Hanns Kralik: Gedenken und Rehabilitierung

Kulturausschuss

Anfrage des Bürgermitglieds Michael Driesch (DIE LINKE) zur Sitzung des Kulturausschusses am 24.08.2023 (KUA/135/2023)

Hanns Kralik war ab Oktober 1945 Beigeordneter der KPD und Kulturdezernent im Amt für kulturelle Angelegenheiten der Stadt Düsseldorf (und kurzzeitig auch Sportdezernent). Am 25. September 1950 wurde er aufgrund eines antikommunistischen Erlasses (sogenannter Adenauer-Erlass vom 19. September 1950) der Bundesregierung aus dem Amt entlassen. Durch den Erlass reichte eine Mitgliedschaft in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), im Deutschen Kulturbund, in der Freien deutschen Jugend (FdJ) oder in der KPD aus, um zwangsläufig aus dem öffentlichen Dienst entlassen zu werden.

In seinen fünf Jahren als Kulturdezernent hatte Kralik maßgeblichen Anteil am Wiederaufleben der Kultur in Düsseldorf.

Hanns Kralik wurde 1900 geboren. Er bildete sich zunächst autodidaktisch im Zeichnen aus und absolvierte später, parallel zur Schichtarbeit im Bergbau, ein Studium an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf. Schon früh hatte er sich in politischen Künstlergruppen organisiert, so im "Jungen Rheinland" und in der Association Revolutionärer Bildender Künstler Deutschlands. Schließlich war er als Agitprop-Sekretär der KPD aktiv. 1933 wurde Kralik verhaftet und in das KZ Börgermoor verschleppt. Für den Roman "Die Moorsoldaten" von Wolfgang Langhoff schuf er später Illustrationen aus dieser Zeit. Aus der KZ-Haft entflohen, emigrierte er über Holland nach Frankreich, wo er sich mit seiner Frau Lya der Resistance anschloss. Unter dem Pseudonym Jean arbeitete er künstlerisch für illegale Widerstandszeitungen und produzierte antifaschistische Propagandamaterialien mit Druckgraphiken und Losungen, wie "Hitler ist der Krieg - Nur Hitlers Sturz bringt uns den Frieden". Nach seiner Rückkehr 1945 musste Kralik künstlerisch von vorne beginnen – ein Großteil seines Werkesn wurde von den Nazis vernichtet.

Nach seiner Entlassung als Düsseldorfer Kulturdezernent war er weiterer politischer Verfolgung ausgesetzt. Er arbeitete als freischaffender Maler und Graphiker in Düsseldorf. Am 9. Mai 1971 ist er in Düsseldorf verstorben.

Trotz Kraliks Verdiensten als Widerstandskämpfer und als Kulturdezernent der Stadt Düsseldorf gibt es von städtischer Seite keine Informationen zu ihm und seiner Frau im Internet. Es gibt keine Straße, die in Düsseldorf nach ihm benannt ist, es gibt kein Gedenken, keine Rehabilitation, keine Ausstellung.

Im Jahr 2010 veranstalteten die VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) und die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste mit Unterstützung der evangelischen Kirche im Rheinland eine Ausstellung zum Schaffen und Leben von Hanns Kralik in Paris unter dem Titel „Gesichter des deutschen Widerstandes – Lya und Hanns Kralik“.

Das Stadtmuseum Düsseldorf verweigerte laut der VVN die Leihgabe von zwei Gemälden von Hanns Kralik. Im Jahr 2012 wurde die Ausstellung dann in der Stadtbücherei Gerresheim gezeigt.

Ich frage an:

  1. Aus welchen Gründen ist bis zum heutigen Tag der ehemalige Düsseldorfer Kulturdezernent Hanns Kralik von der Stadt weder rehabilitiert noch geehrt worden?
     
  2. Welche weiteren Voraussetzungen müssen für seine Rehabilitierung und Ehrung seitens der Stadtverwaltung und des Rates geschaffen werden?
     
  3. Wie viele und welche Kunstwerke von Hanns Kralik befinden sich in städtischen Museen und welche werden ständig gezeigt, welche befinden sich im Depot?

Freundliche Grüße
Michael Driesch


Antwort der Verwaltung durch die Beigeordnete Koch:

Antwort zu Frage 1:
Eine ehrende Würdigung von Hanns Kralik als Widerstandskämpfer und späterer Kulturdezernent wird durch die Landeshauptstadt Düsseldorf vollzogen, so etwa in der derzeitigen Sonderausstellung der Mahn- und Gedenkstätte mit dem Titel "1933 - ein Jahr verändert Düsseldorf" (bis 17. September) oder in der bis 2011 gezeigten Dauerausstellung "Verfolgung und Widerstand in Düsseldorf". Das Institut unterstützt mit Leihgaben auch die Wanderausstellung „Gesichter des deutschen Widerstandes – Lya und Hanns Kralik“, etwa mit dem erhaltenen Reisekoffer, einer Schnitzfigur aus Moorholz (Replik) und der Totenmaske des Politikers Peter Waterkortte, die Kralik schuf. Der dazugehörige Katalog wird im Haus zum Verkauf angeboten. Darüber hinaus gibt es umfassende Fotografien und Schriftdokumente in der archivarischen Sammlung sowie Bücher über Hanns und Lya Kralik in der Institutsbibliothek. Das Haus stand auch mehrfach mit Ralf Zimmermann in Kontakt, der die Website www.hanns-kralik.de betreibt.

Hanns Kralik ist als Künstler der Moderne der 1920/30er Jahre mit drei Gemälden in der ständigen Sammlungspräsentation des Stadtmuseums zum Jungen Rheinland und Co. vertreten. 1980 hat das Stadtmuseum anlässlich seines 80. Geburtstags eine Ausstellung zu Hanns Kralik veranstaltet.

Eine juristische Rehabilitation durch die Landeshauptstadt Düsseldorf kann nicht erfolgen, da sie als kommunale Gebietskörperschaft nicht dazu berechtigt ist, den in der Anfrage genannten Gerichtsbeschluss aufzuheben bzw. eine juristische Rehabilitation vorzunehmen. Dies müsste ein Gericht veranlassen.

Antwort zu Frage 2:
Es wird auf die Antwort zur Frage 1 verwiesen.

Antwort zu Frage 3:
Das Stadtmuseum besitzt 20 Gemälde und rund 45 Grafiken (Zeichnung und Druckgrafik) von Hanns Kralik. Ständig ausgestellt (siehe Antwort zur Frage 1) sind die Gemälde Roter Kessel (Eisenhütte) (1930), Industrielandschaft (vor 1933) und Aus meinem Fenster (vor 1933). Die vollständige Bestandsliste des Stadtmuseums kann der Anlage entnommen werden.

Die Stiftung Museum.Kunstpalast verfügt über eine Arbeit des Künstlers mit dem Titel Vorstadt im Schnee (Gerresheim) von 1954 (Radierung), welche sich in der Graphischen Sammlung der Stiftung befindet.

Anlage:
KUA 135 2023 Bestandsliste Hanns Kralik