Wohnraumnutzungsbestimmungen – Neuer Sachverhalt

Ausschuss für Wohnungswesen und Modernisierung

Anfrage der Fraktion DIE LINKE zur Sitzung des Ausschuss für Wohnungswesen und Modernisierung am 10.05.2010:

Wir nehmen Bezug auf unsere Ratsanfrage vom 25.03.2010 (01/57/2010) "Umsetzung der geänderten Wohnraumnutzungsbestimmungen" und die Drucksache 50/16/2010: "Kosten der Unterkunft nach Sozialgesetzbuch".:

Die Verwaltung hat sich bei der Beantwortung dieser Anfragen auf die Arbeitshilfe des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) NRW zu den Unterkunfts- und Heizkosten gemäß § 22 SGB II gestützt.

Nun gibt es zum Einen die Wohnraumnutzungsbestimmungen, zum Anderen die Wohnraumförderungsbestimmungen. Die Wohnraumnutzungsbestimmungen geben an, wie Wohnraum genutzt werden soll. Daraus ergeben sich Vorgaben für Wohnungsgrößen für einen Wohnberechtigungsschein. Die Wohnraumförderungsbestimmungen geben an, wie Wohnraum gefördert werden kann, d. h. bis zu welcher Zimmeranzahl bei wie viel Quadratmetern Sozialbauwohnungen mit öffentlicher Förderung gebaut werden können.

Im Rahmen der Föderalismusreform sind die Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB) in NRW zum 1. Januar 2010 geändert worden mit der Folge, dass die Wohnungsgrößen für einen Wohnberechtigungsschein 5 qm über den alten Grenzwerten liegen (Bsp.: für eine Person jetzt 50 qm statt früher 45 qm).

Dies hat die Frage aufgeworfen, ob die "angemessenen" Wohnungsgrößen nach § 22 SGB II den neuen Grenzwerten anzupassen wären. Das MAGS hat dieses in seiner aktuellen Arbeitshilfe verneint und legt anstatt der WNB die Wohnraumförderungsbestimmungen (WFB) zugrunde. Die Wohnflächenobergrenzen der WFB liegen allerdings 3 qm unter den "angemessenen" Wohnungsgrößen der WNB (Bsp.: für eine Person 47 qm gegenüber 50 qm bei den WNB).

Nicht nur, dass in der Arbeitshilfe die Nutzungsbestimmungen und die Förderungsbestimmungen durcheinander geworfen werden, es wird auch die Zimmeranzahl einfach durch Personenanzahl ersetzt.

Dies hat auch das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17.12.2009 erkannt. Das MAGS zitiert dieses Urteil sogar dem Aktenzeichen nach in der Fußnote 45 der Arbeitshilfe. Der Volltext des Urteils lag aber erst nach Herausgabe der Arbeitshilfe vor.

Zitat der relevanten Textstelle aus dem BSG-Urteil vom 17.12.2009 (Az.:  4 AS 27/09 R): (Anmerkung: gemeint ist WFB, Anlage 1, Ziff. 1.4.1)

Die Arbeitshilfe des MAGS stellt kein Gesetz dar. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Empfehlung. Vor dem Hintergrund, dass die Arbeitshilfe des MAGS bei den "angemessenen" Wohnungsgrößen dem vorliegenden BSG-Urteil vollständig widerspricht, fragen wir an:

  1. Wird die Verwaltung in Kenntnis des o. g. Sachverhalts und des zitierten BSG-Urteils in Zukunft die geänderten Wohnraumnutzungsbestimmungen bei der Bestimmung der Kosten der Unterkunft anwenden?
  1. falls Frage 1 mit nein beantwortet wird:

Wie begründet die Verwaltung die Ungleichbehandlung von Wohnberechtigten, die alle gleichermaßen Anspruch haben auf einen einheitlichen Wohnberechtigungsschein mit den gegenüber 2009 um 5 qm erhöhten Wohnungsgrößen mit denjenigen Wohnberechtigten, bei denen nach der Arbeitshilfe des MAGS zu § 22 SGB II ein um 3 qm kleinerer Wohnraum als "angemessen" gilt?                   

Freundliche Grüße                

 

Peter Nowinski                        Mbulelo Dlangamandla


 

Antwort der Verwaltung

Die Anfrage wird wie folgt mündlich beantwortet:

Vorbemerkung:
Die Kommunen führen die Grundsicherung für Arbeitsuchende als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung aus. Auf der Grundlage seines Weisungsrechtes hat das Land die Arbeitshilfe zu den Kosten der Unterkunft und Heizung herausgegeben. Ziel der Arbeitshilfe es u.a. für Nordrhein-Westfalen einen einheitlichen Rahmen für die Bewilligungspraxis festzulegen. Zu den in diesem Zusammenhang von der Verwal­tung verbindlich zu beachtenden Vorgaben gehören insoweit die Festlegungen zur Wohnungsgröße.

Frage 1:
Wird die Verwaltung in Kenntnis des o. g. Sachverhalts und des zitierten BSG-Urteils in Zukunft die geänderten Wohnraumnutzungsbestimmungen bei der Bestimmung der Kosten der Unterkunft anwenden?

Antwort:
Die Verwaltung sieht keinen Anlass die Hinweise des Landes zur angemessenen Wohnungsgröße in Frage zu stellen.

Frage 2:
falls Frage 1 mit nein beantwortet wird:
Wie begründet die Verwaltung die Ungleichbehand/ung von Wohnberechtigten, die alle gleichermaßen Anspruch haben auf einen einheitlichen Wohnberechtigungs­schein mit den gegenüber 2009 um 5 qm erhöhten Wohnungsgrößen mit denjenigen Wohnberechtigten, bei denen nach der Arbeitshilfe des MAGS zu § 22 SGB 11 ein um 3 qm kleinerer Wohnraum als "angemessen" gilt?

Antwort:
Bei der Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunftskosten ist die Produkttheo­rie anzuwenden. Danach ergibt sich die Obergrenze für angemessene Unterkunfts­kosten nicht allein aus der Wohnungsgröße, sondern aus dem Produkt von Woh­nungsgröße und der angemessenen Bruttokaltmiete (Beispiel Einzelperson: 47 qm x 7,70 Euro/qm = 362 Euro). Insoweit können auch Wohnungen angemessen sein, die die in den Wohnberechtigungsscheinen genannten Wohnungsgrößen aufweisen (Beispiel 50 qm zu 7,24 Euro/qm = 362 Euro). Im Übrigen ist die Ermittlung der An­gemessenheit der Wohnungsgrößen durch die Rechtsprechung des Bundessozialge­richtes vorgegeben. Danach finden Wohnraumnutzungsbestimmungen keine An­wendung.