Satzung zum Schutz und Erhalt von Wohnraum im Gebiet der Landeshauptstadt Düsseldorf

Ausschuss für Wohnungswesen und Modernisierung

Antrag der Ratsfraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Ausschusses für Wohnungswesen und Modernisierung  am 28.08.2017:  
Der Ausschuss beschließt, die Verwaltung zu beauftragen, aufgrund des § 40 Abs. 4 des Gesetzes zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen (WFNG NRW) vom 08. Dezember 2009 (GV.NRW.S.772), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Januar 2013 (GV.NRW.S.16), folgende Satzung in die Ratssitzung am 21. September 2017 als Beschlussvorlage einzubringen:

 § 1 Gegenstand der Satzung

(1) Auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Düsseldorf besteht erhöhter Wohnraumbedarf. Dies gilt insbesondere für bezahlbaren Wohnraum für die unteren Einkommensgruppen. Mit dieser Satzung sollen Miet- und Genossenschaftswohnungen sowie einzelne vermietete Wohnräume vor ungenehmigter Zweckentfremdung geschützt werden. Daher bedarf die Nutzung von Wohnraum zu anderen als zu Wohnzwecken und der Leerstand von Wohnraum im Stadtgebiet der Genehmigung.

(2) Die Satzung gilt für Wohnräume im Gebiet der Landeshauptstadt Düsseldorf, die zum Inkrafttreten dieser Satzung Wohnraum waren oder danach werden.

(3) Die Satzung umfasst nicht den geförderten Wohnraum gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1-3 WFNG NRW, soweit dessen Zweckbindung nicht nach § 22 WFNG NRW entfallen ist.    


§ 2 Wohnraum

(1) Wohnraum im Sinne der Satzung sind sämtliche Räume, die zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt sind.

(2) Objektiv geeignet sind Räume, wenn sie die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglichen. Die subjektive Bestimmung (erstmalige Widmung oder spätere Umwidmung) trifft die/der Verfügungsberechtigte ausdrücklich oder durch nach außen erkennbares schlüssiges Verhalten, i.d.R. durch Überlassung zu Wohnzwecken.

(3) Wohnraum im Sinne dieser Satzung liegt nicht vor, wenn

1. er dem Wohnungsmarkt nicht generell zur Verfügung steht, weil das Wohnen in einem engen räumlichen Zusammenhang an eine bestimmte Tätigkeit geknüpft ist (z.B. Wohnraum für Aufsichtspersonen auf einem Betriebsgelände, Hausmeisterwohnung auf dem Schulgelände),
2. er nicht oder noch nicht bezugsfertig ist,
3. er baurechtlich nicht genehmigt ist,
4. ein dauerndes Bewohnen unzulässig oder unzumutbar ist, weil der Raum einen schweren Mangel bzw. Missstand aufweist oder unerträglichen Umwelteinflüssen ausgesetzt ist und die Bewohnbarkeit nicht im Rahmen des § 9 Abs. 1 dieser Satzung wieder hergestellt werden kann,
5. er nicht ununterbrochen genutzt wird, weil er bestimmungsgemäß der /dem Verfügungsberechtigten als Zweit- oder Ferienwohnung dient,
6. er sich eigengenutzt in einem Eigenheim nach § 29 Nr. 1 WFNG NRW oder einer eigengenutzten Eigentumswohnung befindet,
7. er auf Grund der Umstände des Einzelfalls nachweislich nicht mehr vom Markt angenommen wird, z.B. wegen seiner Größe, seines Grundrisses oder seiner Lage. Die/der Verfügungsberechtigte hat die erfolglosen Vermietungsbemühungen zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu belegen.

 
§ 3 Zweckentfremdung

(1) Wohnraum ist zweckentfremdet, wenn ihm durch die Verfügungs- und/oder Nutzungsberechtigten der Wohnzweck entzogen wird. Eine Zweckentfremdung liegt insbesondere vor, wenn der Wohnraum

  1. überwiegend (mehr als 50% der Fläche) für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet oder überlassen wird,
  2. baulich derart verändert oder in einer Weise genutzt wird, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist,
  3. nicht nur vorübergehend für Zwecke der Fremdenbeherbergung, gewerblichen Zimmervermietung oder Einrichtung von Schlafstätten / Matratzenlagern genutzt wird,
  4. länger als drei Monate leer steht,
  5. beseitigt wird (Abbruch).

