Auflösung des Ordnungs- und Servicedienstes

Ordnungs- und Verkehrsausschuss

Haushaltsantrag der Fraktion DIE LINKE zur Sitzung des Ordnungs- und Verkehrsausschusses am 17.11.2010:

Die Abteilung Ordnungs- und Servicedienst des Ordnungsamtes wird aufgelöst. Ihre Aufgaben werden von AußendienstmitarbeiterInnen des Ordnungsamtes übernommen. Der Bereich Ermittlungs- und Vollzugsaufgaben (Produkt 012-122-090) innerhalb des Ordnungsamtes entfällt. Überprüfungen nach dem Jugendschutzgesetz werden fortgesetzt und direkt vom Ordnungsamt übernommen. Dem Rat der Stadt wird empfohlen, die aktuell von Ordnungsamt und OSD betriebene Überwachung des Verkehrs in das Amt für Verkehrsmanagement auszugliedern.

Die Verwaltung wird gebeten, ein entsprechendes Konzept zur Umsetzung zu erarbeiten und dem Ausschuss vorzustellen, entsprechend neue Produkte anzulegen bzw. zu streichen.

Entsprechende finanzielle Mittel sind im Haushaltsplan neu anzusetzen bzw. dem Amt für Verkehrsmanagement zu übertragen.

Begründung:
Seit 1999 sind sämtliche Ermittlungs- und Vollzugsaufgaben der Stadt dem Ordnungs- und Servicedienst zugeordnet. Hierzu gehören auch Gewerbeüberprüfungen und Einsätze nach dem Jugendschutzgesetz. Unstrittig ist, dass der Jugendschutz, wie auch die Überwachung von Parkraum und motorisiertem Verkehr von der Stadt zwingend betrieben werden müssen. Der vorliegende Antrag zielt vielmehr auf eine Neuausrichtung der Ordnungs- und Sicherheitspolitik in Düsseldorf ab.

Präventive Ansätze treten bei Betrachtung der städtischen Ordnungspolitik in Düsseldorf stets in den Hintergrund. Stattdessen setzt das Ordnungsamt (gebunden an die Beschlüsse des OVA) im Wesentlichen auf Repression gegen diejenigen, die dem Bild Düsseldorfs als Stadt der Reichen eher abträglich sind. Mit dem Ordnungs- und Servicedienst wurde ein Instrument mit weitreichenden Befugnissen geschaffen, um diese Repression im öffentlichen Straßenraum durchzusetzen.

Wie ehrgeizig die Vertreibung von sozial schwachen Menschen oder Jugendlichen betrieben wird, ging aus dem Haushaltsplanentwurf 2009 hervor. Die Leistungskennzahlen für das Produkt „Ermittlungs- und Vollzugsaufgaben“ gaben dem OSD die Zielvorgabe, im Jahr 2009 möglichst 12.000 „Einsätze wegen Randgruppen“ zu vollziehen und 2000 Platzverweise auszusprechen. Mittlerweile wurden diese Zielvorgaben – wohl auch durch die Öffentlichmachung durch DIE LINKE – aus der Sachdarstellung entfernt. Der Verwaltung war wohl bewusst, dass die Bevölkerung für diese Vorgaben kein Verständnis hat. Diese haben natürlich weiterhin Geltung und sind jetzt nur verschleiert. Erschreckend ist, dass keine Partei – außer der LINKEN – gegen diese Zielvorgaben protestiert hat. Solch hohe Fallzahlen werden vom OSD nur mit Hilfe unkonkreter Regelungen erreicht. So verbietet die Düsseldorfer Straßensatzung unter § 6 das „lagern“ und „störenden Alkoholgenuss“. Mehrfach wurde höchstrichterlich festgestellt, dass Bußgelder und Platzverweise mit Verweis auf die Straßenordnung keinen Bestand haben. Der OSD handelt demnach oftmals rechtswidrig und auch moralisch verwerflich, wenn er die Betroffenen mit unklaren, schwammigen Scheinargumenten unter der Androhung von Bußgeldern von öffentlichen Straßen vertreibt. Eine Überprüfung der Arbeit des OSD kann nicht stattfinden und findet offenbar auch nicht statt. OSD-MitarbeiterInnen können willkürlich Ordnungsgelder verhängen und niemand kann sie daran hindern.

Die niedrige Beschwerdekompetenz der Betroffenen spielt dem OSD dabei in die Hände. Es ist klar, dass ein Obdachloser aufgrund seiner persönlichen Situation nicht in der Lage ist gerichtlich gegen rechtwidrige Sanktionierungen vorzugehen. In den seltenen Fällen, in denen Obdachlose mit Unterstützung von sozialen Initiativen vor Gericht gezogen sind, wurden die Bußgelder für unzulässig erklärt.

§ 6 der Düsseldorfer Straßenordnung ist überflüssig. Für die Lösung von Konflikten gibt es bereits gesetzliche Regelungen im StGB und BGB. Was genau unter Ruhestörung oder (wie die Düsseldorfer Straßensatzung nebulös formuliert) „lärmen“ zu verstehen ist, ist hier jedoch im Unterschied zu den Regelungen in der Düsseldorfer Straßenordnung definiert. Ein Ordnungsdienst ist jedoch nicht qualifiziert zu beurteilen, wann rechtliche Grenzen überschritten werden. Ein „Crashkurs Zivil- und Strafrecht“ reicht nicht aus.

Die im Grundgesetz geregelte Gleichbehandlung vor dem Gesetz wird vom OSD immer wieder ignoriert. Als Mitarbeiter einer staatlichen Institution ist die OSD-Truppe dem Gesetz verpflichtet. Es mutet schon seltsam an, wenn Menschen nach Meinung des OSD keinen Alkohol auf öffentlichen Plätzen trinken dürfen, obwohl dies nicht verboten ist. Die Truppe verhängt Bußgelder gegen Obdachlose, die auf einer der Allgemeinheit – diese schließt auch Obdachlose ein – zur Verfügung gestellten Bank Bier trinken, Koma-Besäufnisse in der Altstadt jedoch stellen kein Problem für sie dar.

Der OSD schafft keine Sicherheit, sondern beeinflusst das Stadtklima negativ. Die Befugnisse erstrecken sich von der Überprüfung der Personalien bis hin zur Berechtigung, Sanktionen in Form von Bußgeldern auszusprechen. Das Ganze gipfelte vor einigen Wochen in der Forderung aus den Reihen des OSD nach Bewaffnung. Dies sind Eingriffe in grundlegende Persönlichkeitsrechte, die nicht leichtfertig an einen kommunalen Ordnungsdienst übertragen werden sollten.

Eine Abschaffung der Institution OSD ist ordnungs- und sozialpolitisch notwendig, will man eine lebenswerte Stadt. Eine Stadt, die ihre sozialen Probleme nicht versteckt. Eine Stadt, die ihren EinwohnerInnen Klarheit darüber gibt, wer welche Befugnisse hat. Eine Stadt, die sich für ihre EinwohnerInnen einsetzt und ihnen nicht das Gefühl gibt, sie seien Menschen zweiter Klasse.

Freundliche Grüße

 

Georg Blanchard                              Anja Vorspel                           Lutz Pfundner