Unterbringungssituation von Wohnungslosen in Düsseldorf

Ausschuss für Gesundheit und Soziales

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am 17. Februar 2016: In Düsseldorf gibt es zu wenige Unterbringungsplätze für Wohnungslose. Der Mangel besteht vor allem deswegen, weil die Stadt in der Vergangenheit viele Plätze für Wohnungslose abgebaut hat. Aus einer Anfrage im Oktober 2014 der Ratsfraktion DIE LINKE geht hervor, dass im Jahr 2010 die Unterkunft Kuthsweg mit 169 Plätzen geschlossen wurde, ein Jahr später die Unterkunft Borbecker Strasse mit 30 Plätzen, im Jahr 2013 folgten dann 100 Plätze auf der Klein- und Forststrasse. Weitere 122 Plätze wurden umgenutzt und stehen ebenfalls nicht mehr für die Unterbringung von Wohnungslosen zur Verfügung. Neu angemietet wurde in dieser Zeit lediglich ein Objekt mit 26 Plätzen. Rund 400 Plätze für Wohnungslose sind somit weggefallen – gleichzeitig steigt landesweit wieder die Zahl wohnungsloser Menschen an. 

DIE LINKE. Ratsfraktion Düsseldorf fragt an: 

  1. Wie hat sich in den vergangenen zwei Jahren die Zahl der in städtischen Notunterkünften untergebrachten Menschen entwickelt und wie viele Menschen übernachteten in den Notschlafstellen (aufgeschlüsselt nach Monaten, Geschlecht, Alter und Nationalität)?

  1. Wie hat sich in den vergangenen zwei Jahren die Anzahl der Plätze in den Unterkünften entwickelt (aufgeschlüsselt nach Art der Unterkunft) und welche Planungen gibt es zur Entlastung der bestehenden Strukturen?

  1. Wie viele Menschen waren in den vergangenen zwei Jahren bei der Zentrale Fachstelle für Wohnungsnotfälle registriert, wie viele haben auf dem freien Wohnungsmarkt eine Wohnung gefunden und wie viele wurden in Obdachlosenunterkünften untergebracht?

Freundliche Grüße   

Angelika Kraft-Dlangamandla             Cornelia Schlemper              Adrian Müller-Gehl  

 

Antwort der Verwaltung am 17.02.2016 (Stadtdirektor Hintzsche):

Vorbemerkung: In den Jahren von 1970 bis 1998 sank die Zahl der im Rahmen der Obdachlosenhilfe untergebrachten Menschen von 8647 auf 2562. Im Rahmen des 1999 entwickelten Konzeptes zur Errichtung der Zentralen Fachstelle für Wohnungsnotfälle sollte durch verbesserte präventive Wohnungsnotfallhilfe die Zahl und damit die Kosten für die Unterbringung von Obdachlosen reduziert werden. Als Ziel wurde formuliert, innerhalb von fünf bis sieben Jahren 50% der Unterkünfte abzubauen. Dies wurde im Jahr 2005 erreicht. Der Abbauprozess konnte bis zur Auflösung des Objektes Kuthsweg im Jahr 2010 fortgeführt und damit abgeschlossen werden. Zu diesem Zeitpunkt waren noch rund 730 Obdachlose in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Unabhängig von diesem gesteuerten Abbauprozess traten bis Ende 2013 weitere Veränderungen ein. Im Mai 2011 bzw. Dezember 2013 mussten die Objekte Borbecker Straße und Klein- und Forststraße wegen erheblicher baulicher Mängel aufgegeben werden. Zusätzlich wurden die Objekte Karlstraße und Posener Straße 128 - 132 wegen des steigenden Unterbringungsbedarfs für diesen Personenkreis zu Flüchtlingsunterkünften umgewidmet. Damit standen Ende 2013 brutto 946 Plätze für die Unterbringung zur Verfügung, womit der Unterbringungsbedarf zu diesem Zeitpunkt ausreichend gedeckt werden konnte. Seit 2014 steigt der Unterbringungsbedarf moderat, aber stetig an. Dieser Anstieg ist in erster Linie auf einen Zuzug von EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern und Flüchtlingen mit verfestigtem Aufenthaltsstatus, hier in der Regel aus anderen Bundesländern, zurückzuführen. Insbesondere in 2015 ist ein stärkerer Zuzug von in der Regel alleinstehenden männlichen Flüchtlingen zu beobachten, die ihren bisherigen Aufenthaltsort verlassen haben, um in Düsseldorf ihren Lebensmittelpunkt zu begründen. In einigen Fällen erfolgte bereits der Familiennachzug bzw. ist dieser angekündigt. Dies erfordert steigende Unterbringungsmöglichkeiten, da sich der allgemeine Wohnungsmarkt hier nicht ausreichend aufnahmefähig zeigt. Der Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf hat in seiner Sitzung am 30.04.2015 die Einrichtung einer Lenkungsgruppe Hilfen für wohnungslose/obdachlose Menschen beschlossen. Die Lenkungsgruppe hat die Aufgabe, mit den beteiligten Akteurinnen und Akteuren die bestehenden Anforderungen im Bereich Wohnungs- und Obdachlosigkeit aufzugreifen, Handlungsempfehlungen zu entwickeln und Ergebnisse zu evaluieren.Dabei wurde auch die oben genannte Thematik aufgegriffen. Über die Ergebnisse der Lenkungsgruppe wird der Ausschuss für Gesundheit und Soziales zu gegebener Zeit unterrichtet werden.