(2) Wird eine Zweckentfremdung nach Abs. 1 festgestellt, ist der/dem Verfügungsberechtigten und der Nutzerin bzw. dem Nutzer aufzugeben, die Zweckentfremdung unverzüglich zu beenden und den Wohnraum wieder Wohnzwecken zuzuführen.

 
§ 4 Genehmigung

(1) In Ausnahmefällen ist auf Antrag eine Zweckentfremdungsgenehmigung möglich.

(2) Eine Genehmigung kann erteilt werden, wenn vorrangige öffentliche Belange oder schutzwürdige private Interessen das Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen.

(3) Ein Leerstand kann ohne Ausgleichsmaßnahmen genehmigt werden, solange der Wohnraum nachweislich unverzüglich umgebaut, instandgesetzt oder modernisiert wird.

(4) Die wohnungsrechtliche Genehmigung zur Zweckentfremdung ersetzt keine nach anderen Bestimmungen erforderlichen Genehmigungen (z.B. des Baurechts).

§ 5 Entrichtung von Ausgleichszahlungen

(1) Mit der Ausgleichszahlung sollen die durch die Zweckentfremdung bedingten Mehraufwendungen der Allgemeinheit für die Schaffung neuen Wohnraums teilweise kompensiert und so ein Ausgleich für den Verlust an Wohnraum geschaffen werden. Die Ausgleichszahlungen sind daher zweckgebunden für die Schaffung neuen Wohnraums zu verwenden.

(2) Im Falle einer Zweckentfremdung oder eines Leerstandes beträgt die einmalige Ausgleichszahlung pro Jahr bis zu 475,- €/qm Wohnfläche. Die Höhe der Ausgleichszahlung bemisst sich dabei insbesondere nach der Dauer der Zweckentfremdung, dem Wert des (entfallenden) Wohnraums und dem Vorteil für den Verfügungsberechtigten. Die Ausgleichszahlung ist mit jährlich drei Prozentpunkten über dem Basissatz der Europäischen Zentralbank für die Zeit vom Beginn der (mit oder ohne Genehmigung vorgenommenen) Zweckentfremdung an bis zur Entrichtung der Ausgleichszahlung zu verzinsen.

(3) Die Ausgleichszahlung kommt als alleinige Ausgleichsmaßnahme oder als ergänzende Maßnahme in Betracht.

§ 6 Negativattest

Bei Maßnahmen, für die eine Genehmigung nicht erforderlich ist, weil schützenswerter Wohnraum nicht vorhanden ist (§ 2 Abs. 3), ist auf Antrag ein Negativattest auszustellen.

 

§ 7 Auskunfts- und Betretungsrecht

(1) Die dinglich Verfügungsberechtigten und die Besitzerinnen und Besitzer des Wohnraums haben der Landeshauptstadt Düsseldorf alle Auskünfte zu erteilen und alle Unterlagen vorzulegen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Vorschriften dieser Satzung zu überwachen; sie haben dazu den von der Stadt Düsseldorf beauftragten Personen zu ermöglichen, Grundstücke, Gebäude, Wohnungen und Wohnräume zu betreten.

(2) Auf der Grundlage von § 11 Abs. 4 Wohnaufsichtsgesetz NRW (WAG NRW) und dieser Satzung wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) insoweit eingeschränkt.

 

§ 8 Anordnung zur Wiederherstellung von Wohnraum zu Wohnzwecken

Ist leer stehender Wohnraum auf Grund eines baulichen Zustands nicht zu vermieten, kann eine Instandsetzung angeordnet werden. Die Regelungen des WAG NRW sind entsprechend anzuwenden.

 

§ 9 Ordnungswidrigkeiten

Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen dieser Satzung werden nach § 13 WAG NRW als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 50.000,- € geahndet.

 

§ 10 Verwaltungsgebühren

Die Erhebung von Verwaltungsgebühren richtet sich nach der Verwaltungsgebührensatzung nebst Gebührentarif der Landeshauptstadt Düsseldorf in der jeweils gültigen Fassung.

 

§ 11 Übergangsvorschrift

Wohnraum, der bereits vor Inkrafttreten dieser Satzung und seitdem ohne Unterbrechung leer stand, fällt nach einem Zeitraum von drei Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 4) nach Inkrafttreten unter den Anwendungsbereich dieser Satzung.

