Kosten des Eurovision Song Contestes schon jetzt bei 12 Millionen Euro?

Rat

Anfrage des Ratsherrn Laubenburg der Fraktion DIE LINKE zur Sitzung des Rates am 03. Februar 2011:

Die bisherigen Beschlüsse zu den Kosten des Eurovision Song Contestes –übrigens ausnahmslos per „Dringlichkeit“ - und damit ohne vorherige Beratung in den zuständigen Gremien des Rates oder im Rat selbst  - getroffen, gehen jeweils von „Netto“-Beträgen aus. Die Verwaltung begründet dies damit, dass bei der Finanzverwaltung die Anerkennung der ESC-Veranstaltung als Betrieb gewerblicher Art (BgA) beantragt werden soll. Damit könnten geleistete Umsatzsteuerzahlungen als Vorsteuer abgesetzt werden, auf die Stadt kämen nur die Netto-Kosten zu.

Sowohl im Körperschaftssteuergesetz als auch in den Körperschaftssteuerrichtlinien werden jedoch enge Grenzen für die Anerkennung von Betrieben gewerblicher Art gesetzt. So heißt es in § 4 Abs. 1 KStG:

„Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 sind vorbehaltlich des Absatzes 5 alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich.“

Das Kriterium der Nachhaltigkeit wirtschaftlicher Tätigkeit muss zumindest auf eine aus objektiven Tatsachen herzuleitende Wiederholungsabsicht schließen lassen. Die Absicht, Einnahmen (nicht aber unbedingt Gewinne) zu erzielen, muss gewährleistet sein.

Die Anerkennung eines Betriebes gewerblicher Art ist insbesondere dann möglich, wenn der BgA mit seiner Tätigkeit zu anderen Unternehmen unmittelbar in Wettbewerb steht.

Bislang gibt es seitens der Verwaltung und des Rates keine Hinweise darauf, dass eine „Wiederholung“ des ESC in Düsseldorf beabsichtigt oder möglich ist. Seitens der Verwaltung liegen keinerlei Unterlagen vor, die auch nur andeutungsweise darauf hinweisen, dass mit dem ESC Einnahmeabsichten der Stadt verbunden sind – und privatwirtschaftliche Unternehmen als Konkurrenten um die Austragung des ESC hat es nie gegeben und wird es nie geben.

Von daher erweckt das Hantieren mit den „Netto“-Angaben zu den Kosten des ESC eher den Eindruck, dass hierdurch die Kosten künstlich niedrig angesetzt werden – und die dann am Ende durch den nicht möglichen Abzug der Vorsteuerkosten wesentlich höheren Kosten als „nicht voraussehbar“ gewertet werden – der „schwarze Peter“ läge dann vermeintlich bei der Finanzverwaltung.

Schon die vom Oberbürgermeister über einen Monat hinweg betriebene Geheimhaltung des ersten Beschlusse zu den Kosten des ESC und die im Laufe der Zeit um 366 % gestiegenen Kosten für die wegen des ESC notwendige Fortuna-Ersatzspielstätte haben in der Bevölkerung und bei der Ratsfraktion DIE LINKE. Unmut erweckt.  Die Zustimmung und angeblich vorhandene „Begeisterung“ in der Bevölkerung über die Wahl Düsseldorfs als Austragungsort des ESC war offenbar nur möglich, weil die Kosten verschwiegen bzw. zu niedrig angesetzt wurden und werden.

Auch in den Aufstellungen des Stadtkämmerers werden dem Produkt ESC zahlreiche Kosten (insbesondere Personal –und Sachmittel der Verwaltung) nicht erwähnt, obwohl die Produktorientierung im Rahmen des NKF dies möglich und einfach macht.

