Sozialstandards bei Ausschreibungen

Personal- und Organisationsausschuss

Anfrage der Fraktion DIE LINKE.Düsseldorf zur Sitzung des Personal- und Organisationsausschusses am 25. August 2016:  Im NRW- Landesgesetz „über die Sicherung von Tariftreue und Sozialstandards sowie fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge“ ist geregelt, dass das wirtschaftlichste Angebot unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Sozialverträglichkeit, Umweltschutz und Energieeffizienz sowie Qualität und Innovation der Angebote zu fördern und zu unterstützen ist. Die Ausführungen § 3 Absatz 4 und 5 betreffen u.a. die Sozialstandards:

„(4) Für die Auftragsausführung können an Auftragnehmer zusätzliche Anforderungen gestellt werden, die soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben.

(5) Der Zuschlag ist auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Die Berücksichtigung von Aspekten des Umweltschutzes, der Energieeffizienz sowie von sozialen, innovativen und gleichstellungs-, integrationspolitischen sowie ausbildungsfördernden Aspekten bei der Wertung ist zulässig, wenn diese in sachlichem Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen, in der Bekanntmachung des Auftrags und in den Vergabeunterlagen hinreichend deutlich hinsichtlich des Umfangs der Vorgaben und der Gewichtung dokumentiert sind, dem Auftraggeber durch ihre Festlegung keine willkürliche Entscheidung ermöglicht wird und die Grundsätze des Unionsrechts, insbesondere das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot sowie das Diskriminierungsverbot, beachtet werden.“

In den Ausführungen ist jedoch nicht von einer Muss-Bestimmung die Rede, sondern von einer Kann-Bestimmung, die die Möglichkeit erlaubt, u.U. Sozialstandards nicht einzuhalten. 

Daher stellt die Ratsfraktion DIE LINKE folgende Anfrage:

  1. Werden bei  Ausschreibungen Vorgaben gemacht, wie unter § 3 Absatz 5 beschrieben, diesoziale, innovative, gleichstellungs- und  integrationspolitische sowie ausbildungsfördernde Aspekte berücksichtigen?

  2. Wie wird die Einhaltung der Sozialstandards bei vergebenen Aufträgen kontrolliert?

  3. Wie häufig wurden bei Vergabe von Aufträgen in den letzten fünf Jahren Sozialstandards nicht eingehalten und warum nicht? 

Mit freundlichen Grüßen   

Helmut Born                Thomas Obst                             Lothar Daxenberger

 

Antwort der Verwaltung am 25.08.2016 (Beigeordneter Dr. Stephan Keller)

zu Frage 1: § 3 Abs. 5 des Gesetzes über die Sicherung von Tariftreue und Sozialstandards sowie fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (TVgG NRW) betrifft nur einen kleinen Ausschnitt der Regelungen zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten, die neben den in der Frage genannten Aspekten auch Umweltschutz und Energieeffizienz umfassen. § 3 Abs. 5 TVgG NRW beschränkt sich dabei auf die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten im Rahmen der Wertung der entsprechenden Zuschlagskriterien und stellt klar, dass nur Kriterien herangezogen werden dürfen, die im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftrag stehen und den Vergabegrundsätzen wie Transparenz und Gleichbehandlung entsprechen.

Darüber hinaus trifft das TVgG NRW in Verbindung mit der Verordnung zur Regelung von Verfahrensanforderungen in den Bereichen umweltfreundliche und energieeffiziente Beschaffung, Berücksichtigung sozialer Kriterien und Frauenförderung sowie Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei der Anwendung des Tariftreue- und Vergabegesetzes Nordrhein-Westfalen (RVO TVgG NRW) einen ganzen Strauß von Regelungen, der die Nichteinhaltung von Sozialstandards ausschließt. Dazu gehören insbesondere von den Bietern mit dem Angebot einzureichende Verpflichtungserklärungen zur Tariftreue und Mindestentlohnung, zur Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen und zur Frauenförderung und Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, deren Nichtvorlage oder Nichteinhaltung entsprechend sanktioniert ist sowie die Vorgabe von Vertragsbedingungen zu diesen Nachhaltigkeitsaspekten.

Entsprechend werden daher bei Ausschreibungen Vorgaben hinsichtlich der in § 3 Abs. 5 TVgG aufgezählten Nachhaltigkeitsaspekte einschließlich Sozialstandards gemacht; dies war übrigens auch schon vor dem Inkrafttreten des TVgG NRW der Fall.

zu Frage 2: Die Einhaltung der Sozialstandards wird im Rahmen des Vergabeverfahrens durch Einsicht in das Vergaberegister und das Gewerbezentralregister, ansonsten durch die Prüfbehörde (§ 15 TVgG NRW) und den Zoll kontrolliert.

zu Frage 3: Nicht nur in der Zeit seit Inkrafttreten des TVgG NRW im Mai 2012, sondern auch in den Jahren zuvor wurden bei der Vergabe von Aufträgen Sozialstandards eingehalten. Dies wurde in der Regel über die Vertragsbedingungen, im Rahmen der eingeschränkten Zulässigkeit auch über entsprechende Anforderungen im Leistungsverzeichnis oder in den Zuschlagskriterien realisiert. Im Jahr 2006 hat ein interfraktioneller Ratsbeschluss die faire Beschaffung für die Verwaltung verbindlich geregelt. 2007 erhielt die Landeshauptstadt Düsseldorf den Titel "Hauptstadt des fairen Handels". Am 16.09.2011 hat der TransFair e.V. die Landeshauptstadt Düsseldorf als Fairtradetown ausgezeichnet.