Saisonregelung in den Düsseldorfer Notschlafstellen?

Ausschuss für Gesundheit und Soziales

Anfrage der Ratsfraktion DIE LINKE. Düsseldorf zur Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am 13.06.2023 (AGS/016/2023):

im Oktober 2021 wurden mittels Nachtzählung stadtweit 459 Menschen mit Lebensmittelpunkt auf der Straße gezählt; mehr als die Hälfte davon ohne Obdach.

Steigende Temperaturen bedeuten für wohnungs- und obdachlose Menschen noch keine Erleichterung ihrer Lebenssituation. Obdach- und Wohnungslosigkeit bedeuten auch im Sommer eine grundlegende Verelendung für die Menschen, die mit der Bereitstellung von Wohnraum vermeidbar ist. Doch gerade an bezahlbarem Wohnraum und passgenauen Unterkunftsangeboten mangelt es in der Stadt – eine politische Gegensteuerung ist nicht zu erkennen. Auch in den Sommermonaten werden die Notschlafstellen und Aufenthaltsgelegenheiten der Stadt Düsseldorf deshalb in Anspruch genommen und dringend benötigt.

DIE LINKE Ratsfraktion Düsseldorf fragt an:

  1. Gibt es im Sommer und Winter unterschiedliche Aufnahmepraktiken (im Sinne von Platzverfügbarkeit, Verweildauer, Vergabepraktiken) in den Notschlafstellen? Wenn ja, wie unterscheiden sich die Regelungen voneinander?
     
  2. Welche Zugangsvoraussetzungen für die Notschlafstellen gibt es? (Bitte ggf. saisonale Abweichungen, die aktuelle Meldeadresse und Staatsangehörigkeit bei der Beantwortung berücksichtigen)
     
  3. Wie viele freie Plätze gibt es für wohnungslose Menschen in den städtischen Obdächern derzeit? (Bitte aufschlüsseln nach Art der Unterbringung, d.h. Hotel, Notschlafstellen, städtisches Obdach o.Ä.)

Mit freundlichen Grüßen
Helmut Born                   Christian Jäger                           Cornelia Schlemper

 

Antwort der Verwaltung durch die Beigeordnete Koch:

Antwort zu Frage 1:
Gibt es im Sommer und Winter unterschiedliche Aufnahmepraktiken (im Sinne von Platzverfügbarkeit, Verweildauer, Vergabepraktiken) in den Notschlafstellen? Wenn ja, wie unterscheiden sich die Regelungen voneinander?

Die Platzverfügbarkeit hängt nicht von der Jahreszeit ab, sondern wird ständig an die Anzahl der Personen angepasst, die einen Platz in der Notschlafstelle benötigen.

Grundsätzlich soll die Verweildauer in einer Notschlafstelle nur von sehr kurzer Dauer sein. Nicht wenige Nutzer favorisieren eine Notschlafstelle und wechseln zwischen Notschlafstelle und Straßenobdachlosigkeit. In anderen Fällen hängt die Verweildauer von dem Zeitpunkt der erfolgten Vermittlung obdachloser Menschen in eine konkrete Nachfolgeunterbringung ab, sei es eine Gemeinschaftsunterkunft oder eine Fachhilfe. Daher bestimmt die Verfügbarkeit von Unterbringungsressourcen u.a. auch die Verweildauer in den Notschlafstellen.

Unabhängig von der Jahreszeit werden zunächst alle erstmalig in einer Notschlafstelle vorsprechenden Personen erst einmal aufgenommen. Am nächsten Werktag überprüft die kommunale Beratung für Obdachlose ihrem Auftrag entsprechend die Zuständigkeit gem. §§ 1 und 14 OBG NRW. Sollte diese nicht gegeben sein, wird der Aufenthalt in der Notschlafstelle beendet und es erfolgt eine Vermittlung an die zuständige Stelle. In Einzelfällen (z. B. schwere psychische oder somatische Erkrankungen) als auch bei gefährdenden Witterungsbedingungen, werden alle Personen zu ihrem Schutz aufgenommen, ungeachtet der Zuständigkeit gem. §§ 1 und 14 OBG NRW. Um eine tägliche Entscheidung im Winter zu vermeiden, werden in den kälteren Monaten (normalerweise von November bis April) durchgehend gefährliche Witterungsbedingungen zugeschrieben. In dieser Zeit haben obdachlose Personen die Möglichkeit, bis 04:00 Uhr morgens die Notschlafstellen aufzusuchen. Zusätzlich ist es in den Notschlafstellen für Männer während dieser Monate gestattet, Bier mitzubringen und zu konsumieren. Um obdachlosen Menschen ohne Tagesaufenthalt im Winter eine zusätzliche Aufenthaltsmöglichkeit neben den bestehenden Tagesstätten zu bieten, wurde im Gebäude der Notschlafstelle in der Graf-Adolf-Straße 73 ein niedrigschwelliger Wärmeraum eröffnet.

Antwort zu Frage 2:
Neben den zuvor rechtlich genannten Voraussetzungen, spielt der Lebensmittelpunkt der betroffenen Person eine ausschlaggebende Rolle, dieser wird jedoch nicht alleine durch eine Meldeadresse begründet. Die Staatsangehörigkeit spielt bei einem gültigen Aufenthaltstitel keine Rolle, bei Personen mit Fluchthintergrund erfolgt ggf. eine direkte Vermittlung in die Notschlafstelle für Geflüchtete. EU-Bürger*innen die sich seit mehr als 3 Monaten in Düsseldorf aufhalten, jedoch nicht leistungsberechtigt sind und die die Voraussetzungen der EU-Freizügigkeit nicht erfüllen, finden im Rahmen der humanitären Hilfe ganzjährig eine Übernachtungsmöglichkeit in den Notschlafstellen.

Antwort zu Frage  3:
Obdachlosenunterkünfte: Mit dem Stichtag 26.05.2023 gibt es 49 belegbare Plätze in städtischen Obdachlosenunterkünften, die zielgruppenspezifisch belegt werden
können. Diese Plätze gliedern sich in:

- 14 Plätzen in Familienzimmern
- 12 Plätzen in Doppelzimmern
- 23 Einzelplätzen

Notschlafstellen/Hotels/Ausweichschlafstellen: Bei diesen genannten Formen handelt es sich um eine Notunterbringung die immer über eine zentrale Stelle vergeben wird.

Mit dem Stichtag 26.05.2023 stehen hier 67 freie Plätze – zielgruppenspezifisch - zur Verfügung.

Diese Plätze werden stetig dem aktuellen Bedarf angepasst.