Zu viel Chemie in Schulessen

Rat

Anfrage der Fraktion DIE LINKE aus aktuellem Anlass zur Sitzung des Rates am 04. November 2010:

Die Westdeutsche Zeitung (Ausgabe Düsseldorf) berichtete am 29.10.2010 unter der Überschrift „Eltern auf den Barrikaden: Zu viel Chemie in Schulessen - Grundschüler bekamen zum Teil Ausschläge. Ein Experte warnt vor Billig-Mentalität.“ folgendes:

Das Mittagessen in Schulen sorgt immer wieder für Diskussionen. An der Grundschule Lennéstraße sammeln Eltern jetzt Unterschriften, weil sie mit der Qualität des Essens extrem unzufrieden sind.

Mutter Nicola Glück berichtet gar von Hautausschlägen bei mehreren Kindern. Der Fall wirft die grundsätzliche Frage auf: Was ist uns das Essen für die Kinder wert?

Klaus Wenner ist Klassenpflegschaftsvorsitzender. Er stellt fest: „Es gibt Zusatzstoffe, die klar nicht hineingehören.“ Es tauchen Geschmacksverstärker auf, Süßungsmittel und mehr. Nicola Glück und andere Eltern beobachten immer wieder, dass Kinder am Nachmittag schnell wieder großen Hunger entwickeln, obwohl sie gegessen haben.

Bis Sommer gab es an der Lenné-Schule Bioessen. Weil aber der Ganztag in städtischer Trägerschaft ist, gibt die Stadt auch den Caterer vor. Und das ist seit Sommer ein Anbieter aus Neuss.

Die Leiterin des Schulverwaltungsamtes, Silke Vogelbusch, signalisiert Gesprächsbereitschaft: „Bei Problemen können wir mit dem Anbieter über Verbesserungen sprechen, bei zu vielen Zusatzstoffen kann das durchaus notwendig sein.“ Sie habe von Problemen gehört, von den anderen Schulen gebe es aber keine Klagen.

Prof. Jens Wetterau, Ernährungswissenschaftler an der Hochschule Niederrhein, sieht grundsätzliche Probleme: „Viele Schulen haben noch nicht die Professionalität, ein qualitativ hochwertiges Speisenangebot zur Verfügung zu stellen.“ Falsche Zutaten und Zubereitung könnten bei Kindern zu Unverträglichkeiten führen. Und dazu, dass der Hunger schnell wiederkehre.

Schulessen sei oft nicht ausgewogen. „Das ist vor allem ein Kostenproblem“, sagt Wetterau. Erst ab 3,50 Euro sei gute Qualität zu haben. Er hält eine Diskussion darüber für notwendig, was Schulessen kosten darf und muss.

Michael Eberhardt ist Geschäftsführer des Caterers, der das Essen liefert. Auch er beklagt, Essen für sehr wenig Geld zubereiten zu müssen: „Für Düsseldorf sind das weniger als zwei Euro pro Mahlzeit.“ Mit dem Budget lasse sich kein Essen ohne Fertigprodukte kochen.

Erhardt sieht ein Problem anderswo: „Das immer geforderte Gemüse essen viele Kinder gar nicht, weil sie es nicht kennen.“ Viele würden schlechte Essgewohnheiten von zu Hause mitbringen.

Bereits zur Ratssitzung am 19. März 2009 hatte DIE LINKE. Ratsfraktion Düsseldorf den Antrag „Gentechnikfreies Essen in Kitas, Schulen und allen städtischen Einrichtungen“ eingebracht. Der Antragstext lautete:

„In städtischen Schulen, Kindertagesstätten und in allen anderen städtischen Einrichtungen, die eine Außer-Haus-Verpflegung anbieten, ist sicherzustellen, dass bei der Zubereitung der Speisen keine Zutaten eingesetzt werden, die entsprechend der EU-Verordnung 1830/2003 seit dem 18. April 2004 gekennzeichnet werden müssen, da sie gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten.

Sollte die Verpflegung der Kinder, Schülerinnen und Schüler sowie weiterer Gäste der Einrichtungen mit Lebensmitteln ohne gentechnisch veränderte Organismen nicht gewährleistet werden können, sind die Nutzerinnen und Nutzer der Einrichtung darauf hinzuweisen bzw. sind bei der Verpflegung von Kindern die Eltern darüber zu informieren.“

Der Antrag wurde von den Fraktionen Bündnis90/Grüne, SPD, CDU und FDP abgelehnt und fand damit keine Mehrheit im Rat.

Die Qualität des Schulessens hängt auch mit den Kosten - und hier mit dem Mehrwertsteuersatz auf Schulessen – zusammen. In einem Erlass vom 16. Oktober 2008 - also noch aus der Zeit der Großen Koalition und ihres Finanzministers Peer Steinbrück (SPD) – erklärte das Finanzministerium, dass für Schulessen der hohe Mehrwertsteuersatz von 19 % gelte. Während CDU und FDP auf Bundesebene in diesem Jahr den Mehrwertsteuersatz für Hotelübernachtungen von 19 % auf 7 % absenkten, blieb der Satz für Schulessen bei 19 %. Der hohe Mehrwertsteuersatz erschwert die Herstellung preisgünstiger Schulessen.

