Neue Ausrichtung der Kanalisation für Starkregenereignisse

Bauausschuss

Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE. Düsseldorf zur Sitzung des Bauausschusses am 02.06.2023 (BAU/014/2023):

Die Düsseldorfer Kanalisation ist 1550 Kilometer lang. Rund 90 Milliarden Liter Regen- und Abwasser werden darüber zur Reinigung in Klärwerk geleitet. Das Düsseldorfer Entwässerungssystem besteht zu 60 % aus Mischwasserkanalisation und 40 % Trennsystem. In einer Mischwasserkanalisation gelangen Schmutz- und Regenwasser gemeinsam zum Klärwerk, in dem beides zusammen gereinigt wird. Bei Starkregenniederschlägen kommt es bei dem Mischsystem zu Überläufen oder Umweltschäden, wenn das ungeklärte Schmutzwasser in die Oberflächengewässer oder Grünanlagen fließt.

Das Starkregenereignis am 14. Juli 2021 führte in Düsseldorf zu einer erheblichen Überlastung der Kanalisation. Seit September 2021 gibt es für Düsseldorf eine Starkregengefahrenkarte, die auch eine Darstellung zu Überschwemmungsgebieten aufzeigt.

Nach § 55 Absatz 2 Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) soll Niederschlagswasser über vier Möglichkeiten beseitigt werden: Versickern, Verrieseln, die ortsnahe Einleitung in ein Gewässer sowie die Einleitung in ein Gewässer über einen Regenwasserkanal.

Wenn sich eine Versickerung oder Verrieselung des Niederschlagswassers nicht verwirklichen lässt, dann ist die Ableitung über einen Regenwasserkanal in Betracht zu ziehen.

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Wie ist das Kanalsystem bezüglich Mischsystem oder Trennsystem in den Bereichen der möglichen Hochwassergefahrengebiete aufgebaut?
     
  2. Wie plant die Stadt, Überlaufhäufigkeiten und Überlaufmengen durch Regenwasserbelastung im bestehenden Kanalnetz deutlich zu verringern?
     
  3. Welche Pläne bzw. Überlegungen gibt es seitens der Verwaltung, in Stadtteilen mit Hochwassergebieten oder in Neubaugebieten ein Trennsystem oder Stauräume für Mischwasser zu schaffen?

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Mirschel                                         Helmut Born


Antwort der Verwaltung durch die Stadtkämmerin Schneider:

Antwort Frage 1:

Grundsätzlich sind Überschwemmungen durch Flusshochwasser von Überflutungen durch (meist örtlich begrenzte) Starkregen zu unterscheiden, die in kurzer Zeit eine sehr große Niederschlagsmenge produzieren, die von den Kanalnetzen nicht aufgenommen werden kann. Das Regenwasser fließt daher oberflächlich ab und sammelt sich in tiefer liegenden Bereichen. Anders als bei (Fluss-)Hochwasser können hier auch Gebiete fernab von Flüssen oder Bächen betroffen sein.

Die im September 2021 veröffentlichte Starkregengefahrenkarte der Stadt Düsseldorf basiert auf einem digitalen Geländemodell. Tiefliegende Punkte und Senken des Geländes, in denen sich das Wasser im Falle eines Starkregens sammeln kann, wurden anhand von topographischen Analysen erfasst. Die maximalen Wasserstände, die in diesen tiefen Lagen entstehen können, wurden in der Starkregengefahrenkarte mit Hilfe einer hydrodynamischen 2D‐Oberflächenabfluss‐Simulation ermittelt. Der Rhein, die Düssel sowie alle Bäche im Stadtgebiet sind als Einschnitte im Geländemodell berücksichtigt und dienen ebenfalls als Grundlage für die Starkregengefahrenkarte.

Diese Karte bezieht sich allerdings nur auf die Gefährdungen, die infolge eines Starkregens entstehen können und ersetzt nicht die sogenannten Hochwassergefahrenkarten der Bezirksregierung Düsseldorf, die Überschwemmungsgebiete durch Flusshochwasser darstellen.

Das städtische Kanalnetz mit seinen Bauwerken, Schächten und Kanälen fand bei der Erstellung der Starkregengefahrenkarte als hydraulisches Modell Berücksichtigung, so dass der Weg des Wassers auf der Oberfläche zu den Schächten und Straßeneinläufen des Kanalnetzes realitätsnah simuliert werden konnte. Somit wurde die Aufnahmekapazität der Kanalisation bei der Überflutungsbetrachtung berücksichtigt.

Für die potenziellen Gefährdungsbereiche durch Starkregen spielt es dabei keine Rolle, ob es sich bei der Kanalisation um ein Trenn- oder Mischsystem handelt.

Antwort Frage 2:
Das Kanalnetz in Düsseldorf ist wie in anderen Kommunen auch auf Grundlage der geltenden gesetzlichen Vorschriften dimensioniert, deren Einhaltung gegenüber den Aufsichtsbehörden regelmäßig zu dokumentieren ist. Notwendige Maßnahmen werden im Abwasserbeseitigungskonzept der Landeshauptstadt Düsseldorf erfasst und über den Wirtschaftsplan des Stadtentwässerungsbetriebes abgearbeitet.

Aufgrund der klimawandelbedingten Zunahme außergewöhnlicher und extremer Starkregen, für die ein Kanalnetz nicht ausgelegt ist, wird das Starkregenrisikomanagement in Düsseldorf weiter vorangetrieben. Hierzu zählt insbesondere die Erarbeitung eines ämterübergreifenden Handlungskonzeptes. In dem Handlungskonzept zum Starkregenrisikomanagement erarbeitet die Stadtverwaltung als kommunale Gemeinschaft unter Federführung des Stadtentwässerungsbetriebs aktuell Strategien zum Schutz vor Überflutungen durch Starkregen. Das Handlungskonzept wird in diesem Jahr abgeschlossen.

Antwort Frage 3:
Das Niederschlagswasser möglichst ohne Vermischung mit Schmutzwasser dem natürlichen Wasserkreislauf zuzuführen, ist als Grundsatz im § 55 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) verankert. Für neue Baugebiete wird, diesem Grundsatz folgend, unter anderem die Umsetzbarkeit der abwassertechnischen Erschließung in einem Trennsystem geprüft und in den meisten Fällen auch umgesetzt.

Darüber hinaus werden im Rahmen von geplanten Neuerschließungen, die an das bestehende Kanalnetz angeschlossen werden, auch das umliegende Kanalnetz auf dessen Leistungsfähigkeit hin überprüft und entsprechende Auflagen zur Schaffung von Rückhalteräumen im Kanal ausgesprochen und umgesetzt.