 

§ 12 Inkrafttreten

Diese Satzung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Landeshauptstadt Düsseldorf in Kraft.

Die vorstehende Satzung wird hiermit öffentlich bekannt gemacht.

Es wird darauf hingewiesen, dass eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) beim Zustandekommen dieser Satzung nach Ablauf eines Jahres seit dieser Bekanntmachung nicht mehr geltend gemacht werden kann, es sei denn,

a)      eine vorgeschriebene Genehmigung fehlt oder ein vorgeschriebenes Anzeigeverfahren wurde nicht durchgeführt,

b)      diese Satzung ist nicht ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden,

c)       der Oberbürgermeister hat den Satzungsbeschluss vorher beanstandet oder

d)      der Form- oder Verfahrensmangel ist gegenüber der Stadt vorher gerügt und dabei die verletzte Rechtsvorschrift und die Tatsache bezeichnet worden, die den Mangel ergibt.

 

Begründung:

In der Ratssitzung am 10. September 2015 beantragte die Ratsfraktion DIE LINKE die Verwaltung zu beauftragen, dem Rat in der nächsten Ratssitzung einen Entwurf zu einer Zweckentfremdungssatzung vorzulegen. Dies ist von den Fraktionen CDU, SPD und FDP abgelehnt worden.

Die Wohnungssituation in Düsseldorf hat sich seitdem weiter verschlechtert. Renditeerwartungen und Grundstücksspekulation treiben die Mietpreise weiter nach oben. Für Menschen, die auf Hartz IV oder die Grundsicherung angewiesen sind, ist es praktisch unmöglich, eine angemessene Wohnung zu finden.

Auch die Geflüchteten, die auf Dauer bei uns bleiben, haben Anspruch auf eine angemessene Wohnung.

Zunehmend jedoch werden Wohnungen als Ferien- oder Kurzzeitwohnungen zweckentfremdet. In der Hoffnung auf weiter steigende Immobilienpreise wird mit Wohnungsleerstand und Grundstücken spekuliert.

Immer häufiger verlieren MieterInnen ihre Wohnung, weil die Vermieter aus Profitgründen zunehmend vom § 559 BGB Gebrauch machen. Danach können sie 11 % der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete umlegen. Die Modernisierung ist so nach 9 Jahren von den Mietern bezahlt. Die Mieterhöhung läuft allerdings unbegrenzt weiter, sodass hier auf Dauer ein exorbitanter Profit entsteht. Hier zeichnet sich zurzeit exemplarisch insbesondere der Wohnungskonzern LEG AG (ehemals Landesentwicklungsgesellschaft NRW) aus. Die LEG wurde als gemeinnützige Wohnungsgesellschaft 1970 vom Land NRW gegründet. 2008 verkauft die damalige CDU/FDP-Landesregierung die Gesellschaft an eine Tochter der amerikanischen Finanzheuschrecke Goldmann Sachs. Die Folgen dieser Politik zeigen sich in Hassels Nord und jetzt auch in Vennhausen. So wird zunehmend bezahlbarer Wohnraum in Düsseldorf vernichtet. Jetzt geht es nicht mehr um gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik sondern ausschließlich um möglichst hohe Rendite.

Dies zeigt, dass sich die Wohnungssituation in Düsseldorf immer weiter verschlechtert. Angesichts dieser Entwicklung sind Maßnahmen einer gemeinwohlorientierten Wohnungspolitik überfällig und unabdingbar. Die Zweckentfremdungssatzung ist allerdings nur ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Noch ist es möglich, dass Kommunen eine Zweckentfremdungssatzung für ihr Stadtgebiet formulieren und in Kraft setzen. Die neue schwarz-gelbe Landesregierung will dieses Gesetz auf den Prüfstand stellen. So ist es dringend geboten, dass eine entsprechende Satzung wie in mehreren NRW-Städten auch in Düsseldorf in Kraft gesetzt wird. Es besteht dann eine große Chance, dass auch bei einer Gesetzesänderung die bestehende Satzung erhalten bleibt.

Mit freundlichen Grüßen   

Lutz Pfundner                                  Mbulelo Dlangamandla                                               Peter Kirchner