Vorkehrungen der Stadt für einen atomaren Unfall in belgischen Atomkraftwerken

Rat

Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE Düsseldorf zur Sitzung des Rates am 07.04.2022 (RAT/136/2022):

Die Berichte über die Zustände in den Atomkraftwerken Tihange und Doel in Belgien sind besorgniserregend. Das Atomkraftwerk Tihange liegt gerade einmal 131 Kilometer Luftlinie von der Innenstadt Düsseldorfs entfernt. Die angekündigte Verlängerung der Laufzeiten der Kraftwerksblöcke Tihange 3 und Doel 4 (gebaut in den 1970er Jahren, Inbetriebnahme 1985) bis zum Jahre 2035 sind Grund für erhebliche Sorgen auch in Deutschland. Beide Atomkraftwerke gelten als nicht sicher und sollten eigentlich 2025 endgültig abgeschaltet werden.

Immer wieder kommt es zu schwerwiegenden Mängeln in den Atomkraftwerken Tihange und Doel. Mehrfach mussten Blöcke aus Sicherheitsgründen heruntergefahren werden. Die belgische Atomaufsicht (FANC) berichtete von einer deutlichen Häufung von so genannten ‚Precursor‘-Fällen. Bei einem 'Precursor' (deutsch: Vorbote) handelt es sich um einen Zwischenfall in einem Atomkraftwerk, der unter bestimmten Voraussetzungen zu schweren Schäden am Reaktorkern, bis hin zur Kernschmelze führen kann. Dies sind deutliche Warnzeichen, denn auch beim Reaktor Tschernobyl kam es im Vorfeld zu den so genannten „Precursor“-Fällen. Ein atomarer GAU wird aufgrund der meist vorherrschenden Windrichtung mit großer Wahrscheinlichkeit auch Düsseldorf betreffen.

Bereits 2017 begann die Stadt Aachen vorsorglich Jodtabletten an die Bevölkerung in der Region auszugeben und Notfallpläne für Kindergärten und Schulen auszuarbeiten.


Im März 2016 verabschiedete der Rat der Stadt Düsseldorf eine Resolution zur Unterstützung der Klage gegen die belgischen Atomkraftwerke in Tihange und Doel. Leider hatte die Sammelklage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen den AKW-Betreiber Electrabel keinen Erfolg. Das NRW-Innenministerium hat nun Kreise und kreisfreie Städte aufgefordert, ihre Notfallplanungen für den Fall einer Havarie zu überarbeiten.

DIE LINKE. Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Wie sehen die aktuellen und künftigen Notfallplanungen bezüglich eines atomaren Unfalls aus?
     
  2. Plant die Stadt Düsseldorf (mit der Landesregierung, mit anderen Städten) Aktivitäten, um die geplante Verlängerung der Laufzeiten der beiden Reaktorblöcke in Belgien zu verhindern?
     
  3. Wie sieht die Ausstattung der Düsseldorfer Feuerwehr bezüglich eines atomaren Unfalls aus?

Mit freundlichen Grüßen
Julia Marmulla                             Anja Vorspel


Antwort der Verwaltung durch den Beigeordneten Herr Zaum:

Antwort zu Frage 1:
Die Landeshauptstadt Düsseldorf liegt in der sogenannten Fernzone (>100km) zu den angefragten Atomkraftwerken. Nach Empfehlungen der Strahlenschutzkommission (SSK) und Erlass des Innenministeriums NRW sind dort insbesondere vorzubereiten:

  • Maßnahmen zur Jodblockade für unter 18-Jährige und Schwangere
  • Vorbereitende Maßnahmen zur Information der Bevölkerung
  • Maßnahmen nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz, hier insbesondere Messprogramme

Die nach Berechnung des Landes NRW für Düsseldorf erforderlichen Jodtabletten sind vorhanden.
Die erforderlichen Maßnahmen zur Warnung und Information der Bevölkerung sind in den Einsatzvorbereitungen des Krisenmanagements getroffen worden.

Antwort zu Frage 2:
Nein.

Antwort zu Frage 3:
Die Feuerwehr Düsseldorf hält verschiedene Messgeräte und Schutzausrüstungen für den Strahlenschutzeinsatz vor, unter anderem Dosisleistungsmess- und Kontaminationsnachweisgeräte. Hinzu kommen Einsatzmessfahrzeuge, die als sogenannte „ABC-Erkunder“ eingesetzt werden können. Mit diesen wäre eine eventuelle auftretende radioaktive Kontamination während der Fahrt feststellbar.

Neben ausgebildeten Einsatzkräften der Düsseldorfer Feuerwehr stehen im Einsatzfall Strahlenschutz-Fachberater vom Landesinstitut für Arbeitsgestaltung NRW zur Verfügung.