Ökologische Auswirkungen der geplanten Rheinvertiefung im Düsseldorfer Stadtgebiet

Umweltausschuss

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Umweltausschusses am 16. Juni 2016:

Der am 16. März 2016 vom Bundesverkehrsminister vorgelegte Bundesverkehrswegeplan sieht u. a. eine Vertiefung des Rheinflussbettes zwischen Duisburg und Neuss von 2,50 m auf 2,80 m und zwischen Neuss und Stürzelberg von 2,50 m auf 2,70 m vor. Noch weiter gehen die Planungen der NRW-Landesregierung: das am 11.4.2016 von Landesverkehrsminister Groschek vorgelegte „Wasserstraßen-, Hafen – und Logistikkonzept des Landes NRW“ sieht  eine Rheinvertiefung auf 2,80 m bis Köln vor.

Der Rhein ist nicht nur eine (Bundes-)Wasserstraße, sondern mit seinen verbliebenen Auen auch ein vielseitiger Lebensraum, den es, gemäß der Anforderungen des Natur- und Gewässerschutzes, zu erhalten und ökologisch zu entwickeln gilt.

Eine Expertise des BUND kommt zu dem Ergebnis, dass eine Fahrrinnen-Vertiefung des Rheins gegen das Verschlechterungsverbot der EU-Wasserrahmenrichtlinie und voraussichtlich auch der FFH (Fauna-Flora-Habitat)-Richtlinie verstoßen würde. Erst unlängst hat der Europäische Gerichtshof aufgrund einer BUND-Klage zur Weservertiefung ein bahnbrechendes Urteil zum Verschlechterungsverbot gefällt, was zu einem Aus aller Planungen führen könnte, die einer nachhaltigen Gewässerschutzpolitik widersprechen.  Laut der aktuellen NRW-Bestandsaufnahme ist der ökologische Zustand des betroffenen Rheinabschnitts auch wegen der Veränderungen für die Schifffahrt mäßig bis unbefriedigend und verfehlt damit die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) deutlich.

Laut BUND wäre neben dem möglichen Eingriff in die Flussökologie und die Bedrohung geschützter Fischarten wie Maifisch, Nordseeschnäpel oder Lachs eine Vertiefung der Fahrrinne auch mit negativen Folgen für angrenzende geschützte Lebensräume verbunden. Eine Vertiefung der Fahrrinne führt zwangsläufig zu einem Absinken des Wasserspiegels und beeinflusst den Grundwasserstand in benachbarten Auen und Feuchtgebieten wie z.B. der Urdenbacher Kämpe. Letztere wurde gerade erst mit viel Geld renaturiert. Sowohl die Urdenbacher Kämpe als auch das direkt gegenüber dem Reisholzer Hafen liegende Gebiet des „Zonser Grind“ wurden als FFH-Gebiet ausgewiesen. Gleiches gilt auch für das Gesamtgebiet „Rhein-Fischschutzzonen zwischen Emmerich und Bad Honnef“. 

Daher stellt die Ratsfraktion DIE LINKE folgende Anfrage: 

  1. Welche Auswirkungen auf Flora und Fauna des Rheins im Stadtgebiet Düsseldorf wird die geplante Rheinvertiefung mit sich bringen?

  2.  Wenn die Rheinvertiefung zu einem Absinken des Grundwasserspiegels im Stadtgebiet führt: Mit welchen Auswirkungen auf den Betrieb der Wasserwerke, auf die im Stadtgebiet vorhandenen Zuflüsse des Rheins und insbesondere auf rheinufernahe Feuchtgebiete rechnet die Verwaltung?

  3. Sofern die geplante Vertiefung des Flussbetts gegen die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (Verbot der Verschlechterung des Gewässerzustands durch die Bewirtschaftung von Gewässern, in deutsches Recht umgesetzt durch Aufnahme in das Wasserhaushaltsgesetz) verstößt: inwiefern wird die Stadt gegen die Planungen von Bund und Land vorgehen?

Mit freundlichen Grüßen    

Wolfgang Schöll              Odd Krause                     Natalie Meisen

 

Antwort der Verwaltung am 16.06.2016 (Beigeordnete Stulgies)

zu Frage 1: Bisher liegt keine aussagekräftige Planung für eine Vertiefung der Fahrrinne des Rheins vor. Daher können auch nur allgemeine Aussagen/Einschätzungen zu möglichen Auswirkungen auf Flora und Fauna vorgenommen werden.
Grundsätzlich wird eine Fahrrinnenvertiefung des Rheins um 0,2 – 0,3 m Auswirkungen auch über die Bauzeit hinaus haben. Während der Ausbaggerung kommt es zu einer Beeinträchtigung des Rheins durch die entstehende Trübung. Sich im Fahrrinnenbereich aufhaltende Tiere und Pflanzen werden ausgebaggert.
Dauerhaft könnten sich auch die Fließverhältnisse verändern. Daher wären mögliche Folgen für die im Rhein lebenden Tiere wie z.B. Fische, Krebse, Muscheln und Libellen zu untersuchen. Eine mögliche Folge der Fahrrinnenvertiefung kann zudem eine weitere Abkoppelung der Auen vom Rheinhauptstrom durch häufigeres trocken fallen der Auen bedeuten. Hierdurch würde eine Verlandung der Auen beschleunigt. Fische im Rhein sind auf Auengewässer als Laichbereiche, Aufwuchsgewässer, Rückzugräume bei Hochwasser oder als Wintereinstand angewiesen.
Zu betrachten wären auch mögliche Auswirkungen auf geschützte Auenlebensräume mit ihren Tier- und Pflanzenarten in den Naturschutzgebieten Urdenbacher Kämpe und Himmelgeister Rheinbogen.
Für die Vertiefung der Fahrrinne wird es ein Zulassungsverfahren geben (Planfeststellungsverfahren). In diesem Zulassungsverfahren wird neben der Umweltverträglichkeit auch die FFH-Verträglichkeit zu prüfen sein, da im und am Rhein auch FFH-Gebiete liegen. Eine belastbare Einschätzung, welche Auswirkungen das Vorhaben auf Flora und Fauna konkret haben würde, kann erst anhand dieser Gutachten erfolgen.

zu Frage 2: Übereinstimmend kamen die zuständigen Wasserversorger (Stadtwerke Duisburg, Düsseldorf und Solingen) auf Anfrage zu einer ersten Einschätzung, dass die Förderung der erforderlichen Rohwassermengen und damit die Bereitstellung ausreichender Trinkwassermengen durch eine geplante Vertiefung des Rheinflussbettes kaum gefährdet sind.
Möglich sind jedoch Auswirkungen auf die Qualität des Rohwassers durch das Entfernen des mikrobiologisch aktiven Kolmationsfilmes, einem dünnen Film von Mikroorganismen auf der Rheinsohle. Sowohl in der Bauzeit als auch in der Regenerationsphase können Veränderungen in der Rohwasserqualität, wie z.B. Trübung oder Verkeimung, nicht ausgeschlossen werden. Dies betrifft jedoch nicht die Trinkwasserqualität, da das Rohwasser zunächst in Aufbereitungsanlagen behandelt wird.
Auswirkungen auf die im Stadtgebiet vorhandenen Zuflüsse werden als gering eingeschätzt, da diese überwiegend aus den östlich gelegenen Gebieten des Bergischen Landes gespeist werden.

zu Frage 3: Die Stadt wird im Rahmen ihrer Beteiligung am Planfestellungsverfahren zu gegebener Zeit ihre Anregungen und ggfls. Einwendungen vortragen.