Vor diesem Hintergrund frage ich an:

  1. Wie begründet die Verwaltung im Zusammenhang mit der bei der Finanzverwaltung beabsichtigten Beantragung der Anerkennung des ESC als Betrieb gewerblicher Art  die „Nachhaltigkeit“ der wirtschaftlichen Betätigung beim ESC, also die Absicht, den ESC in Düsseldorf zu wiederholen?
  1. Welche Einnahmeabsichten sind mit dem ESC seitens der Stadt verbunden und welche möglichen Einnahmen durch den ESC sind wo in den Haushaltsplan 2011 eingearbeitet?
  1. Welche Kosten des ESC sind bislang im Haushaltsplan 2011 noch nicht eingeplant bzw. noch nicht durch Dringlichkeitsbeschlüsse bzw. Beschlüsse der politischen Gremien genehmigt? 

Freundliche Grüße

Frank Laubenburg


Antwort der Verwaltung durch Oberbürgermeister Elbers:

Frage 1:
Wie begründet die Verwaltung im Zusammenhang mit der bei der Finanzverwaltung beabsichtigten Beantragung der Anerkennung des ESC als Betrieb gewerblicher Art die „Nachhaltigkeit“ der wirtschaftlichen Betätigung beim ESC, also die Absicht, den ESC in Düsseldorf zu wiederholen?

Antwort:
Unabhängig davon, dass die Finanzverwaltung schon durch das Erbringen von mehreren Leistungen innerhalb eines Jahres (Abschluss diverser Sponsoring- und Mietverträge) die erforderliche „Nachhaltigkeit“ unterstellt, liegt die Unternehmereigenschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts nach der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Artikel 13 MwStSystRL) regelmäßig vor, wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts auf privatrechtlicher Grundlage tätig wird. In diesem Zusammenhang wird auch auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15.04.2010, V R 10/09, hingewiesen; durch dieses Urteil hat der BFH die direkte Anwendung des europäischen Rechts im deutschen Umsatzsteuersystem bestätigt. Zwischenzeitlich hat die Finanzverwaltung auch die Einordnung des ESC als BgA bei der Stadt Düsseldorf im Rahmen eines gemeinsamen Termins bestätigt.


Frage 2:
Welche Einnahmeabsichten sind mit dem ESC seitens der Stadt verbunden und welche möglichen Einnahmen durch den ESC sind wo in den Haushaltsplan 2011 eingearbeitet?

Antwort:
Im Rahmen des ESC zahlt der NDR ein Pachtentgelt für die Hallenüberlassung an die Stadt Düsseldorf. Darüber hinaus werden im Rahmen der Organisation des ESC Einnahmen durch Verträge mit Sponsoren erwartet.
Bisher ist als Einnahme aus Mieten und Pachten unter dem Produkt 057 571 010 beim Betrieb 80002 ein Betrag von 744.032 Euro angesetzt (Produktsachkonto 4411000), die Einnahmen aus Sponsoringverträgen wurden nach dem Prinzip der Planung eines „vorsichtigen Kaufmanns“ nur mit 1 Euro angesetzt (Produktsachkonto 4461000).


Frage 3:
Welche Kosten des ESC sind bislang im Haushaltsplan 2011 noch nicht eingeplant bzw. noch nicht durch Dringlichkeitsbeschlüsse bzw. Beschlüsse der politischen Gremien genehmigt?

Antwort:
Die Planungen des ESC sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abgeschlossen. Zahlreiche Begleitveranstaltungen, Marketingaktivitäten usw. befinden sich derzeit in der Konzeptionsphase. Insoweit kann selbst bei sorgfältigster Kalkulation eine abschließende Aussage zu den Kosten nicht getroffen werden.
Der finanzielle Aufwand der Landeshauptstadt Düsseldorf soll durch zurzeit in der Höhe ebenfalls noch nicht feststehende Sponsorenbeiträge begrenzt werden.
Die Einzelheiten werden wie bisher zur Vorbereitung der notwendigen Entscheidungen im laufenden Kommunikations- und Organisationsprozess in enger Abstimmung mit Vertretern der Ratsfraktionen erörtert.