittelt in den Schulen ein geschöntes Bild vom Kriegsgeschehen und den eigenen Aktivitäten in den Kriegsgebieten und betrachtet die Besuche in den Schulen als wichtiges Werbeinstrument.

Diese Praxis widerspricht den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention, die auch Deutschland unterzeichnet hat. Die darin verbrieften Rechte gelten für alle Jugendlichen unter 18 Jahren (Quelle: terres des hommes).

Die Bundeswehr vertritt die Auffassung, dass sie einen grundgesetzlich legitimierten Informations- und Bildungsauftrag und damit eine exklusive Sonderrolle in der Schule hat. Dieser Anspruch widerspricht dem schulischen Neutralitätsgebot nach dem Beutelsbacher Konsens.

Demnach dürfen Lehrer:innen Schüler:innen ihre Meinung nicht aufzwingen (Überwältigungsverbot) und sie müssen das, was in der Gesellschaft kontrovers diskutiert wird, auch kontrovers darstellen (Kontroversitätsgebot). Der Besuch von Jugendoffizier:innen in den Schulen ist immer interessengeleitet, da ihr Arbeitgeber die Bundeswehr ist.

Zum anderen wird durch Bundeswehrwerbung bei schulischen Veranstaltungen das Kontroversitätsgebot verletzt, da Themen, die in Wissenschaft und Politik kontrovers diskutiert werden, auch im Unterricht in dieser Weise behandelt werden müssen. Nur bei einem Bruchteil der Informationsbesuche von Bundeswehrangehörigen seien auch andere Gesprächspartner*innen anwesend, die eine friedenspolitische Agenda vertreten.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert die Besuche der Bundeswehr in Schulen und an Universitäten und fordert die Aufkündigung der in NRW bestehenden Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr zu kündigen.

In der Landesverfassung NRW steht eindeutig: „Die Jugend soll erzogen werden im Geiste der Menschlichkeit, der Demokratie und der Freiheit, …, zur Völkergemeinschaft und Friedensgesinnung.“ Die zunehmenden Besuche von Bundeswehrangehörigen in Schulen und an Universitäten widerspricht somit auch der Landesverfassung.

Unter anderem der Stadtrat im sächsischen Zwickau hatte Anfang diesen Jahres ein Werbeverbot für die Bundeswehr in den Schulen der Stadt beschlossen. In Bayern klagt die GEW gegen den verpflichtenden Einsatz von Bundeswehrwerbung an Schulen.

Die Schulkonferenz bzw. der/die Schulleiter:in können den Besuch von Vertreter:innen der Bundeswehr untersagen. Auch die GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) hat sich in einem Beschluss schon 2010 gegen die Einflussnahme der Bundeswehr auf die Schulen ausgesprochen. Die Schüler:innen müssen verstärkt auf ihre Rechte hingewiesen werden, wie sie sich gegen einen Besuch der Bundeswehr wehren können.

Freundliche Grüße
Julia Marmulla           Helmut Born


Beschluss: mehrheitlich abgelehnt