Angesichts der aktuellen Debatte um die Qualitätsstandards der Schulessen an Düsseldorfer Schulen fragt DIE LINKE. Ratsfraktion Düsseldorf an:

  1. Ist bei der Versorgung Düsseldorfer Schülerinnen und Schüler mit Schulessen gewährleistet, dass  bei der Zubereitung der Speisen keine Zutaten eingesetzt werden, die entsprechend der EU-Verordnung 1830/2003 seit dem 18. April 2004 gekennzeichnet werden müssen, da sie gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten und wenn nein, warum nicht?
  1. Welche Lebensmittelzusatzstoffe (bitte einzeln aufgeführt) mit welchemADI-Wert (Acceptable Daily Intake), engl. für erlaubte Tagesdosis (ETD) dürfen bei der Zubereitung der Schulessen für die Düsseldorfer Schülerinnen und Schüler verwendet werden?
  1. Welche genauen vertraglichen Regelungen zur Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen sind mit den Vertragspartnern der Landeshauptstadt Düsseldorf für die Lieferung von Schulessen vereinbart und wie werden diese kontrolliert? 

Freundliche Grüße

 

Gilbet Yimbou                          Frank Laubenburg


Antwort der Verwaltung durch den Beigeordneten Hintzsche:

Frage 1:
Ist bei der Versorgung Düsseldorfer Schülerinnen und Schüler mit Schulessen gewährleistet, dass bei der Zubereitung der Speisen keine Zutaten eingesetzt werden, die entsprechend der EU Verordnung 1830/2003 seit dem 18. April 2004 gekennzeichnet werden müssen, da sie gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten und wenn nein, warum nicht?

Antwort:
Grundlage für die Ausschreibung und die Beauftragung des Caterer-Unternehmen für die städtischen OGS Standorte sind die „Qualitätsstandards und Auflagen für die Mittagsverpflegung im Rahmen der Offenen Ganztagsgrundschule und der Mittagsbetreuung“. Diese vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Verbindung mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V.
( DGE ) verfassten „Qualitätsstandards für die Schulverpflegung“ bilden den Kriterienkatalog, die Auflagen und Qualitätsstandards zur optimalen Gestaltung der Mittagsverpflegung im Rahmen der Offenen Ganztagsgrundschule. Ferner sind die entsprechenden Vorschriften des Hazard Analysis and Critical Control Points-Konzept (abgekürzt: HACCP-Konzept, deutsch: Gefahrenanalyse und kritische
Lenkungspunkte) Bestandteil der Vereinbarung.
Die Qualitätsstandards entsprechen den Vorgaben der EU Verordnung über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen und über die Rückverfolgbarkeit von aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebensmitteln und Futtermitteln. Nach Auffassung der Europäischen
Kommission (Bericht an den Rat und das Europäische Parlament über die Durchführung dieser Verordnung vom 25.10.2006) sind verarbeitete oder zubereitete genetisch veränderte Lebensmittel, die in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung konsumiert werden, von dieser Kennzeichnungsvorschrift ausgenommen; diese Aussage ist allerdings nicht verbindlich und wird von den in Deutschland für das Lebensmittelrecht zuständigen Behörden nicht geteilt. Aufgrund dieser Rechtslage und im Sinne der Unterrichtung und des Schutzes des Verbrauchers, der eine sachkundige Wahl treffen können muss, ist der Einsatz genetisch veränderter Lebensmittel immer zu kennzeichnen. Bezieht ein Anbieter von Schulverpflegung kennzeichnungspflichtige genetisch veränderte Lebensmittel und gibt sie direkt oder verarbeitet an die Endverbraucher ab, müssen diese mit dem Hinweis „genetisch verändert“ oder „aus genetisch verändertem … hergestellt“ oder „enthält genetisch veränderte…“ auf der Speisenkarte gekennzeichnet werden. An den Standorten des Jugendamtes werden keine genetisch veränderten Lebensmittel verwendet.

Fragen 2 und 3:
Welche Lebensmittelzusatzstoffe (bitte einzeln aufgeführt) mit welchem ADI-Wert (acceptable daily intake) engl. für erlaubte Tagesdosis (ETD) dürfen bei der Zubereitung der Schulessen für die Düsseldorfer Schülerinnen und Schüler verwendet werden?
Welche genauen vertraglichen Regelungen zur Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen sind mit den Vertragspartnern der Landeshauptstadt Düsseldorf für die Lieferung von Schulessen vereinbart und wie werden diese kontrolliert?

Antwort:
Im Rahmen der Qualitätsvereinbarung ist über die vom Caterer akzeptierte Leistungsbeschreibung und die Leistungsanforderungen der Mittagsverpflegung geregelt, dass die Bestimmungen der „Verordnung über die Zulassung von Zusatzstoffen zu Lebensmitteln zu technologischen Zwecken ( Zusatzstoff Zulassungsverordnung – ZzulV ) – Stand: 21.05.2010 - gelten. Danach muss durch verschiedene Angaben auf die Verwendung bestimmter Zusatzstoffe oder Zusatzstoffklassen hingewiesen werden (z. B. „geschwefelt“, „mit Phosphat“, „mit Konservierungsstoff“). Diese Deklarationspflicht gilt auch, wenn die jeweiligen Zusatzstoffe in den Zutaten eines zusammengesetzten Lebensmittels enthalten sind, es sei denn, dass sie im Endlebensmittel keine technologische Wirkung mehr ausüben. Für Schulen bedeutet dies, dass die eingesetzten Zusatzstoffe auf den Speisenplänen kenntlich gemacht werden. Dieses wird vom Caterer umgesetzt und von den Mitarbeitern kontrolliert.