Barrierefreier ÖPNV bis 2022

Ordnungs- und Verkehrsausschuss

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Ordnungs- und Verkehrsausschusses am 20. März 2019:
Im öffentlichen Raum unterwegs zu sein, ist für mobilitätseingeschränkte Menschen in Düsseldorf nicht einfach. DIE LINKE fordert seit Jahren den Ausbau barrierefreier Haltestellen. Für die Mobilität ist insbesondere der öffentliche Nahverkehr bedeutend. Gerade dort liegt aber vieles im Argen. Zu wenige Plätze in Straßenbahnen und Bussen für Rollstühle und Kinderwagen, immer wieder nicht funktionierende Aufzüge und Rolltreppen zu den U-Bahnen, viele Haltestellen, die nicht barrierefrei sind, fehlende Kennzeichnung der barrierefreien Haltestellen, sowohl in den Aushangfahrplänen der Rheinbahn als auch in der Rheinbahn-App, und viele weitere Unzulänglichkeiten schränken die Bewegungsfreiheit mobilitätsbehinderter Menschen in Düsseldorf erheblich ein.

Die zum 1. Januar 2013 in Kraft getretene Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) enthält die Bestimmungen zur Barrierefreiheit, wie sie durch die Behindertengleichstellungsgesetze von Bund und Land sowie durch die UN-Behindertenrechtskonvention gefordert sind. Zur Schaffung eines barrierefreien Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) hat der Gesetzgeber die Kommunen verpflichtet, bis zum 01.01.2022 die Barrierefreiheit auf den gesamten ÖPNV in Deutschland auszudehnen.

Der Behindertenbeirat wies in seinen Anmerkungen zum städtischen Bericht „Maßnahmen zur Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung 2016/2017“ den Ausschuss für Gesundheit und Soziales am 09.01.2019 in der Vorlage 58/ 16/2018 auf den Zeitdruck hin: „In der UN-Behindertenrechtskonvention werden die Rahmenbedingungen zur Barrierefreiheit vorgegeben. Gleichwohl wissen wir, dass es noch sehr viele Jahre mehr bedarf, die Barrierefreiheit umzusetzen.“ Gleichzeitig monierte der Behindertenbeirat, dass im Bericht der tatsächliche Bestand an barrierefreien Haltestellen nicht aufgelistet wird. Ebenso wenig wird aufgelistet, wie viele Haltestellen mit  Ausnahmegenehmigungen verspätet barrierefrei ausgebaut werden und welche Haltestellen nicht barrierefrei ausgebaut werden können. Der AGS reagierte, indem er den Rat am 31.01.2019 mit der Vorlage 50/ 16/2019 darauf hinwies, „dass die Barrierefreiheit zur Umsetzung des Behindertengleich­stellungs­gesetzes NRW verstärkt auf den Weg gebracht werden sollte.“

Die Rheinbahn droht bei der Beibehaltung des Ausbautempos die gesetzliche Frist zur Herstellung der Barrierefreiheit zum 01.01.2022 nicht einzuhalten. Laut ihrer Webseite und der dort zu findenden, nicht barrierefreien Excel-Datei über barrierefreien Haltestellen mit Stand von 07/2017 gibt es 1.668 Haltepunkte in Düsseldorf; davon sind nur 728 barrierefrei. 

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:                       

  1. Wie gedenkt die Rheinbahn das Gesetz zur Barrierefreiheit bis zum 01.01.2022 umzusetzen?
     
  2. Welche Haltepunkte können aus welchen Gründen nicht barrierefrei umgebaut werden?
     
  3. Welche Haltepunkte werden mit Ausnahmegenehmigungen verspätet barrierefrei umgebaut, bis wann und mit welchen Begründungen?

Mit freundlichen Grüßen
 

Anja Vorspel                    Georg Blanchard                         Lutz Pfundner     

 

Antwort der Verwaltung am 20.03.2019 (Beigeordnete Zuschke)

