NS-Raubkunst in städtischen Einrichtungen

Kulturausschuss

Anfrage der Fraktion DIE LINKE. zur Sitzung des Kulturausschusses am 04.09.2013:

Nach einem jahrelangen NS-Raubkunststreit um die zwei Gemälde „Pariser Wochentag“ und „Fruchtkorb an einer Eiche“ hat der Düsseldorfer Rat am 11.07.2013 beschlossen, für diese Kunstwerke die Beratende Kommission zur Klärung von Raubkunst-Fällen anzurufen. Während der Diskussion in der Ratsitzung kam zur Sprache, dass höchst wahrscheinlich auch bei weiteren Kunstwerken in städtischen Einrichtungen der Besitz strittig ist.

DIE LINKE. Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Wie viele Kunstwerke in städtischen Einrichtungen sind der Verwaltung bekannt, deren Besitz strittig ist und bei wie vielen gibt es Rückgabeforderungen oder Gespräche mit Erben?

  2. Wie viele Kunstwerke wurden von der Stadt in den Jahren 1933-1945 erworben und wie viele Kunstwerke in städtischen Einrichtungen wurden in den Jahren 1933-1945 durch ihre jüdischen Besitzer verkauft?

  3. In welchen städtischen Einrichtungen sind wie viele MitarbeiterInnen mit der Provenienzforschung umstrittener Werke betraut?

Freundliche Grüße


Dr. Michael C. Klepsch                      Peter-Ulrich Peters            Daniela Dauner


Antwort der Verwaltung durch den Dezernenten Lohe:

Frage 1:
Wie viele Kunstwerke in städtischen Einrichtungen sind der Verwaltung bekannt, deren Besitz strittig ist und bei wie vielen gibt es Rückgabeforderungen oder Gespräche mit Erben?

Antwort:
Bei der Stiftung Museum Kunstpalast handelt es sich zurzeit um zwei Kunstwerke, bei denen Restitutionsansprüche geltend gemacht werden: Das Gemälde „Pariser Wochentag“ von Adolf Menzel und das Gemälde „Fruchtkorb an einer Eiche“ von Abraham Mignon. Bei beiden Werken hat der Rat der Stadt in seiner Sitzung am 11.07.2013 beschlossen, die Beratende Kommission anzurufen, unter der Voraussetzung, dass beide Seiten sich der abschließenden Entscheidung der Kommission unterwerfen.

Der Verwaltung ist weiterhin bekannt, dass bezüglich des Selbstbildnisses von Wilhelm von Schadow, Öl auf Leinwand, Restitutionsansprüche der Erben geltend gemacht werden. Mit diesen sind bereits Gespräche geführt worden. Das Gemälde ist im Stadtmuseum ausgestellt.

Weitere Forderungen nach Restitutionen sind derzeit nicht bekannt.

Frage 2:
Wie viele Kunstwerke wurden von der Stadt in den Jahren 1933 – 1945 erworben und wie viele Kunstwerke in städtischen Einrichtungen wurden in den Jahren 1933 – 1945 durch ihre jüdischen Besitzer verkauft?

Antwort:
Das Kunstmuseum (heute Museum Kunstpalast) erwarb in der Zeit von 1933-1945 ca. 600 Gemälde, Skulpturen und einige Möbel sowie ca. 2.700 Blätter für die Graphische Sammlung (darunter zahlreiche Mappenwerke).

Etwa 120 Werke fielen der Beschlagnahme Aktion ‚Entartete Kunst‘ 1937 zum Opfer und ca. 60 Werke verließen das Museum durch Tausch, Verkauf und Verlust in den Jahren 1933-1945.

Von den Gemälden und Skulpturen wurden in der Nachkriegszeit an Frankreich 58 Gemälde und an die Niederlande insgesamt 75 restitutiert. Weitere ca. 20-30 Restitutionen von Gemälden bzw. Vergleiche über deren Verbleib im Museum folgten in den Jahren ab ca. 1950 bis heute.

Die übrigen Erwerbungen befinden sich heute noch im Museum. Seite 2/2 Ein direkter Erwerb aus jüdischem Besitz fand nicht statt, üblicherweise wurden die Ankäufe über Galerien, Händler und Kunstvermittler getätigt.

Bei graphischen Werken, Skulpturen, mittelalterlicher Keramik, Glas, Porzellan, römische Münzen, Textilien, Schmuck, und Möbeln ist die Provenienzerforschung weitaus diffiziler und zeitaufwendiger, da z.B. graphische Blätter kaum und wenig gut dokumentiert sind und von daher eine Identifizierung sehr viel schwerer ist.

Für das Stadtmuseum sind für die Jahre 1933 – 1945 fast 700 Ankäufe von Objekten aller Art nachweisbar. Die Frage, ob Objekte von jüdischen Vorbesitzern angekauft worden sind, kann anhand der Inventarbücher nicht beantwortet werden.

Frage 3:
In welchen städtischen Einrichtungen sind wie viele MitarbeiterInnen mit der Provenienzforschung umstrittener Werke betraut?

Antwort:
Seit dem 01.01.2010 wird im Museum Kunstpalast kontinuierlich Provenienzforschung betrieben, gefördert von der Arbeitsstelle für Provenienzrecherche/-forschung, Berlin, im Auftrag des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz aus Mitteln des Beauftragten für Kultur und Medien der Bundesregierung. Direkt betraut mit dieser Arbeit ist im Museum Kunstpalast eine Provenienzforscherin, die von den Kuratoren des Hauses unterstützt wird.

Das erste Projekt (01.01.2010 – 30.06.2012) befasste sich mit der Provenienzermittlung von Ankäufen der Abteilung Moderne.

Ziel des Forschungsprojekts war es, die Provenienz der Bestände der Abteilung Moderne zu untersuchen, d.h. Werke, die bis 1945 entstanden und zwischen 1933 und 1945 den Eigentümer wechselten und im Zeitraum seit 1933 bis heute in Museumsbesitz gelangten. Der Schwerpunkt dieses Forschungsvorhabens lag bei den Ankäufen der 1950er bis 1960er Jahre sowie bei einigen früheren aus dem Kunsthandel erworbenen Werken.

Als Ergebnis der Provenienzforschung zu über 154 untersuchten Kunstwerken in der Abteilung Moderne des Museum Kunstpalast hat sich gezeigt, dass in diesen Fällen keine bedenkliche Herkunft festzustellen war, die auf einen NS-verfolgungsbedingten Entzug schließen lässt und somit z.B. diese problematische Provenienz in das Internet Portal Lost Art (siehe www.lostart.de) zu stellen wäre.

Seit dem 01.09.2012 läuft nun ein zweites Projekt zu ca. 200 Erwerbungen der Gemäldegalerie aus dem Zeitraum 1933-1945 (auch diese Untersuchung wird von der Arbeitsstelle für Provenienzrecherche/-forschung, Berlin, gefördert). Der voraussichtliche Abschluss dieses Projektes ist September 2014.

In anderen städtischen Einrichtungen sind keine Mitarbeiter speziell mit der Provenienzforschung betraut.