zu Frage 1: Die Zahl der in den städtischen Notunterkünften untergebrachten Menschen ist vom 01.01.2014 bis 31.12.2015 von 730 auf 808 gestiegen. Die gewünschte Aufschlüsselung ergibt sich aus den nachfolgenden Tabellen:
Anzahl der in städtischen Notunterkünften (incl. Probewohnungen) untergebrachten Menschen jeweils zum letzten Tag des Monats im Jahr 2014

2014JanFebMärzAprilMaiJuniJuliAug.Sept. Okt.Nov.Dez
Anzahl730728736734740731755750738748748761

Anzahl der in städtischen Notunterkünften (incl. Probewohnungen) untergebrachten Menschen jeweils zum letzten Tag des Monats im Jahr 2015

2015JanFebMärzAprilMaiJuniJuliAug.Sept.Okt.Nov.Dez.
Anzahl771762767773774765774779794788822808

Zum Stichtag 31.12.2015 waren von insgesamt 808 Personen 124 unter 18 Jahre, 50 zwischen 18 und 24 Jahre, 520 zwischen 25 und 64 Jahre alt, 114 Personen waren 65 Jahre oder älter. Die Bewohnerinnen und Bewohner waren zu 32 % weiblich und zu 68 % männlich. 66 % der Bewohnerinnen und Bewohner waren Deutsche, weitere Hauptherkunftsländer sind insbesondere Afghanistan, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Griechenland, Italien, Marokko, Polen, Rumänien, Serbien, Syrien und die Türkei. Im Jahr 2014 haben 1798 unterschiedliche Personen in den Notschlafstellen übernachtet, im Jahr 2015 ist die Zahl auf 1962 gestiegen. Nähere Einzelheiten für 2014 gehen aus dem Jahresbericht der Arbeitsgemeinschaft der Träger der Hilfe nach § 67 SGB XII hervor (AGS-Vorlage 50/33/2015). Die Daten für 2015 liegen derzeit noch nicht vollständig vor und werden dem Ausschuss im Jahresbericht 2015 zur Kenntnis gegeben.

zu Frage 2: Ziel der Verwaltung ist es, über die Übernachtungsmöglichkeiten in Notschlafstellen hinaus bei entsprechendem Bedarf auch zukünftig ausreichende Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Da dieses Ziel aktuell nicht ausreichend erreicht werden kann, werden vorübergehend zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten durch Anmietung von Hotelzimmern bereitgestellt. Die Entwicklung der Zahl der Unterbringungsplätze geht aus der nachfolgenden Übersicht hervor:

 

Stichtag 31.12.201331.12.201431.12.2015
Anzahl der Plätze in den Unterkünften850850902 + (39 Hotelplätze) = 941
Anzahl der Plätze im „Projekt DOP“212121
Anzahl der Plätze im „Projekt DOU“363636
Anzahl der Probewohnungen393123
Gesamt946
938
1.021

Die Verwaltung prüft derzeit regelmäßig Mietangebote zur Unterbringung von Flüchtlingen. Im Rahmen dieser Prüfung erfolgt auch eine Bewertung, ob eine Anmietung als Obdachlosenunterkunft in Frage kommt. Im Zuge dieser Prüfungen konnte in 2015 ein Objekt auf der Luisenstraße mit 40 Plätzen zusätzlich bereitgestellt werden.

zu Frage 3: Die Fachstelle für Wohnungsnotfälle verzeichnete insgesamt 2.332 Beratungsfälle im Jahr 2014 und 2.473 Beratungsfälle im Jahr 2015. Mit Unterstützung der Fachstelle konnten 206 Haushalte in 2014 und 198 Haushalte in 2015 in neuen Wohnraum vermittelt werden. Wie viele Haushalte ohne Unterstützung der Fachstelle neuen Wohnraum finden konnten, ist nicht bekannt.

Durch die Fachstelle mussten 30 Haushalte in 2014 und 21 Haushalte in 2015 in einer Obdachlosenunterkunft aufgenommen werden.

In der Beratungsstelle für Obdachlose wurden 2.042 Beratungsfälle in 2014 und 1.918 Beratungsfälle in 2015 verzeichnet.

In Wohnraum vermittelt werden konnten 21 Haushalte in 2014 und 42 Haushalte in 2015.

In 2014 war in 140 Fällen eine Aufnahme in einer Obdachlosenunterkunft erforderlich, in 2015 in 174 Fällen.

Durch den Sozialdienst in den Unterkünften konnten 65 Haushalte in 2014 und 60 Haushalte in 2015 in Wohnungen vermittelt werden.