zu Frage 1: Aus § 8 Abs. 3 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) ergibt sich keine  unmittelbare Pflicht für Verkehrsunternehmen und/oder Kommunen, eine vollständige Barrierefreiheit bis zum 1. Januar 2022 herzustellen. Vielmehr werden die Aufgabenträger lediglich verpflichtet, in den Nahverkehrsplänen (NVP) die Belange von in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen, bis zum 01.01.2022 eine vollständig barrierefreie Nutzung der öffentlichen  Nahverkehrsangebote zu erreichen. Diese Frist gilt nicht, sofern im NVP Ausnahmen konkret benannt werden.
Der Gesetzgeber hatte mit der Novellierung des PBefG lediglich die Erwartung, dass bei Berücksichtigung dieses Ziels im Rahmen der Planungen und üblichen Modernisierungszyklen bereits bis 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen ist.
Der am 18.05.2017 vom Rat beschlossene Düsseldorfer Nahverkehrsplan 2017 berücksichtigt die Vorgaben des PBefG zur Barrierefreiheit. Aufgrund des hohen Handlungsbedarfes wurden in einer Arbeitsgruppe unter Beteiligung von Vertretern des Beirates für Menschen mit Behinderungen und des Seniorenrates Kriterien für eine Priorisierung abgestimmt und darauf aufbauend unter Berücksichtigung der finanziellen und personellen Ressourcen ein Umsetzungsprogramm abgeleitet.
Im Kapitel 6.7 „Maßnahmenprogramm Barrierefreiheit“ und Kapitel 7.4 „Umsetzungsprogramm Barrierefreiheit“ des Düsseldorfer Nahverkehrsplans 2017, ist das allgemeine Vorgehen zum Thema barrierefreier Ausbau dargestellt und mit Prioritätenlisten hinterlegt.
Die Planung und Umsetzung des Ausbauprogramms ist hierbei nicht alleinige Aufgabe der Rheinbahn, sondern in großen Teilen auch Aufgabe der Stadt Düsseldorf als Aufgabenträgerin und Straßenbaulastträgerin.
Das vertragliche Konstrukt, das die Zuständigkeiten hierzu regelt, besteht aus unterschiedlichen Vereinbarungen (Konzessionsvertrag/Straßennutzungsvertrag Stadt und Rheinbahn aus 1961, Vereinbarung über die Planung, die Finanzierung und den Bau der Düsseldorfer Stadtbahn (Zweiervertrag) aus 2004, sowie
weiteren Einzelvereinbarungen).

Grundsätzlich lässt sich festhalten:

  •  Der Barrierefreie Ausbau von Bushaltestellen ist Aufgabe der Stadt Düsseldorf als Straßenbaulastträgerin.
  •  Die Gesamtprojektleitung und Kostenträgerschaft für den barrierefreien Ausbau von Stadtbahnhaltestellen an der Oberfläche (Hochflur/Niederflur) liegt gem. Zweiervertrag bei der Rheinbahn. Die Bauherrnvertretung für die baulichen Anlagen erfolgt hierbei jedoch durch die Stadt Düsseldorf.
  •  Bei den Straßenbahnhaltestellen ist die Zuständigkeit nicht so eindeutig abgegrenzt wie bei den Bus- oder Stadtbahnanlagen. Hier gibt es Haltestellen, für die die Rheinbahn zuständig ist und andere, für die die Stadt Düsseldorf zuständig ist.

zu Frage 2: Grundsätzliche Zielsetzung ist, dass alle Haltestellen barrierefrei ausgebaut werden.
Sowohl personelle als auch finanzielle Aspekte lassen nur eine begrenzte Anzahl an Projekten zu, die gleichzeitig geplant und gebaut werden. Entsprechend oben beschriebener Zuständigkeiten (Bus- / Stadtbahn-/ Straßenbahn) betrifft dies sowohl die Stadt Düsseldorf als auch die Rheinbahn. Aus oben genannten
Gründen hat man sich gemeinsam auf Prioritätenlisten für Haltestellenumbauten geeinigt, die bereits sukzessive planerisch angegangen werden.
Neben oben genannten Ressourcenabhängigkeiten gibt es weitere, im Vorfeld schwer zu bewertende Einflussfaktoren, die sich maßgeblich auf die Geschwindigkeit von Haltestellenplanungen auswirken. Dies sind zum Einen öffentliche Diskussionen zu einzelnen Vorhaben, zum Anderen Betroffenheiten Dritter, die durch Haltestellenumbauten erzeugt werden und die im Rahmen der jeweiligen Planfeststellungs-/Plangenehmigungsverfahren abgewogen und bewertet werden müssen.
Aufgrund verschiedener Planungstiefen bzw. noch nicht begonnener Planungen bei niedriger Priorisierung kann derzeit noch nicht mitgeteilt werden, welcher Haltepunkt aus welchen Gründen nicht barrierefrei umgebaut werden kann.

zu Frage 3: Eine Einschätzung über die Haltestellen, die voraussichtlich bis zum 31.12.2021 umgesetzt werden können, findet sich in Kap. 7.4 des Nahverkehrsplans aus 2017 (s. Seiten 187 ff). Hier findet sich auch ein Ausblick über die Fertigstellung der weiteren Haltestellen der Prioritätenliste.
Avisiert ist eine Fertigstellung der in den Prioritätenlisten enthaltenen Haltestellen zu nachfolgenden Zeiträumen:

  •  Bushaltestellen bis Ende 2030,
  •  Straßenbahn-/Stadtbahnhaltestellen Niederflur bis Ende 2030,
  •  Stadtbahnhaltestellen Hochflur bis Ende 2027.

Insbesondere die Auflistung der bis Ende 2021 fertigzustellenden Haltestellen ist aus heutiger Sicht bereits in einigen Teilen nicht mehr als realistisch einzustufen, so wird sich die Umsetzung einzelner Haltestellen  aus verschiedenen Gründen  zeitlich verschieben (z.B. Barrierefreies Eller, Kaiserswerther Straße…).